HUJs Irrtümer (21): Beschwereführer mit -gegner verwechselt (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 27.09.2025, 22:54 (vor 2 Tagen) @ H. Lamarr

Behauptung: Die Mobilfunkbetreiber fuchteln den unteren Instanzen bereits wie wild mit einem neuen Bundesgerichtsurteil 1C_113/2024 vom 16.Juni 2025 unter der Nase herum, welches sie gegen ein Urteil des Staatsgerichtshofs Genf erstritten haben. Es handelt sich um die Beschwerde der Swisscom gegen das Urteil des Gerichtshofs des Kantons Genf, Verwaltungskammer, vom 9. Januar 2024 (ATA/11/2024 – A/2263/2022-LCI).
Diese neuesten Erleuchtungen aus Lausanne würden wohl zur Freude der Mobilfunkbetreiber alle bisherigen, durch das Bundesgericht erstellten Hürden bei der Anwendung des Korrekturfaktors in den Leistungsangaben zu adaptiven Sendeantennen, ausser Kraft setzen und die Bevölkerung über die unverschämte, hinterlistige Lockerung der Strahlungsgrenzwerte weiterhin im Dunkeln lassen.

Quelle: Der Zutrittscode zum Irrgarten:1C_113/2024
Jahr: 2025

Berichtigung: Wie üblich lehnt Gigaherz-Jakob sich bei seinen Attacken weit aus dem Fenster und wie üblich fällt er dabei auch hinaus. Diesmal aber besonders tief, da der (erste) Irrtum, der ihm unterlief, ungewöhnlich gravierend ist. Jakob glaubt, er habe ein Bundesgerichtsurteil vor sich, bei dem Swisscom sich als Beschwerdeführer gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts im Kanton Genf wendet. Besagtes Bundesgerichtsurteil (1C_113/2024 vom 16. Juni 2025) bestätigt diese Darstellung des Ex-Elektrikers nicht. Dem Urteil zufolge ist es genau andersherum. Beschwerdeführer ist die Gemeinde Perly-Certoux im Kanton Genf, Beschwerdegegner ist Swisscom. Richtig ist, dass die Beschwerde der Gemeinde vom Bundesgericht abgewiesen wurde und somit Swisscom als Sieger aus dem Verfahren hervorgeht.

Die peinliche Verwechslung, die Jakob unterlaufen ist, meldet erhebliche Zweifel an seinen übrigen Ausführungen an. Doch weil es nicht viel Mühe machte, habe ich mir noch seine nächsten beiden Behauptung angesehen, die da lauten:

Behauptung: In ihren Erwägungen E3.3.2 A, Absatz 2 schreibt das Bundesgericht, Zitat: Vor dem 8. Juli 2021 wurde die Strahlung adaptiver Antennen wie bei nicht adaptiven Antennen anhand des maximalen Kommunikations- und Datenverkehrs bei maximaler Sendeleistung bewertet, d. h. auf der Grundlage von Antennendiagrammen, die den maximal möglichen Antennengewinn für jede Senderichtung berücksichtigen („Worst-Case-Szenario“). Ende Zitat.

Welch ein funktechnischer Unsinn.
Auf Grund von Antennendiagrammen lässt sich niemals ein Antennengewinn feststellen sondern ein Dämpfungsfaktor in dB, welcher aus der Abweichung der Senderichtung zu einem OMEN entsteht. Das ist kein Gewinn an Feldstärke, sondern ein Verlust.
Wer bereits über die einfachsten Regeln einer Strahlungsberechnung stolpert, sollte sich nicht anmassen, über gut fundierte und recherchierte Beschwerden von besorgten Anwohnerinnen und Anwohnern zu urteilen.
Wo immer das Bundesgericht oder die Gerichtsschreiberin diesen Satz abgeschrieben haben mag, dieser ist völlig unzutreffend. Ein Antennengewinn entsteht ausschliesslich durch die unveränderbaren, unbeeinflussbaren internen Reflektoren einer Sendeantenne und ist ausschliesslich aus den Tabellen in den funktechnischen Datenblättern der Antennenhersteller eruierbar. Die abgestrahlte Leistung in Watt ERP einer Sendeantenne ergibt sich aus der zugeführten Leistung in Watt multipliziert mit dem Antennengewinn für das entsprechende Frequenzband.

