EWSA hat "Elektrosensibilität" keineswegs anerkannt (II) (Elektrosensibilität)
► Am 7. Januar 2015 billigte die Fachgruppe "Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft" des EWSA den von Berichterstatter Bernardo Hernandez Bataller vorgelegten Entwurf der Stellungnahme zu "Elektrosensitivität". Dieser Entwurf lässt einem die Haare zu Berge stehen. Anlässlich der Sitzung vom 7. Januar reicht der Niederländer Jan Simons einen Änderungsantrag ein, in dem die schlimmsten Entgleisungen des Entwurfs entweder ersatzlos gelöscht oder abgemildert formuliert werden. [...]
Im Verlauf der Fachgruppensitzung am 7. Januar, an der 110 Mitglieder der Fachgruppe sowie zwei von den Berichterstattern eingeladene Experten teilnahmen, wurde auch Simons' Änderungsantrag diskutiert. Hierzu sagt das Sitzungsprotokoll in deutscher Übersetzung (Original-Sitzungsprotokoll):
Der Sitzungsleiter, Herr Buffetaut, erteilt das Wort an den Berichterstatter, Herrn Hernandez Bataller. Der Berichterstatter stellt die Stellungnahme vor und äußert seine Genugtuung darüber, dass diese trotz der bestehenden wissenschaftlichen Kontroverse das Bewusstsein für das Thema und die aktuelle Situation erheblich schärft. In der Aussprache ergreifen die folgenden Abgeordneten das Wort: Herr Stantic, Herr Adams, Herr Pegado Liz, Herr Wolf, Frau Teder, Herr Abildgaard, Herr Zboril, Herr Coulon, Frau Batut, Herr Simons, Frau Sirkeinen, Herr Polica, Herr Pigal, Herr Sears, Herr Cingal, Herr Hencks und Herr Longo. Die wichtigsten Punkte, die angesprochen wurden, sind:
► Die Stellungnahme behandelt ein sehr kontroverses Thema, für das es keine eindeutigen wissenschaftlichen Beweise gibt;
► Es besteht große Unsicherheit hinsichtlich des Ursache-Wirkungs-Zusammenhangs zwischen elektromagnetischer Strahlung und gesundheitlichen Symptomen;
► Dies führt zu Divergenzen hinsichtlich der Notwendigkeit, das Vorsorgeprinzip anzuwenden, die Verbraucher zu schützen und die Betroffenen, d.h. die EHS (elektrosensiblen) Menschen in Europa, zu respektieren;
► Die Anwendung des Vorsorgeprinzips könnte ein Hindernis für die technologische Entwicklung in der Zukunft sein;
► Die Arbeit an dieser Stellungnahme ist eine ausgezeichnete Gelegenheit, ein Thema zu beleuchten, das für die bürgerliche Gesellschaft von großer praktischer Bedeutung ist.
Der Präsident bittet Herrn Simons, seine Änderungsanträge vorzustellen, und erteilt dann dem Berichterstatter das Wort. Herr Hernandez Bataller erklärt sich mit den Änderungsanträgen zu den Punkten 8.2, 1.1 und 1.6 einverstanden [siehe dazu Simons' Papier]. Die anderen Änderungsanträge, nämlich zu den Ziffern 8.1.4, 8.7, 3, 3.1, 3.2, 3.3, 1.2, 1.3 und 1.5, kann er nicht akzeptieren. Sie werden daher zur Abstimmung gestellt:
► Der Änderungsantrag zu Ziffer 8.1.4 wird mit 35 Ja-Stimmen, 40 Nein-Stimmen und 12 Enthaltungen abgelehnt.
► Der Änderungsantrag zu Ziffer 8.7 wird mit 41 Ja-Stimmen, 39 Nein-Stimmen und 11 Enthaltungen angenommen.
► Der Änderungsantrag zu den Ziffern 3, 3.1, 3.2, 3.3 wird mit 39 Ja-Stimmen, 40 Nein-Stimmen und 10 Enthaltungen abgelehnt.
► Der Änderungsantrag zu Ziffer 1.2 wird mit 43 Ja-Stimmen, 43 Nein-Stimmen und 7 Enthaltungen abgelehnt.
► Der Änderungsantrag zu Ziffer 1.3 wird mit 41 Ja-Stimmen, 39 Nein-Stimmen und 9 Enthaltungen angenommen.
► Der Änderungsantrag zu Ziffer 1.5 wird mit 42 Ja-Stimmen, 45 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen abgelehnt.
Mit diesen Änderungen wird der Entwurf der Stellungnahme zur Abstimmung gestellt und mit 50 Ja-Stimmen, 39 Nein-Stimmen und 9 Enthaltungen angenommen.
Das Ringen um den Text hätte sich die Fachgruppe ersparen können, denn auch der geänderte Text wurde später auf der Plenarsitzung des EWSA mehrheitlich abgelehnt. Verabschiedet wurde Simons' Gegenstellungnahme, wobei der am Ende gültige Text nicht mehr viele Gemeinsamkeiten mit dem Textentwurf hat, den der Berichterstatter Bataller dem Plenum vorlegte.
Der Vorgang ist ein schönes Beispiel dafür, dass sich politische Institutionen von organisierten Mobilfunkgegnern doch nicht so leicht über den Tisch ziehen lassen. Der Angriff der "spanischen Bürgerinitiative" auf den EWSA konnte 2015 weitgehend abgewehrt werden. Doch was wäre gewesen, hätte sich der Niederländer Simons dem schlimmen Entwurf von Bataller nicht so energisch (als Einziger) in den Weg gestellt? Und wieso konnten 2020 die Berichterstatter Alberto Mazzola/Dumitru Fornea und 2022 Fornea (alleine) unwidersprochen die Stellungnahme von 2015 sinnverfälschend dahingehend umdeuten, "Elektrosensibilität" sei als Problem/Krankheit anerkannt? Aus meiner unmaßgeblichen Sicht bedeutet dies: Der Lobbyklub EWSA ist gegen Einflüsterungen organisierter Mobilfunkgegner nicht immun, er kann jederzeit einknicken.
Gemeinsamer Nenner der beiden gegenwärtig jüngsten EWSA-Stellungnahmen zum Thema ist der Rumäne Dumitru Fornea. Ist er das Bindeglied zwischen EWSA und organisierten Mobilfunkgegnern? Fornea war so freundlich, die Frage selbst zu beantworten. Wer die Antwort wissen will, möge diesem Link folgen, am Linkziel bis zu dem Video "Tag 2, Samstag 15. Oktober, Nachmittag Teil 3" herunterscrollen und das Video starten. Zum Dessert das nächste Video (Tag 3, Sonntag 16. Oktober, Teil 1) ab Minute 17:30 starten.
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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