Erste Eindrücke von der Veranstaltung in Würzburg (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 21.04.2014, 17:35 (vor 3872 Tagen) @ H. Lamarr

Die "Kompetenzinitiative" (KO-Ini) veranstaltet am 5. April 2014 in der Festung Marienberg zu Würzburg die öffentliche Tagung "Langzeitrisiken des Mobil- und Kommunikationsfunks".

Am Arbeitstag 1 nach dem Ereignis hält sich die Begeisterung der Medien über die Veranstaltung mit derzeit Null (in Ziffern: 0) Googlenews-Meldungen noch in engen Grenzen.

Inzwischen lässt sich feststellen: Die Medienresonanz der Veranstaltung kam über den Anfangswert nicht hinaus. So weit so gut.

Nächste Frage: Wer waren die 200 bis 230 Besucher, die sich am 5. April in Würzburg einfanden? Waren das interessierte Bürger, Journalisten, Politiker, Mediziner und Wissenschaftler? Möglicherweise waren davon tatsächlich einige dort, viel wahrscheinlicher ist jedoch: Die Veranstaltung war ein szeneinternes Schaulaufen des harten Kerns, Leute, die sich schon lange in der Szene tummeln, sei es um Aufmerksamkeit zu genießen oder um materiellen Nutzen abzuschöpfen. Für meine Behauptung habe ich einige Belege.

1) Die Veranstaltung war nicht unabhängig, sondern an die am 6. April am selben Ort stattfindende Jahrestagung der sogenannten Kompetenzinitiative gekoppelt. Geschätzt maximal 20 Prozent der Veranstaltungsteilnehmer waren somit Mitglieder dieses eigentümlichen Vereins, die sowieso gekommen wären und die Tagung am 5. April vergnüglich mitgenommen haben, um zu sehen und gesehen zu werden.

2) Schaut man sich an, wo für die Veranstaltung geworben wurde, wird deutlich, dass ein Großteil der Seiten einen mehr oder weniger starken kommerziellen Bezug zum Thema Mobilfunk hat. Ich schätze, 70 Prozent der Tagungsteilnehmer ist aus kommeziellem Interesse in Würzburg gewesen und gehört zu den Branchen Baubiologie, Messtechnik, Umweltmedizin, Heilpraktiker, Psychotherapie, Schirmungsprodukte etc. Ziel dieser Leute war es mMn, neue Vermarktungsaspekte für die Geschäfte mit der Angst vor EMF in Erfahrung zu bringen und in den Pausen fruchtbare Kontakte mit Gleichgesinnten zu knüpfen. Dies ist nicht verwerflich, sondern unter Geschäftsleuten so üblich. Betrachtet man die Menge der werbenden Websites, es sind mehr als 30, ist das Echo allerdings nicht überwältigend.

3) Die kommerzielle Note der Veranstaltung wird auch daran deutlich, dass sich der Steinhardt-Verlag (nicht täuschen lassen, jeder kann an einem Tag mühelos mehrere Verlage gründen) offensichtlich die Rechte an der Tagung gesichert hat und die Referate gegen Entgelt als Videos auf DVD/USB-Stick anbieten wird. So zumindest behauptet es Steinhardt auf dieser Website, auf der zum Appetitmachen kurze Ausschnitte der Referate zu sehen sind, nebst einer wunderlichen Einleitung, die mich mit ihrer realitätsfernen Durchhaltebotschaft an die letzten Tage des III. Reiches erinnert.

4) Die von Steinhardt präsentierten Schmuckfotos von der Veranstaltung zeigen einige öffentlich bekannte Szenemitglieder, etwa die unvermeidliche Frau Dr. Waldmann-Selsam, Dr. Horst Eger aus Naila und auch Frau W. sowie den sympathischen Messtechniker vom Chiemsee, der für Hans Ulrich-Raithel die schönen Immissionsprognosen macht. Die verbleibenden 10 Prozent der Teilnehmer verorte ich bei den "nützlichen Idioten", das sind die, die keine kommerziellen Interessen haben, sondern aus Geltungsbedürfnis oder auch nur Gutgläubigkeit heraus an den Fliegenfängern der Anti-Mobilfunk-Szene kleben geblieben sind.

Wenn ich mir die kurzen Videos von der Veranstaltung so Revue passieren lasse kann ich nachvollziehen, dass sich die Teilnehmer der Veranstaltung wieder einmal als Speerspitze der Aufklärung über Mobilfunkrisiken gefühlt haben müssen. Denn da ist viel Inbrunst und Überzeugung im Spiel. Den Stuss, der verbreitet wurde, dürften die wenigsten Teilnehmer erkannt haben, es sei denn, sie lesen hier mit. Als mein Prügelknabe muss wieder einmal der Ex-Verwaltungsrichter Budzinski herhalten, der sich einmal mehr als Instant-Experte von Googles Gnaden zu erkennen gab. Zuerst stellte der Ruheständler unter dem Beifall des Publikums die vermeintlich provokante Frage, wer denn [in Anbetracht der Mobilfunkpest] überhaupt noch gesund sei. Hätte Herr Budzinski statt zu polemisieren sich besser vorbereitet, wäre ihm z.B. bei dieser Website seine Frage im Hals stecken geblieben. Mit dem Brustton der Überzeugung tischte Bernd Irmfrid Budzinski seinen Zuhörern anschließend ab 1:10 Minute lupenreinen Stuss auf. Er beklagt, die Medien würden z.B. nicht darüber berichten, dass sogar Insider wie der Chef der belgischen Telecom (Belgacom) vor Mobilfunk, insbesondere aber vor W-LAN an Schulen warnen. Dagegen ist a) einzuwenden: Woher weiß Budzinski das, wenn nicht aus den Medien? Es kommt aber b) noch besser: Das IZgMF hatte damals bei Belgacom den Wahrheitsgehalt des Medienberichts hinterfragt und bekam von der Unternehmenssprecherin Frédérique Verbiest die unmissverständliche Antwort: "Didier Bellens never said that GSM is dangerous." Diese Richtigstellung blieb bis heute unwidersprochen.

Was ich an Herrn Budzinski bewundere ist sein Mut: Sich mit so wenig Ahnung von einer Sache vor 200 bis 230 Leute zu stellen und darüber so zu referieren, als hätte man Ahnung - das schaffen nur die Referenten der sogenannten Kompetenzinitiative, die ihrem Ruf allem Anschein nach wieder einmal alle Ehre gemacht hat. Ich bin sicher, der Patzer von Budzinski ist nicht der einige, der in Würzburg über das Publikum hereinbrach.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Filz, Warnke, Richter, Falschmeldung, Querulant, Adlkofer, Ko-Ini, Amateur, W-LAN-Opfer, Fachkompetenz, Steinhardt-Verlag, Budzinski, Kühling, Geltungsbedürfnis


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