Hardell: Gehirntumorrisiko durch Handys/schnurlose Telefone (Forschung)

Doris @, Freitag, 26.06.2009, 11:15 (vor 5616 Tagen)

In diesem Beitrag wurde das Thema des erhöhten Gehirntumorrisikos bei Menschen, die in jungen Jahren anfangen zu telefonieren, diskutiert.
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Mittlerweile steht die Studie von Hardell der Öffentlichkeit zur Verfügung und zwar als Volltext und auch im EMF-Portal, sehr ausführlich und schön von Frau Dechent ausgearbeitet.

Ziel der Studie (lt. Autor)
Es wurde eine gepoolte Analyse zweier früherer Fall-Kontroll-Studien zur Nutzung von Mobiltelefonen und Schnurlostelefonen und dem Risiko für bösartigen Hirntumor in Schweden durchgeführt. Außerdem wurden die Inzidenzraten von Hirntumor für den Zeitraum 1970 und 2007 auf der Basis des schwedischen Krebsregisters analysiert.
Hintergrund/weitere Details:
Die erste Fall-Kontroll-Studie über den Zeitraum 1997-2000 wurde in den Publikationen 9520 und 9895 veröffentlicht, die zweite Studie über den Zeitraum 2000-2003 in den Publikationen 12068 und 12259. Eine gepoolte Analyse zu bösartigen Tumoren wurde in der Publikation 13689 und zu gutartigen Tumoren in der Publikation 13049 veröffentlicht.
Mobiltelefon-Nutzung wurde als ipsilateral (≥ 50 % der Gesprächszeit) oder kontralateral (< 50 %) definiert, bezogen auf die Seite, an der der Tumor auftreten war.

Ergebnisse/Schlussfolgerung (lt. Autor)
Es wurde ein Zusammenhang zwischen der Nutzung von Mobiltelefonen sowie Schnurlostelefonen und Astrozytom sowie Akustikusneurinom gefunden. Ein erhöhtes Risiko wurde vor allem bei Personen beobachtet, die vor dem Alter von 20 Jahren mit der Mobiltelefon-Nutzung begannen, dies basiert allerdings auf geringen Fallzahlen. Es wurde kein Zusammenhang zwischen Mobiltelefon- oder Schnurlostelefon-Nutzung und Meningiom sowie anderen Hirntumor-Arten beobachtet. Die Analyse der Daten des schwedischen Krebsregisters wies eine ansteigende Inzidenz für Astrozytom zwischen den Jahren 2000 und 2007 auf. Eine abnehmende Inzidenzrate wurde für Akustikusneurinom für denselben Zeitraum beobachtet.


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Kommentar:
Einfacher wird die Diskussion dadurch auch nicht. Was mir nicht klar ist, (ich habe auch noch nicht danach gesucht, ob es in Erfahrung zu bringen ist), welche Latenzzeit die Schweden für ihre Erkenntnisse zugrunde legen. Wenn die Erhöhung der Gehirntumore zwischen den Jahren 2000 und 2007 liegt, dann muss der Beginn des Telefonierens Anfang der 90er liegen, denn einig sind sich doch alle weltweit, dass unter 10 Jahren Telefonieren das Risiko nicht erhöht ist. Aber die Fallzahlen sind auch sehr gering, wird geschrieben. Für meine Begriffe kann diese Studie höchstens ein schwacher Hinweis sein, der im Rückblick vielleicht als erster deutlicher Hinweis gesehen werden kann. Denn dass die Zahl der Gehirntumore seit etlichen Jahren im Ansteigen sind, das ist bekannt, ob Handytelefonieren (mit) dafür verantwortlich ist, dazu hat sich Katja Radon in einem Artikel der SZ schon mal geäußert (Artikel steht nicht mehr zur Verfügung)Von LL Morgan gibt es eine Hochrechnung, welche Gesundheitskosten entstehen würde, wenn sich der Verdacht der Gehirntumore bestätigen würde (dazu stelle ich irgendwann noch was ein). Er legt eine Latenzzeit von bis zu 30 Jahren zugrunde.

Tags:
EMF-Portal, Hardell, Hirntumor, Akustikusneurinome

Hardell: Rätselhafter Einfluss alter Analog-Handys

H. Lamarr @, München, Sonntag, 28.06.2009, 11:59 (vor 5614 Tagen) @ Doris

Wenn die Erhöhung der Gehirntumore zwischen den Jahren 2000 und 2007 liegt, dann muss der Beginn des Telefonierens Anfang der 90er liegen, denn einig sind sich doch alle weltweit, dass unter 10 Jahren Telefonieren das Risiko nicht erhöht ist. Aber die Fallzahlen sind auch sehr gering, wird geschrieben.

Skandinavien spielt insofern eine Sonderrolle, da dort der analoge Mobilfunk schon seit Anfang der 80er weiter verbreitet war als in anderen Ländern. Was das heißt? Analoge Mobilfunknetze (NMT 450/900) hatten keine kleinzellige Struktur, sondern waren in großflächige Funkzonen eingeteilt, genau richtig, um die skandinavischen Flächenstaaten mit ihrer dünnen Besiedelung zu versorgen. Das war von der Infrastruktur her weit günstiger (es reichten wenige Sender) und weil die Endgeräte relativ teuer waren, störte es Anfangs nicht, dass wegen begrenzter Kapazität die Anzahl der Teilnehmer begrenzt war. Für Endgerätenutzer hatte dies allerdings den Nachteil, dass die damaligen Handys große Distanzen überbrücken mussten und deshalb mit weitaus höherer Sendeleistung arbeiteten als heutige Handys (ich meine es waren bis zu 15 Watt). Die typische Pulsung zellularer Handys trat dabei jedoch nicht auf, da die Pulsung jedoch nur von Sendemastengegnern so extrem bedeutsam gesehen wird, scheint mir das den Effekt der hohen Sendeleistung nicht kompensieren zu können. Zu klären wäre in diesem Zusammenhang noch die Bauform solcher alten Handys, waren das Handgeräte, zwar noch klobig aber eben doch schon am Kopf, oder waren das kleine Koffer inkl. Antenne und mit einem Telefonhörer an einer Schnur (hier hatten wir das Thema schon mal am Wickel).

[image]

So, was will ich damit sagen? Es ist nicht auszuschließen, dass die beobachteten Tumorfälle bei Handy-Langzeitnutzung speziell im skandinavischen Raum auf die leistungsstarken alten Analoghandys zurückzuführen sind. Weil die Verbreitung dieser Geräte jedoch viel geringer ausfiel als die moderner Handys, dürfte sich dieser Effekt - wenn die vermutete Ursache (Analogtechnik) zutreffend ist - vielleicht noch ein paar Jahre mit steigenden Fallzahlen auf niedrigem Niveau fortsetzen. Dann aber müssten die Fallzahlen zurückgehen, weil in den 90ern die Analogtechnik eben sehr rasch von den zellularen Handys mit ihrer geringen Sendeleistung verdrängt wurden.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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