Berichtigung: Jakobs Empörung kann ich nicht nachvollziehen, denn seiner eigenen Darstellung zufolge hat das Bundesgericht nirgends behauptet, aufgrund von Antennendiagrammen lasse sich ein Antennengewinn feststellen. Das Gericht stellte lediglich fest, die Antennendiagramme würden den maximal möglichen Antennengewinn für jede Senderichtung berücksichtigen. Bei Wikipedia lautet dieser Sachverhalt mit anderen Worten: Die meistens durch ein Messprogramm gezeichnete Kurve [Antennendiagramm] zeigt also bei einer Sendeantenne maßstabsgerecht die Orte mit gleicher Leistungsdichte rings um die Sendeantenne herum an. Ich wüsste jetzt nicht, was daran falsch sein soll.

Jakob betreibt aus meiner Sicht Haarspalterei, übersieht dabei jedoch, dass die Originalsprache des Urteils Französisch ist. An einer Übersetzung, die ein Automat ins Deutsche vorgenommen hat, Haare zu spalten, halte ich für äußerst riskant und deshalb für verfehlt. Denn wenn schon Haarspalterei betrieben werden muss, um das Bundesgericht anzuschwärzen, dann bitte nur am Originaltext.

Behauptung: [Jakob zitiert das Bundesgericht] [...] Entgegen der Auffassung des Gerichtshofs (Genf) ist es nicht erforderlich, den Korrekturfaktor KAA und den ERPmax im standortspezifischen Datenblatt anzugeben. Durch die Angabe der Anzahl der Subarrays wird automatisch der maximale Korrekturfaktor festgelegt, der dann während des Betriebs der Antenne angewendet werden kann. Die Angabe der ERPmax ist ebenfalls unnötig, da sie sich aus einer einfachen mathematischen Operation ergibt, nämlich der Multiplikation der ERPn mit dem maximalen Korrekturfaktor, der durch die Anzahl der Subarrays bestimmt wird (Ergänzung BAFU 2021 Ziff. 3.3.3). Ende Zitat

Das ist nebst funktechnischem auch noch mathematischer Unsinn.
Die maximal erlaubte ERP ergibt sich nicht aus der Multiplikation der ERPn mit dem maximalen Korrekturfaktor KAA, sondern aus der Multiplikation der ERPn mit dem reziproken Wert des maximalen Korrekturfaktors. Falls der maximale KAA 0,2 beträgt ist der reziproke Wert 1/0,2=5

Berichtigung: Dieser Punkt geht an Jakob, denn die Darstellung des Bundesgerichts steht nicht im Einklang mit dem Nachtrag vom 23. Februar 2021 zur Vollzugsempfehlung zur Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV). Dort heißt es im Abschnitt 3.3.3 klipp & klar:

Die massgebende Sendeleistung ERPn der adaptiven Antenne n beträgt also

ERP𝑛 = KAA × ERPmax,𝑛

wobei KAA dem Korrekturfaktor [Werte von 0,1 bis 1; Anm. Postingautor] und ERPmax,n der maximalen Sendeleistung ERP entspricht, für die der maximale Antennengewinn herangezogen wurde.

Für die maßgebende Sendeleistung ERPn gilt also immer: ERPn ≤ ERPmax,n. Die Rechenoperation des Bundesgerichts widerspricht dieser Bedingung. Erst mit Jakobs Berichtigung, die Multiplikation von ERPn mit dem Kehrwert von KAA vorzunehmen, wird die Bedingung erfüllt.

Der Fehler des Bundesgerichts ist ein Fakt und lässt sich nicht schönreden. Aus meiner Sicht müssen sich die drei Bundesrichter jedoch nicht in ihr Schwert stürzen. Denn, weil sie sehr genau auf ihre Quelle verweisen (Nachtrag vom 23.02.2021 zur NISV, Abschnitt 3.3.3), lässt sich der Flüchtigkeitsfehler dort für jeden, der erfolgreich die Grundschule besucht hat und Gleichungen umstellen kann, mühelos erkennen.

Seit 20 Jahren fetze ich mich nun mit Gigaherz-Jakob und in dieser langen Zeit musste ich dem Ex-Elektriker rückblickend kein einziges Mal recht geben. Jetzt hat er es geschafft. Und das mit 87 oder 88 Jahren. Gratulation, ich bin beeindruckt. Daraus leite ich jedoch keine Verpflichtung ab, mich um 22:40 Uhr mit den übrigen Ausführungen seines Artikels zu beschäftigen. Vielleicht will ich auch nur die Illusion behalten, dass Jakob seinen zweiten Treffer mit 107 oder 108 Jahren landet :-).

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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