Aschaffenburg: mit 16:0 gegen Funkmast in Schweinheim (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 25.06.2013, 22:59 (vor 4102 Tagen)

Auszug aus Main-Netz:

Der Vorgang ist bisher einmalig: Einstimmig hat der Umwelt- und Verwaltungssenat des Stadtrats am Mittwoch einen Mobilfunkmast im Wohngebiet auf der Schweinheimer Höhe abgelehnt. Vor der Sitzung hatte die Bürgerinitiative gegen den Mast auf dem Haus Schweinheimer Straße 77 eine Liste mit Unterschriften von 386 Anwohnern an Oberbürgermeister Klaus Herzog überreicht.

Kommentar: Tja, was mag der Autor dieses Beitrags wohl mit "einmalig" gemeint haben: einmalig toll - oder einmalig zum Fremdschämen? Der Bericht nennt nur einige Namen von Mitgliedern des Umwelt- und Verwaltungssenats so dass der Eindruck entsteht, es seinen nur ein paar wenige gewesen, die hier kollektiv mit Nein den Funkmasten vorerst abgelehnt haben (vorerst, denn es droht ein Gerichtsverfahren). Doch es sind insgesamt 16 Politikerinnen und Politiker aller Fraktionen gewesen.

Wie kann so etwas passieren? Wie kann es sein, dass kein einziger Stadtrat dieses Ausschusses in Aschaffenburg einen Funken Kompetenz in Sachfragen zum Mobilfunk erkennen lässt? Wie kann es sein, dass in diesem dicht besiedelten Gebiet schon 386 Unterschriften ausreichen, um eine gut begründbare Vernunftsentscheidungen zu blockieren und ohne Not ein Prozessrisiko einzugehen?

Die Argumente der Bürgerinitiative können es mMn nicht gewesen sein, denn die sind erfahrungsgemäß die gleichen, die schon vor zehn Jahren wirkungslos waren. Was aber ist es dann, das die 16 Stadträte in Aschaffenburg über alle Parteigrenzen hinweg eint? Etwa die "Aufklärungsarbeit" des örtlichen Vereins AB jetzt RICHTIG mobil e.V.? Eher nicht, denn dieser Verein hatte kürzlich keine Hemmungen, mit Dr. med. Mutter einen Referenten aufzubieten, der sich auch im esoterischen Milieu der Geistheiler bewegt. Nein, das wäre wirklich zu dumm, ich gehe davon aus, dass dies hier der Grund für das Wahlgeschenk der 16 an ihre aufgehetzten Bürger ist.

Ich könnte mir vorstellen, die Deutsche Funkturm lässt sich dieses Wahlgeschenk zu ihren Lasten nicht gefallen und es kommt wie so oft zu einer ziemlich sinnlosen und ziemlich teuren gerichtlichen Auseinandersetzung, deren Gewinner heute schon fest stehen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Politik, Franken, Wahlkampf, Aschaffenburg

Aschaffenburg: Eil-Antrag auf Durchführung einer Modellstudie

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 26.06.2013, 09:45 (vor 4101 Tagen) @ H. Lamarr

Eine "skandalöse Missachtung von Grundsätzen der Anlage von Mobilfunk-Antennen/Masten" sahen Aschaffenburger Mobilfunkgegner und stellten bei BfS-Präsident König einen "Eil-Antrag auf Durchführung einer Modellstudie". Stein des Anstoßes war eine "einmalige Konzentration von 19 Mobilfunk-Antennen/Masten auf dem Dach eines einzigen Gebäudes und deren Auswirkungen auf engstem Wohngebiet, insbesondere auf 1015 Kindern (davon ca.90 in Behindertenschule) in Aschaffenburg-Schweinheim, Schweinheim Str. 117."

Die gute alte Volksseele. So kochte sie am 29.08.2005.

"Gegen diesen Mobilfunk-Standort auf dem Dach der Brauerei Schwind-Bräu, Schweinheimer Str. 117, gibt es seit Jahren heftigen Widerstand. Dazu liegen bereits 700 Protestunterschriften der Stadt Aschaffenburg vor. Die Hauptbeschwerden der Bürger sind u.a. Schlaflosigkeit, Tagesmüdigkeit, Kopfschmerzen, Tinnitus und Konzentrationsstörungen."

Die Sankt-Florian-Egozentrik der Schweinheimer Wutbürger wird in folgender Textpassage deutlich:

"[...] wir bitten Sie höflich um Ihr Verständnis, dass wir wegen der unseres Erachtens einmaligen Rücksichtslosigkeit der Mobilfunkbetreiber nicht nur um schnellstmögliche Realisierung der beantragten Modell-Studie, sondern auch schnellstmöglich Schritte zur Entschärfung der Ballung bzw. Strahlenbelastung von 19 Mobilfunk-Antennen / -Masten auf der Brauerei Schwind in Aschaffenburg sehr dringend ersuchen."

Offensichtlich haben die Leute dort ein Problem, Antennen von Masten zu unterscheiden, kein Problem haben sie indes, ihre Schlaflosigkeiten dem bekämpften Antennenensemble kausal anzulasten. Dies ist ein Indiz, dass hier die bekannten Panikmacher mit ihren bekannten Parolen um die Häuser gezogen sind. Unklar ist bis heute, was die geforderte Modellstudie hätte sein sollen. Sie passt zwar perfekt zu Egozentrischen, die sich als Modell für den Rest der Welt sehen, doch leider haben die Verfasser des Briefes es versäumt, trotz vieler Worte zu erklären, was denn nun und wie untersucht hätte werden sollen.

Das alles ist jetzt acht Jahre her. Gottseidank.

Die organisierten unter den Wutbürgern sind inzwischen die Schweinheimer Straße rund 40 Hausnummern nach unten gezogen und halten jetzt dort ihre Plakate vor die Kameras.

Auf dem Dach der Brauererei aber versammeln sich heute keine 19 Antennen mehr, sondern 23, wovon sich jeder mit einem Blick in die EMF-Datenbank der BNetzA überzeugen kann.

Ein paar Meter weiter, Schweinheimer Str. 126 ist ein Messpunkt. Zuletzt wurde dort am 31.12.2004 gemessen. Die Immission durch Mobilfunk erreichte weniger als 1 Tausendstel des zulässigen Grenzwerts. Für Wutbürger ist das kein Argument, für sie zählt nur: der Mast muss weg. Aber bitte nur so weit, dass die eigenen Smartphones noch tadellos funktionieren.

Übrigens, auch 2005 stand eine Wahl zum Deutschen Bundestag an.

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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Egoismus, Sankt-Florian-Prinzip, Tinnitus, Egozentrik, Aschaffenburg

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