Wie Mobilfunkgegner mit Erwin Schliephake Ängste schüren (VII) (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 06.01.2022, 23:06 (vor 1032 Tagen) @ H. Lamarr

2005 – Dr. rer. nat. Ulrich Warnke
Als sich seine berufliche Laufbahn an der Universität des Saarlandes dem Ende zuneigte, trat Warnke am 29. Januar 2005 auf dem ersten und letzten Bamberger Ärzte-Mobilfunk-Symposium auf. Im Tagungsband des Symposiums kommt auch Warnke auf Schliephake zurück und zitiert, was zwei fantasievolle Autoren über dessen Forschung zu berichten wissen (die Abweichungen vom Original Schliephakes – siehe Startposting – sind wieder rot formatiert):

Wir waren im wissenschaftlichen Konsens
früher bereits weiter fortgeschritten als heute

Schon sehr lange ist in der Wissenschaft das „Mikrowellensyndrom der Funkfrequenzkrankheit“ eine medizinische Realität. (z.B. auch Schliephake 1932, 1952, Horn et al 1934, Dänzer et al 1938). Zu den Hauptsymptomen, die bereits vor 1932 veröffentlicht wurden, zählen:

1. Asthenische- oder Erschöpfungssyndrom: Müdigkeit, Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Übel-
keit, Appetitlosigkeit,
2. Dystonische kardiovaskuläre Syndrom: Herzrhythmus-Störungen und arterielle Blutdruck-
störungen;
3. Dienzephalische Syndrom: Ermüdung, Schlaflosigkeit, Störungen der Sinne.

Zitat aus Assmann S. (1963):
„So hat E. Schliephake festgestellt, dass sich bei Menschen, die eine Zeitlang in der Nähe von Ultrakurzwellensendern geweilt hatten, ähnlich nervöse Erscheinungen einstellten, wie sie vom Neurastheniker her bekannt sind: starke Benommenheit und Mattigkeit am Tage und unruhiger, mit ausgesprochen Angst- und Schreckzuständen verbundener Schlaf in der Nacht. Dazu kommt oft ein eigenartig ziehendes Gefühl in der Stirn- und Kopfhaut, häufig Kopfschmerzen, die sich zur Unerträglichkeit steigern können, ferner Neigung zu depressiver Stimmung, Aufgeregtheit und Streitsucht. Bei längerem Aufenthalt zeigen sich Trägheit und Entschlussunfähigkeit.

Zitat aus Reiter, R. (1960):
„Von Schliephake (1931 und 1952), vergl. auch Koelsch (1954), wurde mitgeteilt, dass bei anfälligen Personen Symptome einer typischen vegetativen Störung (wie Kopfschmerz, Übelkeit, Schlafstörung, Depressionen) auftreten, wenn sie sich längere zeit in der Nähe elektrisch schlecht abgeschirmter Sender aufhalten. Ähnliche Erscheinungen sind auch bei der Diathermie als „Kurzwellenkater“ bekannt geworden.“
[...]

Warum Warnke nicht Schliephake selbst zitiert, sondern nur zwei verfälschende Sekundärquellen aus den 1960er Jahren, bleibt das Geheimnis des akademischen Oberrats. Als Wissenschaftler an einer deutschen Universität hätte er alle Möglichkeiten zur Hand gehabt, Schliephakes Originalarbeit einzusehen. Und was Assmann beschreibt ist mMn nicht die "Funkfrequenzkrankheit", sondern die weitaus häufigere und gefährlichere "Managerkrankheit": Trägheit und Entschlussunfähigkeit :-).

2005 stand Warnke fünf Jahre vor seiner Pensionierung und war mutmaßlich ein mit elektrotechnischen Vorgängen vertrauter Wissenschaftler. Aus meiner Sicht ist es deshalb unverständlich, warum er im Zitat von Reiter die fragwürdige Passage "in der Nähe elektrisch schlecht abgeschirmter Sender" unkommentiert ließ. Unter einem Sender wird landläufig ein HF-Generator + HF-Endstufe + Antenne verstanden, eine Schirmung dieser Apparatur wäre mVn widersinnig. Wahrscheinlich meinte Reiter die HF-Endstufe.

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Warnke, Desinformation, Depression, Schliephake, Qualitätsmerkmal


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