Hemmungslose Leitlinie zur Umsatzsteigerung der Baubiologie (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 05.04.2012, 00:41 (vor 4618 Tagen) @ H. Lamarr

Leitlinie der zur Abklärung und Therapie EMF-bezogener Beschwerden und Krankheiten (EMF-Syndrom).

Diese sogenannte Leitlinie hat aus meiner Sicht einen doppelten Boden. Soll heißen: Vordergründig soll die Leitlinie ratlosen Ärzten bei der Diagnose/Therapie von überzeugten Elektrosensiblen helfen, hintergründig ist sie Schleichwerbung für unnötige EMF-Dienstleistungen von Baubiologen. Die Belege für meine Einschätzung sind die nachfolgend als Zitat formatierten Auszüge aus dem Papier:

EMF Messungen sollten von einem speziell ausgebildeten und erfahrenen Messtechniker geplant und durchgeführt werden.

Also bloß nicht Do-it-yourself, sondern Umsatz beim freundlichen Baubiologen von nebenan generieren ...

siehe z.B. http://www.salzburg.gv.at/adressen_elektrosmog.htm

Schluck! Jetzt erst kapiere ich, warum "Anka" Dr. Oberfeld (ÖÄK-Referent für Umweltmedizin) zu den Baubiologen zählt und nicht zu den Medizinern.

Die Beauftragung zur Messung erfolgt durch den Patienten.

Klar, damit es im Nachhinein keine Streiterei wegen der Bezahlung der Rechnung gibt.

Nach der Messung sollte eine Besprechung der Messergebnisse mit dem behandelnden Arzt oder einem mit der Problematik vertrauten Arzt erfolgen.

Was soll das! Welcher "normale" Arzt kann mit µW/m² oder V/m etwas anfangen?

Die messtechnische Untersuchung sollte standardisiert erfolgen (z.B. VDBRichtlinien).

Also noch einmal: Finger weg von Selbstmesserei!

Der Messbericht sollte neben den erhobenen Messwerten auch Vorschläge für eine mögliche Expositionsreduktion enthalten."

Ach du meine Güte, das läuft auf Abschirmung hinaus! Ach, das wird das Zentralkomitee der Baubiologen-Verbände aber mächtig freuen. Wie praktisch, dass in Deutschland Abschirmungen soeben als steuerlich absetzbar deklariert wurden.

Und weiter heißt es an anderer Stelle in der sogenannten Leitlinie ...

Die Arbeitsgruppe EMF der Österreichischen Ärztekammer empfiehlt basierend auf epidemiologischen Untersuchungen [Bioinitiative 2007, Kundi und Hutter 2009] in Anlehnung mit praxisbezogenen Messwerten [Standard der baubiologischen Messtechnik 2008] erste Orientierungswerte.

Unabhängig von den ICNIRP-Empfehlungen für akute Effekte gelten nachfolgende Orientierungswerte für regelmäßige Expositionen von mehr als vier Stunden täglich. Hochfrequente elektromagnetische Strahlung (als Leistungsflussdichte)
≥1000 µW/m² (≥1 mW/m²) extrem auffällig
10-1000 µW/m² (0,01-1 mW/m²) stark auffällig
1-10 µW/m² (0,001-0,01 mW/m²) schwach
≤1 µW/m² (≤0,001 mW/m²) unauffällig

Dazu muss ich nicht mehr viel sagen, oder? Aus meiner Sicht ist das eine erschreckend ungenierte Anbiederung an die Geschäftsinteressen der Baubiologie. Anscheinend ist die Hemmschwelle in Österreich tiefer als anderswo. Das passt hinten und vorne nicht zusammen mit dem Anspruch der ÖÄK: "Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) vertritt gemäß Ärztegesetz die gemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen aller in Österreich tätigen Ärztinnen und Ärzte. Sie sorgt für die Wahrung des Ansehens, der Rechte und die Einhaltung der Pflichten der ÄrztInnen."

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Oberfeld, Marketing, Abschirmung, Salzburg, Messwerte, Lobbyist, Aerztekammer


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