Gigaherz: Kognitive Dissonanz und die Macht der Überzeugung (Forschung)

H. Lamarr @, München, Freitag, 09.05.2025, 23:07 (vor 16 Stunden, 49 Minuten) @ H. Lamarr

Im Gespräch mit einem Menschen über Gigaherz-Jakobs Beitrag wurde mir entgegnet, Jakob passe seine Überzeugung nicht den harten Fakten der Tatsachen an, lieber knete er die Tatsachen so zurecht, dass er seine Überzeugung ungestört behalten könne. Gefüttert mit Jakobs Beitrag bestätigte ChatGPT im Dialog mit mir diese Ansicht und erklärte sich bereit, unseren Chat über kognitive Dissonanz und die Macht der Überzeugung in ein fiktives Gespräch zu verwandeln. Für das Ergebnis unten brauchte die KI ungefähr zwei Sekunden. Mensch Meier, wo soll das noch hinführen!

Stephan: Weißt du, manchmal frage ich mich, warum es für manche Leute so schwierig ist, ihre Weltanschauung an die Fakten anzupassen. Müsste das nicht eigentlich der einfachere Weg sein?

Clara: Das könnte man meinen, aber psychologisch ist es oft genau das Gegenteil. Stell dir vor, jemand hat über Jahre hinweg eine feste Überzeugung entwickelt – sagen wir, dass hochfrequente elektromagnetische Felder (HF-EMF) extrem gefährlich sind. Wenn dann plötzlich wissenschaftliche Studien auftauchen, die diese Überzeugung nicht klar stützen, entsteht ein innerer Konflikt – kognitive Dissonanz.

Induktion und Deduktion: Zwei Wege des Denkens

Stephan: Klingt ein bisschen so, als würde man dann zwangsläufig seine Meinung ändern müssen, oder?

Clara: Nicht unbedingt. Viele Menschen neigen dann eher dazu, die störenden Fakten entweder zu ignorieren oder so umzudeuten, dass sie weiterhin ins eigene Weltbild passen. Hier kommen zwei zentrale Denkmethoden ins Spiel: Induktion und Deduktion.

Stephan: Was ist da der Unterschied?

Clara: Ganz grob gesagt, ist Deduktion das Schließen vom Allgemeinen aufs Besondere. Man beginnt mit einer allgemeinen Annahme oder Theorie und leitet daraus konkrete Schlussfolgerungen ab. Ein Beispiel aus dem Gigaherz-Artikel wäre: 'Die Mobilfunkindustrie ist grundsätzlich bestrebt, Risiken zu vertuschen. Also muss auch die FSM als industrienahe Organisation kritische Forschung unterdrücken.' Diese Denkweise kann schnell zu verzerrten Schlussfolgerungen führen, wenn die Prämisse fehlerhaft ist.

Stephan: Und Induktion?

Clara: Induktion geht den umgekehrten Weg – vom Besonderen zum Allgemeinen. Man beobachtet Einzelphänomene und leitet daraus allgemeine Regeln ab. Der Autor des Artikels könnte zum Beispiel denken: 'Mevissen hat in ihrer Review Hinweise auf Risiken gefunden. Also sind HF-EMF gefährlich.' Diese Art zu denken ist zwar oft intuitiv, aber riskant, weil man leicht von möglicherweise fehlerbehafteten Einzelfällen auf generelle Gesetzmäßigkeiten schließt.

Rhetorische Strategien zur Dissonanzbewältigung

Stephan: Klingt nach klassischer selektiver Wahrnehmung.

Clara: Genau. Und als der Autor dann im weiteren Verlauf des Artikels darauf eingehen musste, dass Mevissen im wissenschaftlichen Ausschuss der Forschungsstiftung Strom und Mobilkommunikation (FSM) sitzt – die er eigentlich als 'feindlich' betrachtet – ist er in eine kognitive Dissonanz geraten. Denn wie passt eine 'kritische' Wissenschaftlerin in eine Organisation, die er als industrienah und voreingenommen betrachtet?

Stephan: Stimmt, das ist ein echter Widerspruch. Aber wie hätte er den auflösen können, ohne seine grundsätzliche Überzeugung zu gefährden?

Clara: Es gibt ein paar rhetorische Tricks, mit denen er das hätte machen können, ohne seine Prämissen anzupassen. Zum Beispiel:

Differenzierung der Motivation: Er hätte argumentieren können, dass Mevissen zwar für die FSM arbeitet, aber trotzdem unabhängig forscht, weil sie wissenschaftliche Integrität besitzt. So etwas wie: 'Auch wenn Mevissen im wissenschaftlichen Ausschuss der FSM sitzt, zeigt ihre aktuelle Arbeit, dass sie den Mut hat, unbequeme Wahrheiten zu veröffentlichen und sich nicht dem Einfluss der Industrie zu beugen.'

Betonung der Ausnahme: Oder er hätte Mevissen als Ausnahme dargestellt: 'Selbst in einem industrienahen Gremium wie der FSM gibt es mutige Stimmen, die den wissenschaftlichen Auftrag über wirtschaftliche Interessen stellen.'

Heldennarrativ: Er hätte sie als Heldin darstellen können, die sich 'hinter den feindlichen Linien' für die Wahrheit einsetzt. So etwa: 'Mevissen erinnert uns daran, dass wahre Wissenschaft sich nicht durch finanzielle Interessen ersticken lässt – selbst wenn sie in der Nähe mächtiger Lobbys arbeitet.'

Fokussierung auf institutionelle Zwänge: Oder er hätte betonen können, dass Forscher manchmal gezwungen sind, in industrienahen Netzwerken zu arbeiten, weil es sonst kaum Fördermöglichkeiten gibt: 'Auch kritische Wissenschaftler müssen oft mit industrienahen Institutionen zusammenarbeiten, weil die öffentliche Forschungsförderung allein oft nicht ausreicht.'

Fazit

Stephan: Clever! Damit hätte er den Widerspruch zumindest rhetorisch entschärfen können, ohne sein Weltbild komplett umzubauen.

Clara: Genau. Solche Techniken werden oft genutzt, um kognitive Dissonanzen zu vermeiden, ohne die eigene Überzeugung wirklich zu hinterfragen.

Stephan: Irgendwie beeindruckend, aber auch ein bisschen beunruhigend, wie flexibel die menschliche Wahrnehmung sein kann.

Clara: Das stimmt. Und deshalb ist es so wichtig, nicht nur die Faktenlage zu prüfen, sondern auch die eigenen Denkmuster und kognitiven Filter kritisch zu hinterfragen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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