Sogenannte Kompetenzinitiative tagt öffentlich in Würzburg (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 23.01.2014, 22:24 (vor 3964 Tagen)

Die "Kompetenzinitiative" (KO-Ini) veranstaltet am 5. April 2014 in der Festung Marienberg zu Würzburg die öffentliche Tagung "Langzeitrisiken des Mobil- und Kommunikationsfunks".

Bereits der Titel der Veranstaltung irritiert, denn wenn Mobilfunk kein Kommunikationsfunk ist, was dann?

Der Tagungsbeitrag (65 Euro) enthält Mittagsimbiss und Nachmittagskaffee, Anmeldeschluss ist der 20. März 2014.

Die "Kompetenzinitiative" beabsichtigt den Pleiten, die der Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk mit seinen Veranstaltungen zuletzt erfahren musste, keine weitere hinzu zu fügen. Mit beträchtlichem Aufwand wird daher geworben, z.B. mit diesem Faltblatt (PDF), das (fast) alle wichtigen Angaben zur Veranstaltung enthält.

Die Referenten: Zuckerbrot statt Peitsche

Alle Referenten sind bekennende Mobilfunkgegner und über diverse Netzwerke miteinander verbandelt. Eine spannende Auseinandersetzung oder wenigstens wissenschaftlich Neues ist von diesem homogenen Kreis nicht zu erwarten. In einem Werbetext heißt es:

Für das Tagungsprogramm konnte mit ...

Prof. Dr. med. F. Adlkofer (6)
Dr. med. K. Braun-von Gladiss (0)
Bernd I. Budzinski (0)
Prof. Dr. med. L. Hardell (80)
Prof. Dr.-Ing. W. Kühling (0)
Prof. Dr. med. M. Kundi und (38)
Dr. rer. nat. U. Warnke (8)

... ein Team von international bekannten Referenten gewonnen werden (gewonnen?). Das stimmt zumindest für drei der Referenten, unklar ist nur, für was diese bekannt sind. Die Zahlen hinter den Namen nennen die Anzahl von EMF-Publikationen, die vom EMF-Portal in den Bestand eingepflegt wurden. Je höher die Zahl, desto fleißiger war der Referent in den EMF-Wissenschaften unterwegs.

Befremdlich ist, wie die KO-Ini sich abmüht, die dunkle Tabak-Vergangenheit von Dr. Adlkofer zu vertuschen. Das liest sich in dem Faltblatt dann so: "[...] 20 Jahre in der Industrie tätig; 1992 – 2011 Geschäftsführer der Stiftung Verum [...]". Tatsache ist: Dr. Adlkofer war erfolgreicher Tabak-Lobbyist, er hat Deutschlands Politik über Jahre davor bewahrt, Passivrauchen zu früh als tödliches Risiko einzustufen.

Adlkofer + Kundi vertreten die Stiftung Pandora, die wiederum für Hardell Spenden sammelt. Warnke + Gladiss sitzen im Vorstand der KO-Ini, Budzinski ist ein Ex-Verwaltungsrichter mit eigentümlichen und fachfremden Ansichten zum Mobilfunk, Kühling ist für das desaströse Positionspapier des BUND zu Mobilfunk verantwortlich.

Nur Schwache brauchen Unterstützer

Auch bei den "Unterstützern" wird die Vernetzung untereinander deutlich, bei manchen ist sie offensichtlich, bei anderen ist ein bisschen Recherche nötig. So war mir auf Anhieb nicht klar, wieso sich eine DGUHT als Unterstützer einfindet, der Anstoß dazu dürfte vom Vorsitzenden des Wissenschaftlichen Beirats gekommen sein. Oder diese scheinbar unbefleckte Pädagogische Hochschule, die bei genauerem Hinsehen mit Diagnose Funk unter einer Decke steckt. Der Werbetext hingegen schwärmt über die nachfolgende Liste der Unterstützer: "Wie viele Wissenschaftler und Ärzte diesen Anliegen eine hohe Dringlichkeit zumessen, zeigt sich auch an der Zahl der Fachorganisationen, die das Programm unterstützen." Die Wahrheit ist: Hier wird ziemlich plump Vielfalt vorgetäuscht, die keine ist:

Arbeitskreis Elektro-Biologie e. V.
BUND Arbeitskreis Immissionsschutz Arbeitsgruppe EMF
Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner e.V. (dbu)
Deutsche Gesellschaft für Umwelt- und Humantoxikologie e. V. (DGUHT)
Diagnose-Funk e.V.
Europäische Akademie für Umweltmedizin e.V.
European Academy for Environmental Medicine
Europäische Akademie für Gesundheitsprävention e. V.
Interdisziplinäre Gesellschaft für Umweltmedizin e.V. (IGUMED)
Kind und Umwelt e. V.
Pädagogische Hochschule Heidelberg
Stiftung Pandora
Stiftung Baubiologie – Architektur – Umweltmedizin (BAU)
Stiftung für Kinder

