Weltweit 40 bis 55 wegen Mobilfunk besorgte Wissenschaftler (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 18.02.2017, 18:26 (vor 2837 Tagen) @ diagnose:falsch

Welche renommierten Experten finden sich unter den expliziten MF-Gegnern? (Also nicht die Drucker oder Literaten, sondern Wissenschaftler, die eine große Reputation genießen.) Ich glaube mit der Frage bin ich hier goldrichtig.

Sie können einen ganz schön beschäftigen ...

Seit 2002 hat es weltweit sechs Appelle und Initiativen von mobilfunkkritischen Wissenschaftlern gegeben, an denen sich insgesamt 290 "Wissenschaftler" beteiligt haben. Wissenschaftler habe ich in Anführungszeichen gesetzt, weil sich unter diesen 290 auch diverse selbsternannte Hobby- und Pseudowissenschaftler tummeln, z.B. Horst Eger (Naila-Studie) und Florian König, sowie steinalte Herrschaften jenseits der 80 (z.B. Martin Blank, 84), die mit dem aktuellen Stand der Forschung/Technik eher weniger vertraut sein dürften. Den Anteil der "Wissenschaftler" unter den mobilfunkkritischen Wissenschaftlern schätze ich auf 30 bis 50 Prozent.

Die erwähnten sechs Appelle und Initiativen waren:

Catania-Resolution, 2002, Italien, gezeichnet von 16 Wissenschaftlern
Benevento-Resolution, 2006, Italien, (52 Wissenschaftler)
Smart-Meter-Appell, 2012, USA, (54 Wissenschaftler)
Bio-Initiative-Report, 2012, USA, (27 Wissenschaftler)
SafetyCode-6-Appell, 2014, Kanada (53 Wissenschaftler)
Martin-Blank-Appell, 2015-2017, (224 Wissenschaftler)

Wer alle Teilnehmer zusammenzählt kommt auf 426. Die Differenz zu 290 erklärt sich damit, dass diverse Wissenschaftler sich an mehreren Appellen und Initiativen beteiligt haben, insgesamt gab es 136 solche Mehrfacheintragungen.

Nur drei Wissenschaftler waren an allen sechs Appellen und Initiativen beteiligt:
- Martin Blank (USA)
- Lennart Hardell (Schweden)
- Henry Lai (USA)

Auf fünf Appelle und Initiativen kommen:
- Fiorella Belpoggi (Italien)
- Gerd Oberfeld (Österreich)
- Livio Giuliani (Italien)
- Settimio Grimaldi (Italien)

Auf vier Treffer kommen ...
- Christos Georgiou (Griechenland)
- Igor Belyaev (Slowakei)
- Jerry L. Phillips (USA)
- Leif Salford (Schweden)
- Lukas H. Margaritis (Griechenland)
- Magda Havas (Kanada)
- Michael Kundi (Österreich)
- Nesrin Seyhan (Türkei)
- Olle Johansson (Schweden)
- Stanislaw Szmigielski (Polen)
- Stelios A. Zinelis (Griechenland)

Und so geht das weiter bis runter auf nur eine Teilnahme an einem Appell oder einer Initiative. Die Anzahl der "Eintagsfliegen" beträgt 212. Lässt man die als eher bedeutungslos wegfallen, bleiben 290 – 212 = 78 Wissenschaftler übrig, die sich seit 2002 mehr als 1-mal öffentlich als Mobilfunkkritiker positioniert haben. Zieht man davon meine Schätzung von 30 bis 50 Prozent Hobby-, Pseudo- und Grufty-Wissenschaftler ab, bleiben weltweit ungefähr 55 bis 40 Personen übrig, die das Prädikat "mobilfunkkritischer Wissenschaftler" wirklich verdienen. Dieses Prädikat sagt aber noch lange nichts über die tatsächliche Qualifikation dieser Leute aus. Erinnern Sie sich an Richter Weisberg, der in dem großen US-Hirntumor-Prozess die "mobilfunkkritischen Experten" der Klageseite (darunter die beiden Österreicher Michael Kundi und Wilhelm Mosgöller) ziemlich schonungslos als zweitklassig einstufte, keiner der insgesamt acht Experten würde mit an Gewissheit grenzender Sicherheit eine qualitative Bewertung nach dem strengen Daubert-Verfahren überstehen.

Ein weiteres Bewertungkriterium für die Qualifikation mobilfunkkritischer Wissenschaftler wäre: Wie viele begutachtete (peer-reviewed) wissenschaftliche Publikationen kann ein Kandidat in allgemein anerkannten Fachmagazinen vorweisen? Da flöge dann z.B. Ulrich Warnke raus, der zuletzt vor ungefähr 30 Jahren in einem seriösen wissenschaftlichen Blatt publiziert hat. Zwar rühmte sich auch das Verbandsblättchen "UMG" (Umwelt Medizin Gesellschaft), einer "Peer Review", doch dies war eher ein Späßli, das Blättchen hat einen Impact-Faktor von 0 und diente Hobby- und Pseudowissenschaftlern der Anti-Mobilfunk-Szene als anspruchslose Publikationsplattform.

Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen die Namen der 78 Wissenschaftler mailen, von denen vielleicht einige tatsächlich in seriösen Fachblättern zum Thema EMF publiziert haben und seither nicht 30 Jahre oder mehr vergangen sind. Rausfinden müssten Sie das dann aber selbst, mir ist der Aufwand dafür zu groß. Möglicherweise können Sie sich die Mühe auch ersparen, denn Martin Blank nennt am Fuß seiner schnuckeligen Appell-Seite doch tatsächlich elf besorgte Wissenschaftler, die begutachtete Papers zum Thema aller Themen publiziert haben wollen. Unter den Namen ist auch ein Deutscher: der 92-jährige Karl Hecht. Was das EMF-Portal zu den angeblich begutachteten Hecht-Studien schreibt lässt indes begründete Zweifel daran aufkommen, ob Sankt Martin mit der Nennung von Hecht nicht auf den Holzweg geraten ist.

Das folgende Diagramm zeigt, wo die meisten besorgten Wissenschaftler, Hobby-, Pseudo- und Grufty-Wissenschaftler anzutreffen sind. Mit großem Vorsprung führen die Länder USA und Italien. Eine Ursache dafür ist sicherlich die Tatsache, dass Italien mit zwei Resolutionen und die USA mit dem Martin-Blank-Appell bevorzugt einheimische Wissenschaftler zum Mitmachen inspiriert haben. Wenn man sich anschaut, dass es allein in Deutschland rd. 45'000 Professorinnen und Professoren gibt, dann ist die Anzahl weltweit wegen EMF besorgter Wissenschaftler und "Wissenschaftler" geradezu lächerlich gering und für Statistiker nur einmal mehr der statistische Beleg dafür, dass die Ausnahme (besorgte Wissenschaftler) lediglich die Bestätigung der Regel ist.

[image]
Grafik: IZgMF

[Admin: Link zur Catania-Resolution berichtigt am 11.09.2021]

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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