Tabak: Im Würgegriff der Industrie (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 14.09.2012, 10:08 (vor 4445 Tagen)

Auszug aus Spiegel 49/2005:

"Wenn Untersuchungen nicht nach Gutdünken interpretiert werden konnten, versuchte die Tabaklobby, sie schlicht verschwinden zu lassen. So fand Grüning in den Unterlagen folgenden Vorgang: Franz Adlkofer, der Organisator der deutschen Tabakforschung, habe seinen Kollegen in den USA versichert, dass eine Studie über Nikotin als Krebsverursacher "verheimlicht", eine andere Studie "garantiert nicht veröffentlicht" würde. Im Vorfeld eines Anti-Raucher-Tags der WHO schwächten die Vertreter der Industrie auch schon mal die Rede eines Wissenschaftlers ab. Der Professor, ehemaliger Ordinarius an der Universität Heidelberg, hatte seinen Vortrag zuvor der Tabaklobby zum Korrekturlesen gegeben.

Die Rolle führender deutscher Kliniker sei "schockierend", sagt die WHO-Vertreterin Pötschke-Langer, "vermutlich würden heute viel weniger Menschen am Tabak sterben, wenn Mediziner die Erkenntnisse über die Folgen des Rauchens ernst genommen hätten". Doch die Medizinerschaft beginnt erst langsam umzudenken. Erstmals hat Anfang November mit dem Krebsforschungszentrum in Heidelberg eine deutsche Forschungsstätte einen ethischen Code verabschiedet, nach dem es kein Geld mehr von der Tabakindustrie annehmen darf."

Dieser Spiegel-Artikel war zum Erscheinungstermin 2005 schon einmal Thema hier im Forum, wobei mir die Rolle des Teilnehmers "hertzklopfer", weil widersprüchlich, nicht so ganz klar ist.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Krebsforschungszentrum, Spiegel, Tabakindustrie, Adlkofer, Tabakforschung, Tabaklobby, Heimlich, Konsortium, Krebsforschung, Industrienähe, Würgegriff

Tabak: Im Würgegriff der Industrie

Alexander Lerchl @, Freitag, 14.09.2012, 10:30 (vor 4445 Tagen) @ H. Lamarr

Das entsprechende Dokument kann man hier einsehen (die relevante Stelle ist auf S. 3 unten):
http://legacy.library.ucsf.edu/tid/coh38e00/pdf

Den überaus lesenswerten Artikel "Tobacco Industry Influence on Science and Scientists in Germany" von Thilo Grüning bekommt man umsonst:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1470431/pdf/0960020.pdf

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"Ein Esoteriker kann in fünf Minuten mehr Unsinn behaupten, als ein Wissenschaftler in seinem ganzen Leben widerlegen kann." Vince Ebert

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, Tabak-Library, Grüning

Tabak: Im Würgegriff der Industrie

Sektor3, Freitag, 14.09.2012, 12:19 (vor 4445 Tagen) @ Alexander Lerchl

Auszug aus Spiegel 49/2005:

"Wenn Untersuchungen nicht nach Gutdünken interpretiert werden konnten, versuchte die Tabaklobby, sie schlicht verschwinden zu lassen. So fand Grüning in den Unterlagen folgenden Vorgang: Franz Adlkofer, der Organisator der deutschen Tabakforschung, habe seinen Kollegen in den USA versichert, dass eine Studie über Nikotin als Krebsverursacher "verheimlicht", eine andere Studie "garantiert nicht veröffentlicht" würde. Im Vorfeld eines Anti-Raucher-Tags der WHO schwächten die Vertreter der Industrie auch schon mal die Rede eines Wissenschaftlers ab. Der Professor, ehemaliger Ordinarius an der Universität Heidelberg, hatte seinen Vortrag zuvor der Tabaklobby zum Korrekturlesen gegeben.

