IMST: Stellungnahme zu Vorwürfen gegen LTE-Pilotstudie (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 20.01.2013, 23:37 (vor 4268 Tagen) @ H. Lamarr

Im November 2010 schrieb Sawall auch noch nebliges: "Die Pilotstudie basiert auf einem eigens vom IMST dafür entwickelten Messverfahren, räumte das Informationszentrum ein." Aha! Ist das nun gut oder schlecht?

Da mir ein keiner Weise klar ist, was damit gemeint sein könnte, habe ich Dr. Bornkessel um kurze Auskunft gebeten.

Ich bat Dr. Bornkessel (IMST, Institut für Mobil- und Satellitenfunktechnik, Kamp-Lintfort, NRW) um eine Erwiderung auf die Vorwürfe von Bernd Rainer Müller (Bund) gegen die Pilotstudie des IMST aus dem Jahr 2010, und um Auskunft, was das IZMF mit "eigens entwickeltem Messverfahren" gemeint haben könnte. Antwort kam am 18. Januar:

Stellungnahme von Dr. Bornkessel zu den Vorwürfen gegen die LTE-Pilotstudie

Über die fachliche Stichhaltigkeit der Verlautbarungen des „Mobilfunkexperten des BUND“ möchte ich mich nicht öffentlich äußern. Allerdings hatte ich in einem Vortrag über die LTE-Pilotstudie aus 2010 am Runden Tisch EMF meiner Meinung nach seine Vorwürfe entkräftet, was ihn aber offenbar nicht veranlasst hat, seine öffentlich gegebenen Statements in irgendeiner Weise zu ändern.

Für die Pilotstudie aus 2010 (PDF) hatten wir in der Tat ein eigenes Messverfahren entwickelt (dies ist z.B. im Spektrum 1/2011 ausführlich beschrieben), weil es damals einfach noch kein Messverfahren für LTE gab. Unser Messverfahren basiert auf einer spektralen Messung der permanent abgestrahlten Signalisierungen in einem etwa 1 MHz breiten Streifen in der Kanalmitte und der anschließenden Hochrechnung auf den höchsten betrieblichen Anlagenzustand. Es ist in der Community als eine (von mittlerweile zwei) Möglichkeiten akzeptiert, LTE grenzwertkonform (d.h. mit der Möglichkeit einer Hochrechnung) zu messen.

Mittlerweile gibt es ein zweites Messverfahren, was z.B. in Geräten von Narda oder Rohde & Schwarz angeboten wird. Das „codeselektive Messverfahren“ basiert auf einer Erfassung von denjenigen Signalanteilen (konkret RS, P-SS und S-SS), die basisstationsspezifisch und sektorspezifisch codiert sind. Damit kann man, ähnlich wie bei der codeselektiven UMTS-Messung, genau ermitteln, welcher LTE-Immissionsanteil von welcher Basisstation (und welchem Sektor) stammt.

Dieses zweite Messverfahren haben wir in der AKTUELLEN Studie (PDF) angewendet. Bei dieser aktuellen Messreihe, die am 16.1.2013 der Presse vorgestellt wurde, haben wir auch an zahlreichen Messpunkten „im Fokus der öffentlichen Diskussion“ gemessen, d.h. Kindergärten, Schulen, Kitas, Altenheimen, Krankenhäusern usw. Das Nichtmessen an solchen Fokuspunkten hatte Herr Müller bei unserer Pilotstudie aus 2010 kritisiert, wobei er mir allerdings auf meine Frage, warum die Immission an solchen Orten denn höher sein solle als in einem Büro direkt gegenüber der Anlage keine zufriedenstellende Antwort geben konnte. Auch haben wir jetzt wie damals nicht „einfach drauflos gemessen“, sondern eine bestimmte Systematik der Anlagen- und Messpunktauswahl angewendet. Durch bestimmte „Grund-Szenarien“ (d.h. Entfernungsabhängigkeit der Immission, Abhängigkeit der Immission von der Orientierung zur Hauptstrahlrichtung sowie Abhängigkeit der Immission vom Einfluss dämpfender Materialien) wollten wir eine große Bandbreite von realen Immissionsszenarien abdecken und eine gewisse Übertragbarkeit auf ähnlich gelagerte Anlagen-/Messpunktkonfigurationen ermöglichen. Mit solchen „Kleinigkeiten“ hat sich der Golem-Artikel (und Herr Müller) natürlich nicht auseinandergesetzt.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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