Diagnose-Funk scheitert mit Mobilfunkkonzept in Stuttgart (Allgemein)
Zuerst dachte ich, ich hätte das 200'000 EUR teure "Mobilfunkvorsorgekonzept" für Stuttgart verschlafen. Tatsächlich ist es aber so, dass die sonst so geschwätzigen Nachrichtendienste der Mobilfunkgegner zu diesem Thema nichts zu sagen hatten. Vermutlich weil die Initiatoren des Konzepts im Falle einer Ablehnung nicht dumm dastehen wollten und vorhatten, die Anti-Mobilfunk-Szene nur mit einer Siegesmeldung zu beglücken. Soweit aber ist es nicht gekommen, denn das von den Grünen (im Auftrag von Diagnose-Funk) propagierte "Mobilfunkvorsorgekonzept" für Stuttgart fiel Ende 2013 bei den Haushaltsberatungen für die Jahre 2014/2015 durch.
Aber der Reihe nach.
Stuttgart bietet einen Bürgerdialog, in dem Bürger der Stadt Vorschläge machen können, was stadtpolitisch in Angriff genommen werden sollte. Über ein Abstimmungsprozedere können alle an diesem Bürgerdialog Beteiligte einen Vorschlag begrüßen oder ablehnen. Der Ergebnisbericht zum Stuttgarter Bürgerhaushalt 2013 macht deutlich, dass Stuttgart seine Bürger damit nicht nur ruhig stellen möchte: 252 der eingereichten 2943 Vorschläge fanden in den Haushaltsanträgen für 2014/2015 Berücksichtigung.
Am 27. Februar 2013 erreichte der Vorschlag für ein Mobilfunkvorsorgekonzept im Bürgerdialog immerhin den Platz 486 der Vorschläge. An der Begründung ist die typische Argumentation von Diagnose-Funk ersichtlich, zu versuchen, mit der Nennung möglichst schwergewichtiger Gesinnungsgenossen (Europarat etc.) Eindruck zu machen und die eigene Unwichtigkeit mit der Wichtigkeit anderer zu verdecken.
Am 1. März 2013 kam es zu dem dürren gleichlautenden Vorschlag: Ich möchte das ein Strahlenkatalog und ein Mobilfunkvorsorgekonzept erstellt wird. Wegen seiner Faulheit, eine Begründung beizusteuern, landete der Stichwortgeber auf Platz 2199.
Am 18. März 2013 erwärmte sich überraschend die Stuttgarter SPD für ein Mobilfunkvorsorgekonzept, das dem im Bürgerdialog vorgestellten Vorschlag verdächtig nahe kommt. In den SPD-Anträgen für den Haushalt 2014/2015 ist von einem Mobilfunkvorsorgekonzept hingegen keine Rede mehr.
Dann kehrte erst einmal Ruhe ein.
Am 23. Oktober 2013 waren es dann aber die Grünen, die unter dem Titel "Überfällig: Ein Mobilfunkkonzept für Stuttgart" den Antrag Nummer 33 (von 37 der Grünen) für den Haushaltsplan 2014/2015 der Schwabenmetropole in der Öffentlichkeit präsentierten. Müßig zu erwähnen, dass unverkennbar abermals der Vorschlag aus dem Bürgerdialog Pate gestanden hat. Neu ist die Nennung eines Betrags, die Grünen möchten für das Konzept gerne 200'000 EUR budgetiert sehen.
Von Peter Hensinger oder Diagnose-Funk ist bis dahin im www nichts zu hören und zu sehen, die Strippenzieher halten sich im Hintergrund, Mobilfunkgegner haben in der großen Stuttgarter Politik nicht den besten Ruf. Auch bei den vorbereitenden Aktionen, wie diesem Faltblatt aus dem Jahr 2010, ist die Mitwirkung der üblichen Verdächtigen nur an der stereotypen Argumentation erkennbar, sie selbst treten nicht in Erscheinung.
Danach wird es wieder still, diesmal dauert die Pause bis zum Februar 2014.
Und gäbe es diesen Bericht des Schwäbischen Tagblatts nicht, das Stuttgarter Mobilfunkvorsorgekonzept von Diagnose-Funk wäre zu Grabe getragen worden, ohne dass jemand groß Notiz davon genommen hätte.
So aber kann man sich nun irritiert fragen, wo denn der "offene Brief" abgeblieben ist, mit dem Peter Hensinger Oberbürgermeister Fritz Kuhn und Stuttgarts Stadträten drohte: "Wir werden dieses Verhalten zum Thema im Gemeinderatswahlkampf machen. Insbesondere, dass sich dasselbe Spiel wiederholt: Bürgerinitiativen und Bezirksbeiräte werden nicht ernst genommen, der Bürgerwille nicht respektiert."
Ich konnte diesen offenen Brief nirgendwo mehr finden, nicht mal auf Herrn Hensingers der-mast-muss-weg-Website. Auch Diagnose-Funk, sonst um keine Belanglosigkeit verlegen, wenn es ums Dramatisieren in der Mobilfunkfrage geht (jüngstes Beispiel), will von einem Stuttgarter Mobilfunkkonzept nichts gewusst haben. Das ist schon befremdlich, immerhin ist Stuttgart Sitz des Vereins.
Fazit: Der Vorfall mit dem nahezu unsichtbaren Scheitern von Diagnose-Funk in Stuttgart macht die Informationspolitik dieses Vereins ein Stück weit transparent. Ist ein Erfolg nicht garantiert, werden andere vor geschickt, um in der Öffentlichkeit brenzlige Forderungen zu stellen. Im Falle einer Niederlage trifft es allein die anderen, im konkreten Fall die Stuttgarter Grünen, Diagnose-Funk kann die Pleite diskret unter den Tisch fallen lassen. Was hingegen im Falle eines Sieges passieren würde lässt sich an den fünf Fingern abzählen. Nein, auch mit dieser Trittbrettfahrt-Philosophie wird mir der Verein nicht sympathischer.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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