Wie ein Pharmahersteller den Gabriel-Chip vermarktet (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 29.07.2018, 17:00 (vor 2296 Tagen) @ H. Lamarr

Die Studie wurde von der Stiftung für Gesundheit und Umwelt (SfGU), Berlingen (Schweiz) in Auftrag gegeben ...

Eine Stiftung, das klingt schon mal gut. Eine Stiftung für "Gesundheit und Umwelt" klingt noch besser, fast schon nach dem legendären Albert Schweizer, dem Inbegriff tatkräftig helfender Selbstlosigkeit.

Doch so edel ist die SfGU nicht, sie ist lediglich ein von den Inhabern der Hepart AG, Kreuzlingen, gegründetes Marketingvehikel. In der Eigendarstellung sieht sich die Hepart Group als der "Schweizer Spezialist für individuelle Gesundheitskonzepte rund um orthomolekulare, Ernährungs- und Präventivmedizin". An anderer Stelle der Website heißt es "Die Hepart AG ist der Schweizer Spezialist rund um individualisierte Orthomolekular- und Komplementärmedizin". Profan gesagt: Hepart verkauft Produkte und Dienstleistungen der Alternativmedizin. Geschäftsführer und (Mit-)Inhaber der Firma ist Andreas Hefel, weitere Informationen über Hepart z.B. auf Kompass.

So weit so gut.

Die SfGU wiederum wurde im April 1989 von der Familie Walter und Margrit Hefel-Lehmann ins Leben gerufen, der Stiftungsrat ist heute fest in der Hand von Andreas Hefel und anderer Mitglieder der Familie, deren "wissenschaftlicher Beirat" gegenwärtig die Allgemeinärztin und Naturheilkundlerin Dr. med. Padia Rasch ist.

Kurz: Die SfGU bildet die Firewall zwischen der Hepart AG und Ärzten, Therapeuten, Apotheker und Drogisten, denen die Stiftung z.B. auf kostenpflichtigen Tagesseminaren das Programm von Hepart näher bringt. Clever! Dieses durchtriebene Geschäftsmodell bringt es offensichtlich fertig, den Kunden auch noch die Eigenwerbung in Rechnung zu stellen. In der Anti-Mobilfunk-Szene schaffte dies bislang allein der "unabhängige Standortplaner" Ferdinand Eisenreich (Pseudonym).

Doch damit ist der Gipfel der Cleverness noch nicht erreicht, denn noch fehlt das Bindeglied zu Gabriel-Tech, dem Anbieter der berühmt-berüchtigten "Schutzaufkleber", die Handys von schädlichem Elektrosmog befreien sollen. Vor der spektakulären Auflösung dieses Rätsels noch ein kleiner Ausflug zurück zu "Kompass". Dort heißt es über die Ziele der Firma Hepart unter anderem:

Die Gesellschaft kann Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften im In- und Ausland errichten und sich an anderen Unternehmen im In- und Ausland beteiligen sowie alle Geschäfte tätigen, die direkt oder indirekt mit ihrem Zweck in Zusammenhang stehen.

Womit wir beim Finale angekommen sind, denn Andreas Hefel ist auch Geschäftsführer der Gabriel-Tech Swiss GmbH mit Sitz in Zürich. Gesellschafter der GmbH sind zu gleichen Teilen die Gabriel-Tech GmbH, Kelkheim (Taunus, Deutschland) und die Wheli Inter AG, Kreuzlingen (Schweiz), bei der Andre(a)s Hefel im Verwaltungsrat sitzt. Wheli ist allem Anschein nach eine Briefkastenfirma, ihre Geschäftsadresse ist mit der der Hepart AG identisch. Weitere Details über den Gabriel-Chip, seinen Erfinder und die Vermarkter weiß Psiram.

Zusammenfassung
Ein TV-Bericht des bekannten Wissenschaftssenders RTL vom 28. Oktober 2017 erigierte die Anti-Mobilfunk-Szene merklich, denn zwei Sportwissenschaftler (Uni Mainz) meldeten, Funk im Auto täte dem Fahrzeuglenker nicht gut, die Wellen würden das Hirn beinflussen. Rein zufällig tauchen in dem Film ein Mitarbeiter und die Geschäftsräume der Firma Gabriel-Tech auf.

Ein paar Monate später: Die beiden Sportwissenschaftler veröffentlichen eine Studie, in der sie bekunden, Handys mit aufgeklebtem Gabriel-Chip würden Hirne weniger beinflussen als Handys ohne diesen Chip.

Auftraggeber der Studie ist die Stiftung für Gesundheit und Umwelt (SfGU), Schweiz, in der Andreas Hefel Stiftungsrat ist. Zugleich ist Hefel Geschäftsführer des Pharmaherstellers Hepart und der Gabriel-Tech Swiss GmbH.

Kommentar: Aus meiner Sicht ist die Indizienkette schlüssig genug, um sagen zu dürfen: Hinter alledem, bis hin zu dem TV-Beitrag auf RTL, steckt der schweizerische Pharmahersteller Hepart. Diesem geht es in Person des dominanten Firmeninhabers Andreas Hefel (noch) nicht darum, selbst zusammen gemischte Pülverchen gegen Elektrosmog salonfähig zu machen, sondern das Geschäft mit den Chips der Beteiligungsfirma Gabriel-Tech in Schwung zu bringen, etwa, indem man eine Dr. med. Jutta Frenkel (Geophysikalische Forschungs-Gruppe e.V. Bad Honn) im Hepart-Kundenmagazin eine Lobeshymne auf den Chip singen lässt.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Schweiz, Stiftung, Gabriel-Tech, Gabriel-Chip, Scheler, Kooperationspartner, Bodensee, Kreuzlingen, Henz, Schöllhorn, Hepart, Rasch, Hefel, SfGU


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