Rimbach-Studie: Wer misst, misst Mist (Medien)

H. Lamarr @, München, Freitag, 07.06.2019, 19:55 (vor 1987 Tagen) @ helmut

Der Sendemast "Hoher Bogen" ist ein sogenannter Grundnetzsender u.a. des Bayerischen Rundfunks.
Dort wurden und werden Sender mit einer Gesamtstrahlungsleistung von ca. " 1 MW ",
ich wiederhole einem Megawatt betrieben.

Fast noch spannender als die Gesamtleistung sind die Frequenzen, auf denen der Sender Radio- und Fernsehprogramme ausstrahlt, nachzuschlagen <hier>. Es beginnt unten bei UKW (88,3 MHz bis 104,4 MHz) und hörte oben beim Analogfernsehen auf (527 MHz bis 775 MHz). Von wenigen Ausnahmen abgesehen strahlt der Sender das Gros seiner Programme auf Frequenzen weit unter 700 MHz aus.

Interessant sind diese Frequenzen nur deshalb, weil es in der Rimbach-Studie heißt:

In dieser Arbeit werden nur Mobilfunk­signale berücksichtigt, also weder hausinterne Funkanlagen wie DECT, WLAN oder Bluetooth, noch die Beiträge der Rundfunk­ bzw. Fernsehsender auf dem Hohenbogen, einem Berg oberhalb von Rimbach. Letztere sind im Beobachtungszeitraum im wesentlichen gleich geblieben, und in der vorliegenden Untersuchung interessieren vor allem die Veränderungen. Bei fast allen Stichproben war der Beitrag der Sender auf dem Hohenbogen maximal 35 μW/m² (Spitzenwert). Lediglich am Wohnort von zwei Testpersonen war er höher: Er betrug 270 μW/m² (Durchschnittswert) bzw. 320 μW/m² (Spitzenwert). An diesem Ort lag die GSM-­Belastung ungefähr bei 10 μW/m².

Und jetzt kommt's. Gemessen wurde in Rimbach von Klaus Buchner mit einem Breitbandmessgerät vom Typ HF38B, an "mehreren Punkten" zusätzlich, wie es heißt, mit einem HF59B. Doch der Frequenzbereich beider Geräte beginnt erst bei 700 MHz! Signale mit tiefer liegenden Frequenzen, wie die vom Hohenbogen, werden, wenn überhaupt, stark unterbewertet gemessen. Das ist ein grober Anfängerfehler, der Buchner da unterlaufen ist, und es zeigt nachdrücklich, dass er mit der Messtechnik nicht vertraut ist. Erkennbar ist dies auch an dem Textfragment, mit dem er begründet, warum mit einem preisgünstigen Breitbandmessgerät gemessen wurde, und nicht mit Profimesstechnik (Spektrumanalyser):

Mit Breitband­-Detektoren lässt sich der Aufwand für die Mes­sungen gegenüber Spektralanalysatoren wesentlich reduzieren. Dadurch war es möglich, eine größere Zahl von Messpunkten zu erfassen und so die Maxima und Minima der Leistungs­flussdichten besser zu ermitteln. Dabei erreicht man mit hoch­wertigen Breitband­-Messgeräten ähnliche Genauigkeiten wie mit Spektralanalysatoren.

Aus meiner Sicht verhält es sich ganz anders: Buchner besitzt ein HF58B und kann wahrscheinlich auch damit umgehen, was ja nicht allzu schwierig ist, sogar Frau W. aus O. in M. kriegt das hin. Einen Spektrumanalyser hat er nicht und dessen richtige Bedienung würde ihn ohnehin vor unüberwindbar hohe Hürden stellen. Buchner versucht aus der Not eine Tugend zu machen und ignoriert die gravierenden Nachteile seiner Knatterbox, die ich im Wesentlichen darin sehe, dass eine Trennung des GSM-Nutzsignals der Basisstation von Störsignalen (DECT, Rundfunk, W-Lan, Handytelefonate ...) nicht oder nur unzureichend möglich ist.

Der Messfehler eines professionellen Spektrumanalysers von R&S ist übrigens fünf bis zehnmal kleiner als der von Buchners Knatterbox.

Die gesamte Messtechnik der Rimbach-Studie wirkt auf mich stark dilettantisch und fehleranfällig, wie es eben so ist, wenn fachliche Laien sich an eine wissenschaftliche Studie heranwagen. Ob die klinischen Befunde genauso dilettantisch sind kann ich nicht beurteilen, die zahllosen Widersprüchlichkeiten bei der Rimbach-Studie haben jedenfalls bei mir dazu geführt, dass ich sie als typische Kargo-Kult-Studie sehe, formal nett anzusehen wie eine richtige Studie, inhaltlich jedoch ohne Mehrwert.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Dilettantismus, Fernsehen, Buchner, Knatterbox, Messung, Populist, Rundfunk, Physiker, Rimbach-Studie


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