Sozialmedizinische Begutachtung für die Rentenversicherung (Elektrosensibilität)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 04.02.2024, 18:42 (vor 298 Tagen)

Bei der sozialmedizinischen Begutachtung für die Rentenversicherung haben überzeugte Elektrosensible in aller Regel einen schweren Stand und können sich mit ihren Ansprüchen z.B. auf Erwerbsminderungsrente nicht durchsetzen. Ein Grund dafür dürfte ein 730 Seiten dicker Wälzer sein, der den Gutachern einheitliche, fachlich fundierte Maßstäbe für eine angemessene sozialmedizinische Beurteilung an die Hand geben will und zum Krankheitsbild "Elektrosensibilität" klare Kante zeigt.

Besagter Wälzer ist das Werk "Sozialmedizinische Begutachtung für die gesetzliche Rentenversicherung", das seit 1958 vom gesetzlichen Rentenversicherungsträger herausgegeben wird und derzeit in der 7. Auflage (2011) vorliegt. Vor dem Hintergrund von jährlich etwa 370'000 Anträgen auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und ca. zwei Millionen Anträgen auf Leistungen zur Teilhabe (medizinische und berufliche Rehabilitation) ist die sozialmedizinische Begutachtung von zentraler Bedeutung für nachfolgende Verwaltungs- und Sozialgerichtsentscheidungen. Gutachter, die nun einen überzeugten Elektrosensiblen zu begutachten haben und in dem Werk unter "Umweltassoziierte Erkrankungen" nachschlagen, erfahren dort kurz und schmerzlos über das Krankheitsbild Elektrosensibilität u.a. folgendes (Tipp: Wer's eilig hat, erfährt unten im letzten Satz alles):

Der Einfluss elektromagnetischer Wellen bzw. Felder auf den Menschen wird seit Jahren unter dem Schlagwort »Elektrosmog« diskutiert. Ihre ständige und selbstverständliche Gegenwart durch Funk und Fernsehen, Telefon, Notrufnetze, elektrische Leitungen, Satelliten u. a., auch im Haushalt in Form des Mikrowellenherdes ist uns heute kaum mehr bewusst, denn sie gehören zu unserem normalen Alltag. Dennoch sind einzelne Menschen davon überzeugt, genau auf diese Strahlen mit Krankheitserscheinungen zu reagieren. Besonders heftig umstritten ist dabei der Einfluss von Mobilfunk-Sendeanlagen und Handys. Ein wissenschaftlich gesicherter Beleg für eine organische Schädigung existiert bisher nicht. Die geltend gemachten Beschwerden entsprechen wiederum dem eingangs erwähnten »Symptompool«. Die Ursachenzuschreibung ist kulturellen Einflüssen unterworfen und hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Früher wurden eher »Erdstrahlen« und »Wasseradern« ursächlich für Beschwerden verantwortlich gemacht, während die Bedrohung in jüngster Zeit stärker auf zivilisatorische Begleiterscheinungen bezogen wird. Eine rentenrelevante Leistungsminderung liegt hier sicher nicht vor.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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