Freiburger Appell 2.0 = Internationaler Ärzteappell 2012 (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 06.10.2012, 10:35 (vor 4418 Tagen)

Die sogenannte Kompetenzinitiative versucht eine Neuauflage des Freiburger Appells (PDF) aus dem Jahr 2002.

Doch die große Zeit der Ärzteappelle liegt schon etliche Jahre zurück und auch die jetzt vorgebrachten Argumente wirken abgedroschen, kraftlos, sie lassen sich vor allem nur mit Behauptungen belegen, Fakten fehlen, die Forderungen klingen hilflos. Wieder werden die fleißigen Helferlein der Szene losgeschickt, um Unterschriften zu sammeln. Und wieder wird es ein Durcheinander geben, wenn sie bei Markttagen Infostände aufbauen, um auf Tapeziertischen Unterschriftenlisten auszulegen. Denn wie in der Anti-Mobilfunkszene leider üblich, ist auch dieser neue Ärzteappell widersprüchlich, es lässt sich nicht ausmachen, ob er sich nun an die Bevölkerung richtet oder an Ärzte. Möglicherweise steckt da sogar Absicht dahinter, um später mehr Zuspruch vorzeigen zu können.

Unklare Urheberschaft
Sauber ist dies nicht, denn ein "richtiger" Appell wird normalerweise von einer (kleinen) Gruppe vorgetragen, deren Mitglieder sich namentlich dazu bekennen. In dem PDF bekennt sich jedoch lediglich eine anonyme Gruppe zu dem Aufruf, von der zuvor noch nie etwas zu hören war: "Die Ärzte der Kompetenzinitiative". Wer dahinter steht bleibt unklar, erst beim Blick auf die Website des Appells wird klar, es ist ein alter Bekannter in neuem Mantel: Dr. med. Markus Kern. Er ist inzwischen einer der wenigen übrig gebliebenen Ärzte, der sich mit mehr oder weniger merkwürdigen Aktionen am Thema Elektrosmog abarbeitet. Zuletzt war es die Idee, einen Notfallausweis für (überzeugte) "Elektrosensible" einzuführen. Geworden ist daraus - nichts. Dr. Kern gehört zu einer Gruppe von Alternativmediziner, die in Brasilien aufwändig eine "Funklochklinik" für Privatpatienten betreibt. Der Mediziner steht damit in einem Interessenkonflikt, denn er und seine Kollegen profitieren davon, wenn die Angst von Funkwellen weiter um sich greift und Menschen krank macht. Ein typisches Beispiel dafür ist der Fall Semmelweis (Pseudonym). Dazu passt nahtlos: Dr. Kern ist Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie.

Doch auch dem neuen Appell ist allen Unkenrufen zum Trotz ein Erfolg garantiert. Das schaffen die Initiatoren mit einem kleinen Trick, der schon dem Original-Freiburger-Appell geholfen hat: Es fehlt ein Enddatum fürs "Mitmachen", der Appell kann deshalb so lange laufen, wie es den Initiatoren gefällt, notfalls bis zum Sankt-Nimmerleinstag.

In der Unterschriftenliste wird nach der Faxnummer/E-Mail-Adresse gefragt. Da jeder Datenschutzvermerk fehlt und die kommerziellen Interessen in der Mobilfunkgegnerszene nicht zu übersehen sind, halte ich diese Abfrage für grenzwertig.

Die Zeiten haben sich geändert
Ob die Kopie des Appells den "Erfolg" des Originals wiederholen kann? Ich meine, nein. Denn die Mobilfunkgegnerei hat ihre Blütezeit 2004 längst hinter sich und die Menschen wissen heute aus inzwischen 20 Jahren Erfahrung mit digitalem Mobilfunk besser, dass den Behauptungen von Mobilfunkgegnern über angebliche biologisch unerwünschte Nebenwirkungen die Substanz fehlt. Und nicht zuletzt haben Studien gezeigt, dass Ärzte über die Wirkung von Funkfeldern in der Regel kaum besser besser informiert sind als ihre Patienten.

Studie belegt, dem Freiburger Appell fehlt die Existenzgrundlage
Das einzig Innovative an diesem Ärzteappell 2012 ist die Idee, es zehn Jahre nach dem Original noch einmal zu versuchen. Doch fällt es schwer, diese Idee zu begrüßen, wenn man weiß, dass die Unterschriften des Originals wie sauer Bier unter den Veranstaltern hin und her geschoben wurden, bis sich schließlich jemand fand, der sie an der Pforte der WHO in Genf abgab. Und dort lagern sie nun im Keller. Schlimm ist das nicht, denn wie sich in einer Studie gezeigt hat, lassen sich die im Appell formulierten Behauptungen von einer Zunahme bestimmter Krankheiten nach Einführung des Mobilfunks mit konkreten Zahlen nicht bestätigen, der beobachtete angebliche Anstieg der Fallzahlen, er war nur ein gefühlter.

Hintergrund
Kritische Stellungnahme zum Freiburger Appell von Thomas Eikmann und Caroline Herr
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Viele Mediziner können Statistiken nicht richtig lesen
Jetzt schnüffeln die Ärzte der sogenannten Kompetenzinitiative

[Admin: 7.12.12/02.07.14 - Hintergrundlinks ergänzt]

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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