Eva W. aus O. in M.: meine Schmetterlinge (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 29.03.2025, 19:17 (vor 2 Tagen)

Eva bedauert zum gefühlt tausendsten Mal die Schlechtigkeit des Seins, namentlich die aus ihrer Sicht verheerenden Wirkungen von Mobilfunkstrahlung auf alles, was sich bewegt.

[...] Traurig ist das! Dann schaue ich in meinen Garten, wo jeder Baum kaputt ist und hoffe, dass auch dieses Frühjahr wieder ein einsamer Zitronenfalter kommt und die seit Jahren üblichen zwei Kohlweißlinge, anschließend für den ganzen Sommer. Was hatte ich vor dieser Funkbelastung für eine Menge von Schmetterlingen? Um das anzurichten, genügt ein Mobilfunkmast in ca. 110m Entfernung und eine Sektorantenne die exakt trifft.

Zitronenfalter sind standorttreu und werden bis zu 1 Jahr alt. Weil sie überwintern, hat Eva Chancen, ihren Zitronenfalter von 2024 auch im Frühjahr 2025 noch einmal anzutreffen.

Problematischer sind die zwei Kohlweißlinge, die anschließend laut Eva den ganzen Sommer über ihren Garten bevölkern. Für mich schaut ein Kohlweißling aus, wie der andere, Eva scheint ihre flatterhaften Gäste aber stets wiederzuerkennen. Das erscheint wundersam, denn a) sind Kohlweißlinge eher Wanderer, die sich vom Wind tragen lassen, und b) werden Kohlweißlinge selten älter als vier Wochen.

Gegen Evas steile These, der Mobilfunk würde die Schmetterlinge aus ihrem Garten vertreiben, spricht der Umstand, dass auch in Naturschutzgebieten, in denen bekanntlich keine Mobilfunkmasten zugelassen werden, die Anzahl der Schmetterling rückläufig ist. Die Gründe dafür sind hinlänglich bekannt (Klimawandel, schwindende Blühvielfalt, Pestizideinträge, Insellagen ...).

Meine Empfehlung für Eva: Wenn Ihr Garten für Schmetterlinge nicht mehr attraktiv genug ist und Sie die Insekten schmerzlich vermissen, holen Sie sich ersatzweise einen der unentgeltlichen Bildschirmschoner, die Schmetterlinge haufenweise auf Ihren PC-Bildschirm bringen :-).

Eva W. (85) bewohnt in München das Haus ihrer Eltern und beklagt seit Jahren, die Obstbäume (Apfelbaum, Birnbaum) in ihrem Garten würden dahinsiechen (der Birnbaum verstarb 2023 plötzlich und unerwartet). Anzunehmen ist, diese Bäume wurden noch von den Eltern gepflanzt, vielleicht vor etwa 80 oder mehr Jahren. Apfelbäume können zwischen 30 Jahre und 100 Jahre alt werden, Birnbäume zwischen 50 Jahre und 120 Jahre. Somit ist weiter anzunehmen, dass Evas Exemplare an Altersschwäche eingehen, nicht wegen des Funkmastes in 110 Meter Abstand. Auch andere Einflüsse sind vorstellbar, z.B. ein Pilz- oder Schädlingsbefall, mMn ist dies alles naheliegender als die aus der Luft gegriffene Behauptung, ein mehr als 100 Meter entfernter Funkmast hätte die Obstbäume auf dem Gewissen.

Meine Skepsis gegenüber Evas Behauptungen beruht auf einer mehr als zehnjährigen Beobachtung von Testbäumen (Laubbäume), die in wenigen Meter Abstand zu einem Mobilfunksendemast stehen, im Laufe der Zeit bis in den Hauptstrahl hineinwuchsen und dennoch keine offensichtlichen Schäden infolge der HF-EMF-Exposition zeigten. Dokumentiert sind diese Beobachtungen bis zum neunten Jahr hier. Fotos aus späteren Jahren habe ich gemacht, aber nicht mehr eingestellt.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Grimms Märchen: mein armer Birnbaum

H. Lamarr @, München, Samstag, 29.03.2025, 23:02 (vor 2 Tagen) @ H. Lamarr

Eva W. (85) bewohnt in München das Haus ihrer Eltern und beklagt seit Jahren, die Obstbäume (Apfelbaum, Birnbaum) in ihrem Garten würden dahinsiechen (der Birnbaum verstarb 2023 plötzlich und unerwartet). Anzunehmen ist, diese Bäume wurden noch von den Eltern gepflanzt, vielleicht vor etwa 80 oder mehr Jahren. Apfelbäume können zwischen 30 Jahre und 100 Jahre alt werden, Birnbäume zwischen 50 Jahre und 120 Jahre. Somit ist weiter anzunehmen, dass Evas Exemplare an Altersschwäche eingehen, nicht wegen des Funkmastes in 110 Meter Abstand. Auch andere Einflüsse sind vorstellbar, z.B. ein Pilz- oder Schädlingsbefall, mMn ist dies alles naheliegender als die aus der Luft gegriffene Behauptung, ein mehr als 100 Meter entfernter Funkmast hätte die Obstbäume auf dem Gewissen.


