Schweizer "Gesundheitstipp" hetzt gegen 5G (Elektrosensibilität)
In der März-Ausgabe des Magazins "Gesundheitstipp" malt Autor Andreas Gossweiler unter dem Titel "5G-Strahlen: Betroffene leiden immer mehr" auf einer Doppelseite den 5G-Teufel an die Wand. Das Beste an dieser journalistischen Fehlleistung ist die Bezahlschranke, die den ungehinderten Zugriff auf den Artikel versperrt.
Der Vorspann des Beitrags gibt über die Marschrichtung des Autors Auskunft und weckt Erwartungen: "Es gibt immer mehr 5G-Antennen. Vor den Gesundheitsrisiken der Mobilfunktechnik warnen Experten seit Jahren. Neue Zahlen zeigen: Die Strahlung nahm mit 5G zu. Betroffene berichten von vermehrten Schmerzen und Schlafproblemen." Diese Zeilen des Vorspanns und ein paar Zeilen mehr wurden von einem unregistrierten Teilnehmer am 20. März auch in das Gigaherz-Forum eingestellt. Heute, am 24. März, ist das Posting 71-mal aufgerufen worden, eine Reaktion (Antwort) blieb bislang jedoch aus. Möglicherweise liegt dies daran, dass der Artikel von Gossweiler enttäuschend substanzschwach ist.
Drei Chinesen mit dem Kontrabass ...
So ist die Anzahl der Betroffenen, die "immer mehr leiden" mit nur drei Personen statistisch gesehen homöopathisch in hoher Potenz verdünnt. Der Betroffene Marcel Bolli (51) hat hier im Forum Spuren hinterlassen, Marlene Schmid (56) ist mir als "Elektrosensible" noch nicht über den Weg gelaufen und Felix Grässli (62) war, wie das Startposting dieses Strangs zeigt, schon vor zehn Jahren "elektrosensibler" Dauergast in Gesundheitstipp. Auf mehr Betroffene als diese drei stützt sich Gossweilers Leidensbehauptung nicht, sieht man davon ab, dass Frau Schmid berichtet, ihr Ehemann hätte oft Kopfweh .
Gesundheitstipp lässt "Experten" auf seine Leser los
Wenn in Gesundheitstipp Grässli auftaucht, kann erfahrungsgemäß der Baubiologe Peter Schlegel (83) nicht weit sein. Und so ist es auch. Der studierte Maschinenbauer ist einer der "Experten", die vor den angeblichen Gesundheitsrisiken der Mobilfunktechnik warnen – und damit seinen Lebensunterhalt verdient. Neu ist, dass Gesundheitstipp dem betagten Schlegel dessen jüngeren Berufskollegen Urs Raschle (48) zur Seite stellt. Schlegel und Raschle beantworten am 27. und 28. März telefonisch gestellte Fragen von Lesern des Gesundheitstipps.
Das muss man sich mal vorstellen: Gesundheitstipp lässt zwei selbsternannte Experten auf seine Leser los und schert sich einen Teufel um den kommerziellen Interessenkonflikt, der die Auskünfte der beiden belastet. Für mich grenzt diese Unverschämtheit schon fast an Betrug.
Blenden mit Zahlen
Unseriös sind mMn auch die Zahlenspielchen, die Gossweiler seinen Lesern unterbreitet, um eine belanglose Zunahme der HF-EMF-Exposition in der Schweiz so zu dramatisieren, dass Laien es mit der Angst kriegen können. Damit meine ich eine Tabelle, in welcher der Autor 13 Alltagssituationen für HF-EMF-Exposition auflistet, die Exposition (Höchstwerte) in den Jahren 2021 und 2023 benennt (Quelle: Nis-Monitoring-Bericht 2024) und die Zunahme in Prozent mit fetten Lettern hervorhebt. So erfährt die Leserschaft des Gesundheitstipps, dass die Exposition in Supermärkten um 825 Prozent zugenommen hat. Da kann es einem schon mulmig werden. Aber: Der scheinbar dramatische Zuwachs ist eben nur ein Zahlenspielchen, denn er findet auf belanglos niedrigem Niveau statt. Lag 2021 die höchste Exposition in Supermärken bei 0,04 V/m, lag sie 2023 mit 0,37 V/m rechnerisch zwar um 825 Prozent über dem Vergleichswert, faktisch aber noch immer meilenweit unter den strengen Schweizer Anlagegrenzwerten.
Deutscher Presserat würde mutmaßlich rügen
Aus meiner Sicht ist der Artikel ein neuer Tiefpunkt in der verfehlten Elektrosmog-Berichterstattung von Gesundheitstipp. Das Blatt ist nicht auf Seiten seiner Leser, sondern es schürt gezielt irrationale Bedenken gegenüber HF-Elektrosmog und befeuert damit das anrüchige Elektrosmog-Geschäftsmodell der Baubiologie.
Erschiene der Artikel in Deutschland, ich würde wahrscheinlich eine Beschwerde beim Presserat einreichen. Der Deutsche Pressekodex formuliert konkrete Anforderungen an die Berichterstattung zu Gesundheitsthemen (Richtlinie 14). Dies sollen gewährleisten, dass Leser seriös und verantwortungsbewusst über Gesundheitsthemen informiert werden:
Bei Berichten über medizinische Themen ist eine unangemessen sensationelle Darstellung zu vermeiden, die unbegründete Befürchtungen oder Hoffnungen beim Leser erwecken könnte. Forschungsergebnisse, die sich in einem frühen Stadium befinden, sollten nicht als abgeschlossen oder nahezu abgeschlossen dargestellt werden.
392'000 Leser pro Ausgabe
In der Eigendarstellung der Ki-Media GmbH, Zürich, hat Gesundheitstipp zuletzt pro Ausgabe eine Auflage von 54'300 Exemplaren gehabt, mit denen 392'000 Leser erreicht wurden. Das Blatt wird in der Deutschschweiz verbreitet, 98 Prozent der Auflage gehen an Abonnenten, der Rest wird am Kiosk verkauft. Gesundheitstipp erscheint 11-mal jährlich.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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- "Gesundheitstipp" recycelt elektrosensiblen Felix jährlich -
H. Lamarr,
26.04.2014, 00:14
- K-Tipp - Baubiologe Peter Schlegel - KlaKla, 26.04.2014, 08:10
- "Gesundheitstipp" recycelt elektrosensiblen Felix jährlich -
Lichtwesen,
20.11.2014, 03:01
- "Gesundheitstipp" recycelt elektrosensiblen Felix jährlich -
charles,
20.11.2014, 12:29
- Um Himmels Willen: Niemals selber abschirmen - H. Lamarr, 20.11.2014, 13:11
- Ein Biotop für Lurchi - H. Lamarr, 20.11.2014, 12:51
- Kopfschütteln -
Kuddel,
20.11.2014, 19:54
- Kopfschütteln - charles, 20.11.2014, 22:52
- Kopfschütteln - H. Lamarr, 20.11.2014, 23:33
- "Gesundheitstipp" recycelt elektrosensiblen Felix jährlich -
charles,
20.11.2014, 12:29
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H. Lamarr,
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- Schweizer "Gesundheitstipp" hetzt gegen 5G - H. Lamarr, 24.03.2025, 22:24