Das entsprechende Dokument kann man hier einsehen (die relevante Stelle ist auf S. 3 unten):
http://legacy.library.ucsf.edu/tid/coh38e00/pdf

In dem Dokument geht es mehrfach um Ernst Wynder, Gründer der American Health Foundation (AHF) und Empfänger vieler Dollars von Prof. Adlkofer und der amerikanischen Tabakindustrie.
Wynder (Freund von Prof. Adlkofer und George Carlo) schlug 1995 der Tabakindustrie eine große Studie mit EMF-Gefahren vor und begann eine EMF-Studie für George Carlos WTF-Programm. Wynder fand denn auch schlimme Gefahren, verstarb allerdings vor dem Abschluss der Studie. Joshua Muscat (auch AHF) beendete die Studie, musste aber bei den Gefahren zurückrudern, offenbar als er im Peer-Review unter Druck kam. "Doris" sieht Muscat deshalb nicht als EMF Gefahrenfinder, und wies darauf hin, dass Kritiker Muscat vorwarfen, tatsächliche Erkenntnisse unterschlagen zu haben und im Dienst der Mobilfunkindustrie zu stehen.

Seit Muscat "wissen" die Kritiker vom Hirntumor-Risiko auf der Handy-Seite. Gleichwohl werfen die Kritiker Muscat vor, (wohl im Gegensatz zu Wynder) kein generell erhöhtes Hirntumor-Risiko gefunden zu haben.

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Finanzierung, Hirntumor, Tabakindustrie, Adlkofer, Tabakdokumente, Ablenkungsforschung, Carlo, Ex-Tabaklobbyist

Adlkofer: Erfinder der Ablenkungsstrategie - 1992?

Alexander Lerchl @, Montag, 24.09.2012, 17:09 (vor 4435 Tagen) @ Sektor3

Absprung von hier.

Wynder (Freund von Prof. Adlkofer und George Carlo) schlug 1995 der Tabakindustrie eine große Studie mit EMF-Gefahren vor und begann eine EMF-Studie für George Carlos WTF-Programm.

Nur, wer kam eigentlich ursprünglich auf die Idee, andere Forschungen durchzuführen? Beim Suchen nach ganz anderen Dingen stieß ich auf dieses Dokument aus dem Jahr 1992. Dort lautet es:

"The discussion then switched to the Munich laboratory [Adlkofers Labor]. In contrary to some of the former statements, Reemtsma and BAT were of the opinion that the Munich laboratory could well perform research other than exposure studies . As a possibility Adlkofer mentions environmental research."

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"Ein Esoteriker kann in fünf Minuten mehr Unsinn behaupten, als ein Wissenschaftler in seinem ganzen Leben widerlegen kann." Vince Ebert

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Ablenkung, Einflussnahme, Adlkofer, Tabakdokumente, Tabak-Library, WTF, Truth Tobacco Industry Documents

Adlkofer: "Ich bin nur für die Wahrheit"

H. Lamarr @, München, Montag, 24.09.2012, 21:56 (vor 4435 Tagen) @ Alexander Lerchl

Nur, wer kam eigentlich ursprünglich auf die Idee, andere Forschungen durchzuführen? Beim Suchen nach ganz anderen Dingen stieß ich auf dieses Dokument aus dem Jahr 1992.

Nein, nein, Adlkofer kommt für "sowas" nicht infrage. Heißt es doch auf Seite 3 des verlinkten Dokuments:

"Adlkofer: Research for me means the truth, I am only out for truth."

(Adlkofer: Forschung bedeutet für mich die Wahrheit. Ich bin nur für die Wahrheit).

Verwandter Strang
Tabak: Eine Stimme der Ehrlichkeit innerhalb der Industrie

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, Tabak, Adlkofer, Ehrlichkeit, Tabak-Library

Adlkofer: "Ich bin nur für die Wahrheit"

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 26.09.2012, 10:31 (vor 4433 Tagen) @ H. Lamarr

Nein, nein, Adlkofer kommt für "sowas" nicht infrage. Heißt es doch auf Seite 3 des verlinkten Dokuments:

"Adlkofer: Research for me means the truth, I am only out for truth."

