Funkturm Lohr am Main: Sozialisierung privater Ängste (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 22.04.2016, 21:15 (vor 3146 Tagen)

Wieder ein schönes Beispiel dafür, wie frisch gebackene Sendemastengegner versuchen, ihre individuell gefühlte persönliche Notlage auf die Schultern anderer zu verteilen und so die Nöte zu sozialisieren.

Es geht um neue Funkmasten in Lohr am Main. Lohr liegt in Bayern (Unterfranken) etwa auf halber Strecke zwischen Würzburg und Aschaffenburg. Einer der Anwohner (in Ziffern: 1) eines der geplanten Standorte sieht seinen Angstkreis durchbrochen und glaubt jetzt mit einer Online-Petition Druck aufbauen zu können. Wieso er das glaubt ist nicht ersichtlich, es spielt auch keine Rolle, diese Petition ist ohnehin zum Scheitern verurteilt.

Interessant ist nicht der Text der Petition, dort blubbern nur die hinlänglich bekannten Sprechblasen der Anti-Mobilfunk-Szene, sondern die soziologischen Begleitumstände. Diese belegen einmal mehr das, was auch das IZgMF schon 2002 am eigenen Leib erlebt hat: Gewöhnliche Mobilfunkgegner interessieren sich ausschließlich für den Masten, den sie bekämpfen, andere Masten sind ihnen egal und sie leisten anderen Initiativen auch keinen Beistand. Jetzt erlebt der Wutbürger von Lohr am Main vergleichbares.

Die Petition hat heute, Stand 20:30 Uhr, 282 Unterstützer gefunden, davon jedoch nur 120 aus Lohr selbst. Auch die übrigen 162 Unterstützer kommen so gut wie alle aus Bayern, die Unterstützung aus anderen Bundesländern geht mit insgesamt 23 gegen Null (siehe Screenshot).

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Aus dem Landkreis, in dem Lohr liegt, konnten sich noch immerhin 117 zur Unterstüzung aufraffen, rechnet man die 120 Lohrer dort hinzu, kommt man auf insgesamt 237 Unterstützer im Kreis Main-Spessart. Da sind dann Opa und Oma, Tanten und Onkel und natürlich die Kinder mit dabei, auch wenn diese womöglich noch in den Windeln liegen. Doch nur ein paar Kilometer weiter stürzt das Interesse bereits steil ab. Aus Aschaffenburg, dort wohnt und wirkt eine Funktionärin des Vereins Diagnose-Funk, sind bescheidene sechs Unterstützer zu melden, aus Würzburg vier, aus Waldeck-Frankenberg, Erfurt und Main-Tauber-Kreis je zwei und aus Harburg und einer handvoll weiterer Städte und Gemeinden (darunter Nürnberg) je einer. Aus München, dem Millionendorf, wurde bisher jede Unterstützung verweigert, sogar aus dem Stadtteil Obermenzing :yes:.

Desaströs auch die Entwicklung der Petition über die Zeit, wie folgender Screenshot zeigt:

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Gaben zur Hochzeit (18. April) noch 69 ihre Stimme ab, waren es heute nur noch 9. Und nur die Schwindler wissen, wie viele der Stimmen getürkt wurden, Online-Petitionen auf Open-Petition haben nämlich nur einen schwachen Manipulationsschutz und bei der probehalber gemachten Kontrolle eines Unterzeichners bin ich auf Anhieb auf einen faulen Apfel gestoßen.

Bis 15. Juli läuft diese Online-Petition und kann noch von Großtante, Großonkels, Großnichten und Großneffen oder einfach nur von "nützlichen Idioten", die weder denken noch fragen, unterzeichnet werden. Was danach im Sinne des Petenten passiert steht freilich schon heute fest: nichts. Wozu auch!

Hintergrund
Bürger fordern Standort-Konzept für Mobilfunkmasten

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Angst, Druck, Standortkonzept, Notlage, Lohr, Nürnberg, Angstkreis, nützliche Idioten, sozialisieren, Open-Petition


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