Ein Brief und was er sagen will ▼ (Allgemein)

AnKa, Montag, 02.07.2007, 08:13 (vor 6258 Tagen)

Ein Brief und was er sagen will. - Eine Textanalyse.

"Liebe Schall´s"

Sympathische Eröffnung. Die Frage, ob die mit "Deppen-Apostroph" angesprochenen "Schall's" dem gutmeinenden Schreiber wirklich so "lieb" sind, wie er vorgibt, relativiert sich jedoch beim Weiterlesen. Dies als Vorbemerkung.

"es häufen sich immer mehr die Beschwerden über Euer Forum."

Diese Aussage ist unscharf. Der Schreiber nennt die Aussagenden nicht, auf die er sich bezieht. Beschwerden scheinen sich einfach so zu "häufen" , scheinen also praktisch vom Himmel zu fallen. Unser gutmeinender Schreiber will auch gar nicht erst Verantwortung übernehmen für diesen Vorgang:

"Ich selber halte mich da bisher raus"

Man könnte über dem Paradox verweilen, warum unser gutmeinender Schreiber behauptet, sich herauszuhalten, obwohl er sich doch gerade nicht heraushält und ein Schreiben an die "lieben Schall's" sendet. Doch in dem beiläufigen Temporaladverb "bisher" kann man eine sanfte Drohung erkennen, die wohl die eigentliche Zweckbestimmung dieses Sätzchens ist: Ja, "bisher" hält er sich raus, aber was mag demnächst kommen? Insofern entlarvt sich die Behauptung unseres gutmeinenden Schreibers, er "halte sich da raus", als Lüge. Er ist im Gegenteil mit Interesse bei der Sache.

"immer mehr Mitstreiter warnen in Ihren Rundmails davor Eure Seite weiter zu empfehlen."

Unser gutmeinender Schreiber vermittelt seinen "lieben Schall's" also, dass gegen sie eine Kampagne läuft. "Immer mehr Mitstreiter warnen in ihren Rundmails davor Eure Seite weiter zu empfehlen" bedeutet: Es hat bereits angefangen. Und wer eine "Warnung" erhebt, der wird nicht selten auch: drohen. Sonst wirkt die Warnung nicht. Doch dazu später.

"einzig und allein das Forum, über die sonst gut recherchierten Artikel spricht kaum mehr einer."

Ein Forum ist ein offen zugänglicher Raum, in den Meinungen, Gedanken und Erfahrungen eingebracht werden und zueinander in Beziehung kommen. Der Vorschlag, ein Forum zu schliessen, bedeutet also, diese Möglichkeiten zu versperren.

Und: Viele Webseiten haben Foren.

Zum Beispiel betreiben populäre Magazine wie der FOCUS, oder auch Tageszeitungen wie die TAZ, oder auch viele Internet-Fachmagazine ihre eigenen Foren und/oder Blogs. Viele Gesundheits-, Motorradfahrer-, Elektronik- und Hobbygärtner-Webseiten betreiben Foren. Dazu Interessensgruppen wie etwa die GIGAHERZ-Kollegen. Niemand käme auf die Idee, den Vorwurf zu erheben, dass Foren die eigentliche Homepage in Verruf bringen. Auf die irre Idee, vom SPIEGEL die Schließung seines Forums zu fordern, wäre man wohl nur in der DDR gekommen.

"über die sonst gut recherchierten Artikel spricht kaum mehr einer"

Es sei bereits so weit, will unser gutmeinender Schreiber sagen. Die IZGMF-Seite nehme bereits Schaden an ihrem eigenen Forum. Schuld daran sei angeblich die Tatsache, dass ein Forum von Menschen benutzt wird, die, wie unter freien Menschen üblich, eigene Meinungen erzeugen:

"Bitte bedenkt was manch ein Störenfried mit seinen Bemerkungen, für ein negatives Bild auf die ganze Internetseite und Eure wertvolle Arbeit zieht."

