Auch Scharlatane haben Rechte (Esoterik)

H. Lamarr @, München, Montag, 04.04.2016, 13:01 (vor 3142 Tagen) @ Gast

Hier ist kurz nachzulesen, was Dr. med. Banzhaf vor 130 Zuhörern (Angabe des Veranstalters) zu sagen hatte.

Wie praktisch: Ein kleiner Veranstaltungsbericht von Peter Hensinger, das Meiste davon vom Manuskript des Referenten abgeschrieben, und dann fix das neue Buch des Referenten bewerben. Alles was Recht ist: Die Hemmschwelle für Gefälligkeiten ist bei dem selbsternannten "Verbraucherverein" Diagnose-Funk geradezu unverschämt niedrig.

Was den fachlichen Teil der Veranstaltung angeht habe ich erhebliche Zweifel, ob das, was Dr. med. Banzhaf da vom Stapel gelassen hat, einer fachlichen Prüfung standhält. Die Situation ist altbekannt: Laien lauschen vermeintlichen Experten in weißen Kitteln und glauben, weil sie nichts wissen, jedes Wort. Dazu hat sich unlängst ein Journalist Gedanken gemacht:

Darf ein studierter Mediziner, der die Lizenz besitzt, den physischen Zustand von Menschen erheblich zu beeinflussen, Ansichten äußern, die der Naturwissenschaft krass widersprechen?

Im Grunde ist die Antwort einfach: Nein, er darf es nicht.

Der Paragraf 2 des Ärztegesetzes definiert: „Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfasst jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit.“ Paragraf 53 des Ärztegesetzes fordert: „Der Arzt hat sich jeder unsachlichen, unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten.“ Und eine Verordnung der Ärztekammer präzisiert, dass eine medizinische Information unsachlich ist, „wenn sie wissenschaftlichen Erkenntnissen oder medizinischen Erfahrungen widerspricht“.

Kurz: Ärzte sind dazu verpflichtet, ihre Äußerungen dem jeweiligen State of the Art unterzuordnen, also dem jüngsten Kenntnisstand ihrer Disziplin.

So schreibt das Alwin Schönberger in der österreichischen Zeitschrift Profil. Der Mann gefällt mir wegen seiner klaren Worte zu Scharlatanen.

Nur, ganz so leicht lassen sich Scharlatane leider nicht entschärfen, denn auch sie haben Rechte. Erstritten hat diese ein gewisser Dr. med. Hans-U. Hertel 1998 vor dem Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Hertel hatte öffentlich behauptet, in Mikrowellenherden zubereitete Nahrung sei gesundheitsschädlich. Dies wollten ihm die Hersteller von Mikrowellenherden verbieten, scheiterten jedoch letztinstanzlich am Recht auf Meinungsfreiheit: Das Gericht befand, auch wenn Hertels Einschätzung "eine Minderheitenmeinung ist und inhaltlich unberechtigt scheinen mag", darf er nicht daran gehindert werden, diese zu verbreiten.

Über das Urteil kann man nun empört sein oder auch nicht. Ich sehe es positiv, denn es bedeutet im Umkehrschluss, Scharlatane müssen damit leben, dass ihnen auf die Finger geschaut und über ihr Treiben berichtet wird. Wie wir wissen hat dies Wirkung: So schäumen die Granden der Vereine Diagnose-Funk und "Kompetenzinitiative" zuweilen, weil sie sich unter strenger Beobachtung durch uns sehen und regelmäßig sehen sie sich "diffamiert", weil ihnen das IZgMF gerne ihr Verhalten unter die Nase reibt.

Hintergrund
Verbrieftes Recht, öffentlich Stuss behaupten zu dürfen

[Admin: Editiert am 12.06.2016; Doppeldeutigkeit am Textende gelöscht]

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Scharlatanerie, Profil, Diagnose-Funk, Straßburg, Falschmeldung, Blendwerk, Frontmann, Irreführung, Kommerz, Scharlatane, Täsuchung, Promotion


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