KO-Ini tagte öffentlich in Würzburg: Divan et al. (2008) (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 25.04.2014, 10:48 (vor 3852 Tagen) @ KlaKla

... Kundi zitiert eine dänische Studie, die nachweist, dass Schwangere, die viel mit dem Handy telefoniert haben, viel häufiger emotional auffällige, verhaltensauffällige und hyperaktive Kinder haben, als die Frauen, die während der Schwangerschaft kaum das Handy nutzten. Aber all diese Forschungsergebnisse werden laut Kundi schön unter der Decke gehalten, da sie den Interessen der Mobilfunkindustrie zuwiderlaufen.

Wären die Ergebnisse schön unter der Decke gehalten, könnte man sie sich nicht in allen Details im EMF-Portal einsehen. Auch das BfS gab damals eine Stellungnahme ab und noch heute finden sich zum Suchbegriff "Divan et al. (2008)" 174 echte Treffer bei Google. Von "unter der Decke" gehalten kann also keine Rede sein.

In seinem Vortrag sagte Kundi: "Was Sie hier sehen ist, dass auf alle Problembereiche - emotionale Probleme, Hyperaktivität, Verhaltensprobleme, Probleme mit Gleichaltrigen, - dass überall in diesen Bereichen jene die exponiert waren, während der Schwangerschaft oder nach der Schwangerschaft durch das Telefonieren der Mutter eine höhere Rate an diesen Störungen besitzen." Nachhören lässt sich dies <hier> ab Minute 1:50.

Kundi weist noch darauf hin, dass die Autoren der Studie einschränken, ihr Resultat sei wahrscheinlich ein Artefakt (also ein falschpositives Resultat), was im Saal für Heiterkeit sorgte. Zuvor hatte Kundi Zweifel an der Integrität von Divans Ko-Autorin Leeka Kheifets geweckt. Dabei hat die Studie durchaus Schwächen (PDF, 2 Seiten, englisch). Ob es wegen dieser Schwächen klug war, dasselbe Autorenteam 2012 eine Replikation durchführen zu lassen, sei dahin gestellt. Tatsache ist jedenfalls, dass die Wiederholungsstudie zu den gleichen besorgniserregenden Resultaten kam wie die Originalstudie. Im Forum wurde darüber hier diskutiert.

Im EMF-Portal heißt es zu der Replikation: 30,5 % der Kinder der ursprünglichen Gruppe und 35,2 % der Kinder der neuen Gruppe benutzten ein Mobiltelefon im Alter von 7 Jahren, jedoch weniger als 1 % von ihnen mehr als 1 Stunde pro Woche. Es wurden keine Verhaltens-Probleme von etwa 93 % der Kinder berichtet, 3,3 % wurden als grenzwertig eingestuft, und 2,9 % der ursprünglichen Gruppe sowie 3,1 % der neuen Gruppe waren auffällig.

Dies relativiert die oben zitierte Passage aus Prof. Kundis Vortrag, die ich so verstanden hatte, dass alle exponierten Kinder verhaltensauffällig werden - und nicht "nur" rd. drei Prozent.

Gestörte Kinder infolge Mobilfunkeinwirkung wäre mit Sicherheit etwas, das Maßnahmen erfordert und bis zur Klärung Vorsorge beim Handygebrauch durch Kinder angeraten erscheinen lässt. Doch ganz so einfach ist es eben nicht, wie diese Chronik einer Studie zeigt, die 2012 zunächst die Resultate von Divan et al. zu stützen schien.

Kommentar: Laien mit Wissenschaft in Kontakt zu bringen ist mMn eine nicht ungefährliche Sache, denn Laien lassen sich leicht an der Nase herum führen und für Ziele instrumentalisieren, die sie nicht überblicken. Wenn dann noch, wie in Würzburg, ausschließlich Wissenschaftler zu Wort kommen, die ein reales Risiko Mobilfunk sehen und die sogenannte Kompetenzinitiative den Vortragsaal in Würzburg mit Laien aller Schattierungen füllte, dann kann das Ziel dieser Veranstaltung mMn nur eines gewesen sein: Dem Publikum eine wissenschaftlich gezuckerte Gehirnwäsche angedeihen zu lassen, auf dass es frisch alarmiert heimgekehrt, die in Würzburg getankten Gedanken in diesem unserem Lande mit Inbrunst verbreitet, damit besorgte Bürger bei den Profiteuren von der E-Smog-Angst Schlange stehen (aktuelles Beispiel für diesen Sumpf: Redakteur der 'Bayerische Staatszeitung' berichtet von der Würzburger Tagung, eine nahe Verwandte von ihm bietet Elektrosmog-Schutzprodukte an). Oder fällt einem irgendein ehrenwertes Ziel ein, das diese Zwitter-Veranstaltung mit Laien & Wissenschaftlern gehabt haben könnte?

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
EMF-Portal, Kinder, Kundi, Hyperaktivität, Panora, Divan, Schwangeren


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