Fürchterlichstes Ohrensausen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 03.07.2007, 23:37 (vor 6362 Tagen) @ Fee

Wenn man die Studien von Hutter et al (http://oem.bmj.com/cgi/content/abstract/63/5/307), Santini und Navarro ansieht plus die Erfahrungsberichte von Betroffenen lässt sich die Aussage von Dr. Scheiner durchaus vertreten, auch wenn man es vielleicht etwas relativierender ausdrücken könnte.

Fee, ich brauche keine Studien, um bewerten zu können, ob es ein "Elend um die Sendemasten herum" gibt, ich bin ja mittendrin. Wir haben hier in München etwa 1000 Mobilfunk-Standorte und Elend haben wir auch, aber es ist völliger Blödsinn und pure Propaganda, vom Elend um die Masten herum zu reden. Das gibt's hier nicht. Auch Hutter, Santini und Navarro reden nicht von "Elend", denn diese Wortwahl ist für sie deplaziert. Genauso deplaziert wie bei diesem Leidensbericht, den Gigaherz kürzlich auf die Website stellte. Eben solche Berichte sind es, die mMn diesen zuvor erwähnten Abwehrreflex bei Gesunden bewirken, bei Leuten wie der Frau Semmelweis jedoch Panik auslösen können. Die völlig überzogene Wortwahl dieses Leidensberichts macht mich aggressiv, der Schreiber schwelgt förmlich in dramatischen Superlativen, hier ein paar Kostproben, alle aus dem ersten Absatz: "auf intensivste Art und Weise", "so schlecht, wie noch nie im Leben", "verbunden mit einem besorgniserregendem Kopfdruck mit glühend-heißem Kopf", "mit fürchterlichstem Ohrensausen". Ich habe große Probleme mir vorzustellen, dass jemand, wenn er nicht speziell dafür disponiert ist, diese Schilderung ernst nimmt. Marianne und Schmetterling werden mich für diese Bemerkung zwar wieder geißeln, aber ich bleibe trotzdem dabei.

Nun weiß ich nicht, was dem armen Günter Ostermaier aus Bamberg tatsächlich widerfahren ist, aber eines weiß ich genau: Mit dieser überzogenen Darstellung seiner Leidensgeschichte macht er bei mir 0 Punkte. Unsere Frau Semmelweis aber würde wahrscheinlich sofort wieder anfangen ihre Koffer zu packen, wenn sie diese Horrorgeschichte zu Gesicht bekäme. Und deshalb ist es aus meiner Sicht verantwortungslos vom Gigaherz-Jakob, dass er diese theatralische Geschichte in feinster Fundi-Manier ungefiltert weiterverbreitet. Jakob glaubt dem Günter anscheinend jedes Wort, ich glaube ihm keines. Und es würde mich nicht wundern, wenn Gigaherz irgendwann einmal eine höchst dramatische und doch frei erfundene Leidensgeschichte untergejubelt wird, nur um zu zeigen, dass es Gigaherz mehr um die Dramatik und den Sensationsgehalt einer Geschichte geht, als um eine halbwegs ernsthafte Klärung der Umstände. Immerhin: BILD ist mit dieser Masche, die kein Ansehen bringt, ziemlich groß geworden.

Der Günter Ostermeier ist übrigens kein Neuzugang, er schildert sein Schicksal bereits seit gut zwei Jahren hier und dort, weiß Google.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Verantwortungslos, Selbstdarstellung, Fallgeschichten, Santini, Navarro, Mitverantwortung


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