Ein frühes Opfer in Herlikofen

Wer hat Eva W. den Floh ins Ohr gesetzt, HF-EMF könnten Obstbäume dahinraffen? Vielleicht ist es der ehemalige Landwirt Rolf Grimm aus Herlikofen gewesen, der schon 2007 in dem Esoterik-Magazin Raum & Zeit zum Besten gab:

[...] „Hier, dieser Überrest war einmal ein wunderschöner Birnbaum“, erzählt Rolf Grimm. Man braucht wirklich Phantasie, um sich das vorzustellen, so trostlos ist der Anblick des verkümmerten Baumes. „Seit im Juli 2001 zwei Mobilfunkbasisstationen an diesem Kirchturm der katholischen Kirche in Herlikofen angebracht wurden, ist er immer kränker geworden“, berichtet Rolf Grimm. Er machte immer wieder Fotos von ihm bis zu seinem letzten „Aufbäumen“ im Jahr 2006 (siehe Foto unten). Der Birnbaum ist nur einer von vielen Bäumen, die durch die Kirchturmstrahlung stark geschädigt wurden, so Grimm weiter. Einige davon seien schon entsorgt worden. [...] (Quelle)

Grimms Märchen: "Kirchturmstrahlung" unbekannter Stärke kann innerhalb von nur fünf Jahren viele Bäume, darunter notabene, einen Birnbaum, in Feuerholz verwandeln.

Doch da kann etwas nicht stimmen, denn Eva W. "spürt" ihren Funkmast seit Oktober 2006 (nach UMTS-Ergänzung), die vorangegangene GSM-Befeldung machte ihr keinerlei Beschwerden. Auf ihren kränkelnden Birnbaum kommt sie jedoch erstmals erst im Juli 2020 zu sprechen (Mein Birnbaum hat kein Blatt mehr). Das sind mindestens rd. 14 Jahre Einwirkdauer und nicht fünf Jahre wie bei Grimm. Denkbare Erklärung: Evas Birnbaum wurde weniger stark befeldet. Ob dies zutrifft werden wir nie erfahren, denn weder Grimm noch Eva W. nennen in ihren "Geschichten" Messwerte (obwohl anscheinend beide ein Messgerät haben).

Staffellauf: Grimm übergibt morschen Staffelstab an Schorpp

Grimm konnte mit seiner dilettantischen Schilderung in einem Esoterikblättchen punkten. Niemand fragte ihn nach Messwerten am Rest des Birnbaums, nach den Hauptstrahlrichtungen der "Kirchturmstrahlung", nach dem horizontalen und vertikalen Abstand zwischen Baum und Sendern oder nach möglichen anderen Todesursachen des Birnbaums. Diese Angaben hätten Grimms Behauptungen einen Hauch von Substanz gegeben. Dass die Reporterin eines Esoterikblättchens nicht danach fragte ist nicht groß verwunderlich, sie ist an einer fantastischen Geschichte interessiert, nicht an der Wahrheit. Dass mit Dr. Volker Schorpp jedoch ein promovierter Physiker auf Grimms Beobachtungen abgefahren ist wie Schmidts Katze, ist auf Anhieb nicht einzusehen. Schorpp griff die Mobilfunk-killt-Bäume-Idee von Grimm auf und fabrizierte Anfang 2007 eine 164 Seiten umfassende Präsentation (genannt "Baumstudie"), deren Niveau die Schilderung von Grimm nur unwesentlich überschritten hat. Heißt: Statt Fakten bietet Schorpp dem Betrachter nahezu ausschließlich unbelegte Behauptungen. Nicht einmal genaue Ortsangaben seiner dramatischen Beweisfotos gönnt der Physiker seinen Lesern, geschweige denn Angaben zu den Hauptstrahlrichtungen und zum Errichtungszeitpunkt von schemenhaft in der Ferne erkennbaren Mobilfunksendemasten. Eine unabhängige Prüfung der Behauptungen ist wegen dieser systematischen Faktenferne nicht möglich und offensichtlich auch nicht erwünscht.

Staffellauf: Doktor der Physik übergibt an Doktor der Medizin

Wie kann ein Doktor der Physik eine derart unprofessionelle Dokumentation abliefern? Meine Erklärung: Schorpp war seinerzeit fest davon überzeugt, "elektrosensibel" zu sein. So eine Überzeugung kann auch einen Physiker aus der Kurve tragen. Mutmaßlich hoffte er, mit dem Beweis einer Schadwirkung schwacher HF-EMF auf Bäume dem Streben aller "Elektrosensiblen" nach Anerkennung einen Schub geben zu können. Sollte dies tatsächlich der Plan gewesen sein, ist daraus nichts geworden. Schorpp hat die Anti-Mobilfunk-Szene längst verlassen und "Elektrosensible" sind von einer Anerkennung ihres Leidens als körperliche Erkrankung nach wie vor weiter entfernt als der Mond von der Erde. Doch so wie Grimm mit seiner Idee einst Schorpp infizierte, gelang es Schorpp später die Schnapsidee an die Humanärztin Cornelia Waldmann-Selsam zu vererben. Sie griff dankbar zu und fabriziert nun bis heute nach dem Muster von Schorpps Präsentation umfangreiche Bildersammlungen mit angeblich von HF-EMF geschädigten Bäumen. Einen sichtbaren Erfolg außerhalb der Echokammern der Szene kann freilich auch Waldmann-Selsam nicht verbuchen, obwohl sie mit seitenlangen Briefen und übertriebener Dramatik versucht, das Interesse von Politikern an ihrer Mission zu wecken.

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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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