Dr. Scheingraber zitiert Schliephake verfälscht (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 27.03.2013, 00:49 (vor 4248 Tagen) @ H. Lamarr

Ich picke anschließend aus Zeitmangel nur mal zwei Fehler heraus, drin sind mit Sicherheit noch viel mehr.

Auf Folie 5 zitiert Dr. Scheingraber aus einem 1932 publizierten Artikel von Dr. E. Schliephake:

Der Gesamtorganismus wird im Strahlungsfeld durch die freie Hertzsche Welle beeinflusst. Durch Wärmewirkung allein lassen sich diese Erscheinungen nicht erklären ...

Scheingraber verfälscht hier durch Weglassungen substanziell. Im Original lautet die besagte Passage bei Schliephake nämlich so:

******* Zitat Anfang *********

"Der Gesamtorganismus wird schon im Strahlungsfeld von starken Kurzwellensendern durch die freie Hertzsche Welle deutlich beeinflusst. Das empfinden alle Personen, die längere Zeit hindurch an solchen Sendern ohne genügende Schutzmittel haben arbeiten müssen. Es treten Erscheinungen auf, wie wir sie bei Neurasthenikern zu sehen gewohnt sind: starke Mattigkeit am Tag, dafür in der Nacht unruhiger Schlaf, zunächst ein eigenartig ziehendes Gefühl in der Stirn und Kopfhaut, dann Kopfschmerzen, die sich immer mehr steigern, bis zur Unerträglichkeit. Dazu Neigung zu depressiver Stimmung und Aufgeregtheit. Auch hierauf hat nach unseren Erfahrungen die Wellenlänge einen deutlichen Einfluss. Am unangenehmsten sind anscheinend die Wellen von etwa 4-5 m Länge.

Eine Strahlung geht sowohl von den sonst ganz eingekapselten Geräten als auch vom eigentlichen Behandlungskreis aus. Man kann sich davor durch Drahtkäfige schützen, die aber sehr unbequem sind. Ich habe deshalb Käfige aus Ketten angegeben, durch deren Maschen man überall bequem hindurchgreifen kann.

Durch Wärmewirkung allein lassen sich diese Erscheinungen nicht erklären."

******** Zitat Ende **********

Der letzte Satz von Schliephake ist gar nicht so dramatisch, wie es Scheingraber gerne hätte. Denn der Kurzwellenfunk liegt frequenzmäßig dicht am Übergang von der Reizwirkung elektromagnetischer Felder zu deren Wärmewirkung. Das war 1932 so noch nicht bekannt, Schliephake spracht - ohne es zu wissen - von den Reizwirkungen eines Funkfelds.

Dr. Scheingraber versucht mMn durch die Weglassung der wichtigen Information "von starken Kurzwellensendern" den falschen Eindruck zu erwecken, athermische Wirkungen von HF-Feldern seien bereits 1932 von Schliephake beschrieben worden. Da das alles im Kontext Mobilfunk stattfindet liegt es nahe, dass das von Scheingraber verzerrte Zitat irrtümlich auch auf Mobilfunk bezogen wird. Dort aber ist sie völlig fehl am Platz.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Irrtum, ÖDP, Schliephake, Zitatverfälschung, Nachhilfe, Scheingraber


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