ZDF-Doku: Krankmacher Handy? (Allgemein)
Die dubiose Doku über den "elektrosensiblen" Mann im Märchenwald ist noch gar nicht fertig kritisiert, da rollt schon der nächste Angriff einer öffentlich rechtlichen TV-Anstalt auf den gesunden Menschenverstand: Diesmal ist es das ZDF, das am 2. April 2017 von 16:30 Uhr bis 17:00 Uhr in der Reihe Prisma die Dokumentation "Krankmacher Handy?" ausstrahlen möchte. Die Vorankündigung verheißt nichts Gutes, wieder werden dem Publikum angebliche "Elektrosensible" vorgeführt, als stünde nicht seit geraumer Zeit mit hoher Sicherheit fest, dass diese filmreife "Modekrankheit" keine des Körpers ist. Auszug aus der Vorankündigung:
Mario Babilon spürt die gesundheitlichen Auswirkungen von Elektrosmog am eigenen Leib. Die Leidensgeschichte des Stuttgarter Physik-Professors begann vor mehr als zehn Jahren. Damals litt er vor allem nach langen Meetings an starken Kopfschmerzen. Für den Physiker begann eine Odyssee von Arzt zu Arzt, keiner konnte helfen.
Erst ein Zeitungsartikel brachte Mario Babilon auf die Idee, es könne sich um EHS handeln und um eine Reaktion auf das neu installierte WLAN-Netzwerk in den Besprechungsräumen. Daran glauben wollte der Wissenschaftler zunächst nicht, doch schon bald merkte er: Ohne WLAN-Netze in seiner Umgebung geht es ihm deutlich besser. Der Physik-Professor ist kein Einzelfall. Laut einem Bericht des Bundesumweltministeriums an den Deutschen Bundestag bezeichnen sich in Deutschland etwa eine Million Menschen als elektrosensibel.
Hanna ist 15 Jahre alt. Die Gymnasiastin litt vor zwei Jahren plötzlich an starken Schmerzen und Atemnot. Im vergangenen Jahr konnte das Mädchen kaum zur Schule gehen.
Mittlerweile ist sie bei dem Umweltmediziner Dr. Harald Banzhaf in Behandlung, der als Ursache für die Beschwerden Elektrosmog vermutet.
Wie dem auch sei, inhaltlich erwarte ich mir von diesem Streifen keine neuen Erkenntnisse. Schon interessanter finde ich, was eine kurze Recherche über die Entstehung dieses Werks erbracht hat. Misstrauisch machten mich die Reizwörter "Stuttgart" (Sitz des schrägen Anti-Mobilfunk-Vereins Diagnose-Funk) und der mit diesem Verein verbandelte Dr. med. Harald Banzhaf. Zu den kommerziellen Aspekten der Anti-Mobilfunk- und "Elektrosensiblen"-Szene brauche ich hier keine Links zu setzen, dieses Forum ist voll davon (Beispiel). Es stellen sich daher mMn die üblichen Fragen: Wieso gibt es diesen Film überhaupt, welche Botschaft verbreitet der Streifen und wer hat den größten Nutzen davon.
Verantwortlich für diese Doku zeichnet nicht das ZDF, sondern Jenny Roller-Spoo, eigenen Angaben zufolge freie Journalistin, Regisseurin und Sprecherin. Produziert wurde der Film von der Bilderfest GmbH, München. Dies sieht alles noch ganz unverdächtig aus, von einer Seilschaft keine Spur. Doch bei Bilderfest arbeitet als Jungredakteurin Verena Ziegler, sie dürfte den Anstoß gegeben haben: Klingelt's? Unklar ist nach wie vor, was Ziegler umtreibt, das Thema "Elektrosensible" unkritisch in die Öffentlichkeit zu tragen. Ungewöhnlich an ihrem Film von 2015 war der Auftritt des Ex-Tabaklobbyisten Franz Adlkofer, der sich vor rd. zehn Jahren in der Anti-Mobilfunk-Szene niedergelassen hat und Insidern zufolge inzwischen dort die Fäden zieht und die Puppen tanzen lässt.
Hintergrund
Altvorderer unter den Anti-Mobilfunk-Kriegsfilmemachern ist Klaus Scheidsteger. Das Medium "Film" wird von der hiesigen Szene der kommerziell orientierten Mobilfunkgegner seit etwa zwei Jahren verstärkt genutzt (in USA gibt es diesen Trend schon ein paar Jahre länger), denn Film bietet beste Möglichkeiten, unter dem (seriösen) Deckmantel "Dokumentation" arglose Zuschauer einer "Gehirnwäsche" zu unterziehen. Leichtgläubige Zuschauer sind suggestiven Bildern und Tönen wehrlos ausgesetzt, für Rückfragen oder kontroverse Diskussionen gibt es in aller Regel keine Gelegenheit. Schlimmstenfalls sitzen Kinogänger, z.B. wie bei Scheidsteger, 90 Minuten lang in der Falle.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
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