(Adlkofer: Forschung bedeutet für mich die Wahrheit. Ich bin nur für die Wahrheit).

Könnte Franz Adlkofer 1992 möglicherweise schon Kenntnis von dem gehabt haben, was heute als die "Legacy Tobacco Documents Library" bekannt ist, und sich deshalb diskret um eine Imagepolitur bemüht haben?

Dafür gibt es keinen Anhaltspunkt, denn die gefürchtete Dokumenten-Sammlung ließ erstmals 1994 von sich hören, wie folgender Auszug belegt:

The UCSF Library launched The Legacy Tobacco Documents Library in 2002 but the genesis of the project began 8 years earlier when a few thousand pages of highly confidential, internal documents from the Brown & Williamson Tobacco Corporation were copied and leaked by an anonymous whistleblower to various academics, media outlets and Congress. One of these document sets was sent to UCSF professor Dr. Stanton Glantz in May, 1994. The documents consisted primarily of scientific studies on the addictive nature of nicotine and other health effects of tobacco smoke.

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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Adlkofer: Erfinder der Ablenkungsstrategie - 1992?

Sektor3, Sonntag, 30.09.2012, 21:07 (vor 4429 Tagen) @ Alexander Lerchl

Absprung von hier.

Wynder (Freund von Prof. Adlkofer und George Carlo) schlug 1995 der Tabakindustrie eine große Studie mit EMF-Gefahren vor und begann eine EMF-Studie für George Carlos WTF-Programm.

Nur, wer kam eigentlich ursprünglich auf die Idee, andere Forschungen durchzuführen? Beim Suchen nach ganz anderen Dingen stieß ich auf dieses Dokument aus dem Jahr 1992. Dort lautet es:

"The discussion then switched to the Munich laboratory [Adlkofers Labor]. In contrary to some of the former statements, Reemtsma and BAT were of the opinion that the Munich laboratory could well perform research other than exposure studies . As a possibility Adlkofer mentions environmental research."


Soweit ich mich erinnere, hat Philip Morris das Thema im Jahr 1988 aufgegriffen und den Ball an Adlkofer gegeben. Seit damals waren umweltbedingte Risiken Teil der Umwandlung vom Forschungsrat zur Stiftung VERUM (VERUM = VERhalten und UMwelt). VERUM war aber erst 1993 funktionsfähig (Urkunde 1992, Konstituierende Sitzung 1993).

Details zur Forschung würden sich sicher im Anhang dieses Briefes zur Industriegesponserten Forschung aus dem Jahr 1992 finden, die Anhänge (Verband und Philip Morris) sind aber leider "confidential".

Tags:
Tabak, Allianz, Adlkofer, Verum, Philip Morris, Netzwerk, Tabaklobbyist, Ablenkungsforschung, Tabaklobby

Adlkofer: Erfinder der Ablenkungsstrategie - 1992?

Doris @, Sonntag, 30.09.2012, 22:17 (vor 4429 Tagen) @ Sektor3

Details zur Forschung würden sich sicher im Anhang dieses Briefes zur Industriegesponserten Forschung aus dem Jahr 1992 finden, die Anhänge (Verband und Philip Morris) sind aber leider "confidential".

Hier sind die Anhänge dabei

Adlkofer: Erfinder der Ablenkungsstrategie - 1992?

Sektor3, Sonntag, 30.09.2012, 22:33 (vor 4429 Tagen) @ Doris

Details zur Forschung würden sich sicher im Anhang dieses Briefes zur Industriegesponserten Forschung aus dem Jahr 1992 finden, die Anhänge (Verband und Philip Morris) sind aber leider "confidential".

Hier sind die Anhänge dabei

Und hier ist ein etwas älteres Dokument auf Deutsch.

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