Abgesehen davon, dass man sich den "Frieden" recht gut ausmalen kann, der herrscht, wenn "manch ein Störenfried" beseitigt wäre (ein solcher "Friede" wäre durch Langeweile, Einfallslosigkeit und gegenseitiges müdes Aufmuntern gekennzeichnet, woran sogar schon ganze Staaten und zum Beispiel auch das GIGAHERZ-Forum geistig bankrott gegangen sind), lässt sich in dieser Schlussfolgerung die eigentliche Absicht erkennen, die unseren gutmeinenden Schreiber bewegt. Bei GIGAHERZ, so meint er wohl, habe man es richtig gemacht. Dort würden "Störenfriede" ausgesperrt. Ein so bereinigtes Forum verdient dann allerdings nicht mehr die Bezeichnung "Forum", die sich nämlich aus antiker demokratischer Tradition herleitet.
Ein meinungsgestutztes "Forum" dient bloß noch der Dekoration der Webseite. Hinter der Intention unseres gutmeinenden Schreibers verbirgt sich also ein anmaßender, verächtlicher Blick auf die Teilnehmer. Die Teilnehmer sollen zu "Mitstreitern" degradiert werden, zu nützlichen Idioten, die sich im Übrigen allesamt eifrig an der "unser-Forum-muss-sauber-bleiben"- Kampagne beteiligen und "Störenfriede" identifizieren helfen.

"immer mehr Mitstreiter warnen in Ihren Rundmails davor Eure Seite weiter zu empfehlen"
"stellt sich für mich die Frage, ob der Preis nicht zu hoch ist und es an der Zeit ist es zu schließen"

Der Vorschlag, besser, die Aufforderung an die "lieben Schall's" lautet also: Wenn die "lieben Schall's" das Wohlwollen von "Mitstreitern", die in Rundmails vor der IZGMF-Seite "warnen", wiedergewinnen wollen, dann sollen sie ihr Forum schließen. Man darf folgern: Wenn nicht, dann geht die Kampagne eben weiter. Denn von einer Kampagne darf man wohl reden, wenn "Mitstreiter" in ihren periodisch erscheinenden Rundmails vor dem Gebrauch der IZGMF-Seite "warnen", sprich: über sie herziehen. Wer solche "Mitstreiter" am Bein hat, der muss wahrlich nicht lange nach Feinden suchen.

Fazit: Dieses Schreiben an die "lieben Schall's" verrät die Abwesenheit jeglichen Rückgrates gegenüber einem Grundwert wie dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Es ist ein vergiftetes Schreiben, und es bestätigt auf eindrucksvolle Weise, in welchem Maß antidemokratische Geister innerhalb der mobilfunkkritischen Bewegung unterwegs sind.

Ich kenne den politischen Hintergrund der Schalls nicht so genau, es war von Engagement für die ÖDP die Rede. Da gehe ich davon aus, dass eine Grundeinstellung vorhanden ist, die demokratisch motiviert ist. Was den "lieben Schall's" hier vorgeschlagen wird, ist die Aufforderung zur Abgrenzung gegenüber Zweifel, anderen Gedanken, gegenüber Reflexion. Letztlich also geistige Kapitulation. Wenn die "lieben Schall's" dem folgen, wird ihnen dies allerdings keinerlei Respektgewinn bei ihren einschlägig mit warnenden Rundbriefen tätigen "Mitstreitern" einbringen. Die würden das vielmehr als Erfolg verbuchen in ihren Bemühungen, Abtrünnige wieder ins Geschirr zu zwingen. Und die Mitteilung, dass das IZGMF sein Forum geschlossen habe, würde wie eine Trophäe herumgereicht werden. Fundamentalisten sind keine freundlichen Leute.

Troll-Wiese: http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?mode=entry&id=14262

Tags:
Warnung, Meinung, Zweifel, Totalitär, Methode, Demokratie, Analyse, Einflussnahme, Umfrage, Fanatiker, Rundbrief, Brief, Personenhetze, Diskreditierung, Störenfried, Mitstreiter, Sumpf, nützliche Idioten


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