Favre-Replikation: Pilotversuch (Ergebnisse) (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 24.07.2011, 22:04 (vor 4862 Tagen) @ H. Lamarr

Morgen, Sonntag, werden wir, wenn nichts dazwischen kommt, probehalber das Experiment von Daniel Favre nachstellen.

Der Versuch wurde mit kleineren Abweichungen so durchgeführt wie geplant.

Das Handy konnte nicht in den Bienenstock (Bienenkasten) hinein gelegt werden, da dort die Rahmen mit den Bienenwaben keinen Platz dafür lassen. Favre legte sein Handy deshalb direkt oberhalb der Rahmen in den Bienenstock, wir platzierten es auf der Unterseite des Bienenkastens. In beiden Fällen (oben/unten) beträgt der Mindestabstand zwischen Bienen und Handy-Antenne etwa 3 bis 5 cm.

Details zum Versuchsaufbau

Ein Test des Diktiergeräts verlief erfolgreich, das Summen der Bienen war in der Probeaufzeichnung gut zu hören. Dann nahmen wir das Handy und den Funkmessplatz in Betrieb und jetzt wurde es spannend: Bucht das Handy problemlos auf den Messplatz ein? Ja, es buchte! Wir dirigierten das Handy also wie geplant auf 2 W Ausgangsleistung und schoben es unter den Bienenkasten bis zur Mitte seiner Grundfläche. Den Platz dafür schufen zwei ca. 3 cm dicke Holzleisten, auf denen der Bienenkasten ruhte. Dies war nötig, da das Testhandy (Siemens S4) mit 3 cm Dicke noch ziemlich klobig ist. Das Diktiergerät wurde einige Zentimeter neben dem Bienenkasten untergebracht, dies war möglich, weil via Kabel ein kleines externes Mikrofon angeschlossen war (Krawattenmikrofon) das ebenfalls mittig unterhalb des Bienenkastens angebracht wurde. Der Boden des Bienenkastens (unterhalb der Rahmen mit den Waben) ist akustisch offen und nur mit einem feinen Gitter verschlossen.

Der Bienenkasten stand in einem alten Bienenhaus, nur dieser eine Kasten enthielt Bienen, die anderen Kästen waren leer. Es herrschte, so der Imker, ideales Bienenwetter: Lufttemperatur etwa 17 °C, trocken, nur leichter Wind, vor und während des Experiments regnete es nicht. Der Ausflugschlitz für die Bienen war offen, es herrschte reger Betrieb, die Insekten flogen emsig ein und aus.

Handystrahlung mindestens 10'000-mal stärker

Der Versuch begann um 14:40 Uhr und dauerte 1:45 Stunden. Sobald das Handy strahlte und das Diktiergerät aufzeichnete verließen wir das Bienenhaus und machten im Freien etwa 2 Meter vom Ausflugschlitz entfernt eine Breitbandmessung: Der Messwert war mit 2 bis 5 mW/m² unerwartet hoch. Der etwa 800 Meter entfernte Mobilfunk-Standort konnte es nicht sein, blieb nur das Handy im Bienenkasten als Erklärung. Und die war richtig. Denn nachdem das Handy später abgeschaltet war, konnten wir nur noch 2 µW/m² messen (alles Peak-Werte). Die Bienen wurden durch das Handy bereits in 2 m Abstand etwa 1000-mal stärker befeldet als durch die normale Feldsituation vor Ort. Im Bienenstock dürfte die Befeldung infolge Handy mindestens 10'000-mal stärker als normal gewesen sein.

Nach 45 Minuten: Imker hört Veränderung im Summen!

Nach ca. 45 Minuten machte der Imker eine akustische Kontrolle, ob sich das Summen der Bienen gegenüber dem Startzeitpunkt verändert hätte. Ja, sagte er, die Bienen summen jetzt anders! Ich kann dies nicht bestätigen, für mich klang das Summen unverändert, aber ich bin auch kein Bienenfachmann.

Nach 1:03 Stunden stoppten wir die Befeldung und warteten, ob sich das Summen der Bienen innerhalb von 3 Minuten auf "normal" veränderte. Dies war weder vom Imker noch von mir akustisch zu beobachten, die Bienen summten unverändert weiter. Wir ließen deshalb das Diktiergerät bis 1:45 Stunden weiter laufen, um eine vielleicht verzögert einsetzende Reaktion mit zu bekommen.

Nach 1:45 Stunden bauten wir den Versuchsaufbau wieder ab, die Audiodatei der Aufzeichnung hat zu diesem Zeitpunkt rd. 25 MByte Umfang erreicht.

Signalauswertung deckt technischen k.o. auf

Zuhause angekommen war das erste die Analyse der Audiodatei. Doch schon der erste Blick auf die grafische Darstellung des Signalverlaufs zeigte, dass da etwas schief gelaufen sein muss (siehe Bild).

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Statt Bienensummen gab die Aufzeichnung nur ein unangenehmes lautes Geräusch wieder. Erst zu dem Zeitpunkt, als das Handy abgeschaltet wurde (etwa Bildmitte) kam das erwartete Summen zum Vorschein. Eine (zeitliche) Spreizung des unerwarteten Störgeräuschs ergab folgendes Bild:

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Die Frequenz des Störsignals beträgt 217 Hz! Damit ist klar: Das mit Maximalleistung sendende Handy hat durch Einstrahlung in das Diktiergerät dessen akustische Signalaufzeichnung völlig zum Erliegen gebracht. Diktiergerät und Handy waren etwa 40 cm voneinander entfernt, das ist deutlich weiter als bei Favre (allerdings war das externe Mikrofon dicht neben dem Handy und das Mikrofonkabel dürfte ungeschirmt sein).

Völlig gescheitert ist das Experiment wegen der Einstrahlung jedoch nicht. Denn gemäß Favre müsste sich innerhalb 3 Minuten nach Abschaltung der Emission das Bienenvolk beruhigen. Das obere der beiden Bilder aber zeigt, dass nach der Abschaltung das Summen nicht von einem hohen Pegel kommend einem Normalwert entgegen strebt, sondern praktisch konstant bleibt. Damit wird indirekt belegt, dass zuvor kein Worker-Piping stattgefunden haben kann und der Imker sich getäuscht hat.

Ich werde die Audiodatei umgehend vom Ballast der ersten Stunde befreien (wg. Dateigröße) und wer sie dann für eigene Analysen (z.B. Spektralauswertung) haben mag, der kann sie bei mir zur Lieferung per Mail anfordern.

Fazit: Trotz technischem k.o. wegen Einstrahlung hat der Pilotversuch keinen objektiven Hinweis auf Worker-Piping der Bienen infolge EMF-Einwirkung gezeigt. Erst im nachhinein haben wir auf Fotos vom Versuch allerdings einen Fehler im Versuchsaufbau entdeckt: Das Gitter am Boden des Bienenkastens war aus Metall (Bild unten, aufgenommen bei angehobenem Bienenkasten) und dürfte die beabsichtigte Einstrahlung in den darüberliegenden Kasten erheblich gedämpft haben! Im schummrigen Halbdunkel des Bienenhauses war dieses Metallgitter so nicht erkennbar gewesen wie auf dem geblitzten Foto.

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Blick von unten in den Bienenkasten: Gut zu erkennen sind die Rahmen mit den Bienenwaben. Das Gitter hindert die Bienen am unerwünschten Verlassen des Kastens (ins Innere des Bienenhauses), Parasiten wie die Verroamilben fallen durch das Gitter hindurch.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Störsignal, Bienensterben, Bienen, Test, CCD, Varroamilbe


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