Was die "Unterstützer" unterstützen ist nicht ersichtlich, sie sollen vermutlich dafür sorgen, dass die Veranstaltung bestens besucht wird. Nur wozu sollte man sich eine öffentliche Arbeitssitzung der sogenannten Kompetenzinitiative antun und auch noch Geld dafür bezahlen? Über was die Referenten berichten möchten kann man <hier> nachlesen. Doch was soll Hardell Neues bringen was nicht schon längst von Adlkofer verbreitet und in den einschlägigen Foren "behandelt" wurde? Und warum redet Kundi über Kinder, obwohl er bei der jüngsten "echten" internationalen Fachveranstaltung Non-Ionizing Radiation and Children's Health im Mai 2011 nicht dabei war? (Ausgerechnet die WHO war damals Mitveranstalter und Prof. Lerchl war eingeladen!) Oder was soll Budzinski Neues bringen, was er nicht zuvor schon x-mal seinem verstörten Publikum erzählt hat, er hat nur dieses eine Thema, das mMn bis auf den Stil abgelutscht ist. Nein, man muss aus meiner Sicht schon blutiger Laie oder lernresistenter Hardcore-Mobilfunkgegner sein, um diese Veranstaltung zu bevölkern und frisch ermutigt wieder nachhause zu gehen. Allen anderen winkt gähnende Langeweile.

Mal wieder WLAN vergessen

Ein kurzer Blick ins Internet hat genügt, um zu finden: Alle Tagungsräume der Festung Marienberg sind zur großen Begeisterung von Elektrosmog-Phobikern mit WLAN bestens versorgt. Da muss sich die KO-Ini beeilen, eine Sabotage der WLANs am 5. April zu verkünden, sonst rückt dort kein überzeugter EHS ein. Doch diesmal muss es klappen, diesmal müssen Fotos des brechend vollen Wolfskeels um die Welt gehen, damit nach langer Durststrecke sichtbar wird: Die Mobilfunkgegner sind wieder im Kommen, um die Welt eines Besseren zu belehren - gegen Honorar, versteht sich. Im niederbayerischen Riedenburg hat die Generalprobe jedenfalls schon vorzüglich funktioniert, entgegen aller Vernunft hat der Stadtrat dort einstimmig die Versenkung zehntausender Euro zugunsten eines sinnfreien Standortkonzepts für Mobilfunk-Sendeanlagen beschlossen. Dazu genügten ein paar frech auftretende Mobilfunkgegner und viel Ignoranz bei den Entscheidern. Der Schaden, den Mobilfunkgegner insgesamt angerichtet haben, er dürfte inzwischen in die Millionen gehen und in seiner Breite von der Soreon-Studie (2003) noch gar nicht hinreichend berücksicht worden sein.

Das Beste kommt erst am 6. April

Das Beste an der Würzburger Veranstaltung findet mMn am Tag danach statt. Der Werbetext sagt dazu:

"RA Guido Gaudlitz: Cybermobbing und Shitstorm - aktuelle Rechtsprechung und Möglichkeiten der Rechtsverteidigung, 6. April, 9.00 - 10.00 Uhr. [Eigenwerbung gelöscht ...] Sein Vortrag will Hinweise geben, wie sich Personen und Organisationen auf aktueller Rechtsgrundlage gegen um sich greifende Diffamierungen und andere Praktiken des Mobbings im Internet zur Wehr setzen können."

Was dort nicht steht: Guido Gaudlitz ist der Rechtsbeistand von Klaus Buchner und Diagnose Funk, beide musste er bereits vertreten, weil sie sich im Cyberraum schlecht benommen hatten und vor einem Bremer Professor die Hosen runter lassen mussten. Wahrscheinlich wird Herr Gaudlitz jedoch lieber ganz andere praktische Beispiele wählen, eine Auswahl zwischen derzeit 98 gibt es hier, 22 weitere sind dort zu finden und eine ganz spezielle Diffamierpraxis, der sich der Verantwortliche der Würzburger Veranstaltung bediente, habe ich an dieser Stelle eingeweckt. Auch Diagnose-Funker Jörn Gutbier pflegt, wie man <hier> nachlesen kann, die heimliche Diffamierung, gegen die man sich so schlecht wehren kann.

Hintergrund
Das Bundesamt für Strahlenschutz aus Sicht der sogenannten Kompetenzinitiative

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
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