Bericht von der Ärzteveranstaltung in München (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 02.04.2012, 00:12 (vor 4623 Tagen) @ Alexander Lerchl

Also spatenpauli, fix anmelden, sonst ist die Veranstaltung ausgebucht ... :-)

Ich dachte, wir hätten damals über die Veranstaltung berichtet. Wie ich gestern zu meiner Schande feststellen musste, war dies aber nicht der Fall. Aber jetzt, mit bald drei Jahren Verspätung, kommt er doch noch, der Bericht.

Die "Ringvorlesung" der beiden Referenten Dr. med. Hans C. Scheiner und Dr. med. M. Kern fand in einem Hörsaal des "Krankenhaus für Naturheilweisen" in München statt. Weil auf der Einladung der Straßenname falsch geschrieben war, geriet schon die Anfahrt im PKW unter Zeitdruck und mit einem störrischen Navi zum Pulsbeschleuniger.

Baubiologe im Schlepptau
Im Foyer des Hörsaals war das übliche "Informationsmaterial" von Mobilfunkkritikern ausgelegt, der Baubiologe Wolfgang Jogschies war mindestens mit Visitenkarten mit dabei. Ob er selbst hinter den Tischen mit den Heften und Büchern aus der Szene stand, weiß ich heute nicht mehr. Jogschies und Anke Kern (Ehefrau von Dr. Kern) arbeiten seit geraumer Zeit zusammen. In der Anti-Mobilfunk-Szene werden derartige Kooperationen zwischen Kapitalismus und Idealismus wie selbstverständlich hingenommen und nicht hinterfragt.

Rund ein Dutzend Besucher
Der Besuch der Veranstaltung war vorsichtig ausgedrückt - mager. Von den geschätzt 150 Plätzen des Hörsaals waren vielleicht ein Dutzend belegt. Vor uns saßen einige Baubiologen, die sich offenkundig kannten, dass es welche waren entnahmen wir den Gesprächen. Die Sekretärin von Pfarrer Häublein (damals Oberammergau) kam in Begleitung von etwa fünf Damen. Auf einer Veranstaltung für Ärzte hatten wir sie nicht erwartet, sie war die einzige Besucherin, die wir kannten.

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Stehend am Rednerpult Dr. Kern, sitzend am Tisch Dr. Scheiner

Zielgruppe nicht erreicht
Dr. Kern hielt die Eröffnungsansprache und fragte dann, ob Ärzte im Raum seinen. Es meldete sich ein Mann, ein einziger, der später vorzeitig die Vorlesung verließ. Wir (meine Frau und ich) wurden von den beiden Referenten erkannt, vorerst jedoch nicht angesprochen.

Keine Veranstaltung für Ärzte
Das, was die beiden Referenten dann dem Publikum präsentierten, war mMn enttäuschend. Denn es war das, was auf x-beliebigen anderen Anti-Mobilfunk-Veranstaltungen ebenfalls vorgetragen wird: Geldrolleneffekt, irgendwelche Studien, beklagen zu hoher Grenzwerte usw. usf. Einer Veranstaltung für Ärzte war das in keiner Weise angemessen. Erwartet hätte ich Tipps zur Diagnose von Elektrosensiblen, eine kompetente Auseinandersetzung mit Blutbildparametern als E-Smog-Indikatoren, die Vorstellung einiger glaubwürdiger Wirkmodelle, konkrete Fallberichte aus der ärztlichen Praxis oder Hinweise darauf, wie denn nun mit überzeugten Betroffenen umzugehen sei. Doch das war Fehlanzeige, die beiden Ärzte spielten ihre Fachkompetenz nicht aus, ebenso gut hätte Bürgerwellenchef Sigi Zwerenz dort unten stehen und die bekannten Allgemeinplätze zum Thema E-Smog verbreiten können.

Über den Inhalt der Vorlesung ist bei mir nicht allzuviel hängen geblieben. Wir haben mit unserem Fotoapparat zwar ein paar Passagen aus den Referaten mitgeschnitten, die Tonaufzeichnung in dem halligen Hörsaal erwies sich jedoch als weitgehend unbrauchbar.

IZgMF am Pranger
Am Ende der vielleicht 2 Stunden dauernden Vorlesung hatten die Besucher Gelegenheit, Fragen zu stellen. Ich war so frei und hinterfragte eine Behauptung von Dr. Kern zu Krebs und Mobilfunk. Dr. Kern klärte nun die Zuhörerschaft darüber auf, wer wir seien und dass man nicht unter sich sei, sondern unter Beobachtung (durch uns) stünde. Das gab dann einen kleinen Tumult, bei dem wir praktisch alle gegen uns hatten: Die Damenriege entrüstete sich z.B., wie wir es wagen könnten, die Kompetenzen der Referenten infrage zu stellen, Dr. Kern verlangte die sofortige Abschaltung unserer Kamera, die Baubiologenecke wollte wissen, wen wir fotografiert haben und ein Besucher aus Wolfratshausen warf uns Stasi-Methoden vor. Ich bin dann runter zu Dr. Kern gegangen, um den Streit im Dialog und ohne Geschrei zuende zu bringen. Der Mediziner war sichtlich angefressen vom IZgMF und machte keinen Hehl daraus, dass er glaube, wie würden auf der Lohnliste eines Mobilfunkbetreibers stehen. Unerwartet war das Verhalten von Dr. Scheiner, den wir hier im Forum schon öfter durch die Mangel gedreht haben. Gab sich Kern kampfeslustig, war Scheiner überraschend auf Deeskalation bedacht. Gewohnt jo­vi­al schaffte er es tatsächlich, den Wortwechsel zwischen Dr. Kern und mir friedlich zu beenden. Dass er die günstige Gelegenheit nicht nutzte, es uns "heimzuzahlen", hat Dr. Scheiner bei mir einen Sympathiepunkt für Fairness eingebracht. In Inhaltsfragen zum Risikopotenzial von Funkwellen liegen er und ich freilich nach wie vor Lichtjahre auseinander.

Die Veranstaltung löste sich anschließend rasch auf, oben im Foyer gab es noch den einen oder anderen kurzen Wortwechsel, nicht immer nur aggressiv, sondern auch informativ. So erzählte mir eine überzeugte Elektrosensible, Frau Dr. B. Stöcker sei nicht mehr Vorsitzende des Vereins der Elektrosensiblen in München. Damals war das eine Neuheit.

Keine Ringvorlesung mehr
Der Erfolg der Ringvorlesung "Der Mensch als elektromagnetisches Wesen" muss so gewesen sein -, dass es diese heute nicht mehr gibt.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Scheiner, Eskalation, Fortbildung, Aerztlicher Qualitätszirkel, Kern, Dialogverweigerung


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