Elektrosensible vs. Juden im Dritten Reich (Elektrosensibilität)
Inflation der falschen Gleichsetzungen
Ob es sich um grobe Missstände in Staaten handelt oder in Tierheimen: Um ohne viel Aufwand bei der eigenen Gehirnarbeit den vermeintlich größtmöglichen Effekt des Anprangerns zu erzielen, wird einfach mit der NS-Diktatur verglichen. Es ist wie bei einer Inflation: Je mehr davon, um so mehr nimmt die Wirkung ab.
Gefährlich aber ist: Jeder unangemessene Nazi-Vergleich zieht auf der anderen Seite ein Stück Verharmlosung des Nationalsozialismus nach sich. Noch unanständiger und peinlicher wird es, wenn sich von einem alltäglichen Übel Betroffene in anmaßender Selbstüberhöhung mit den Opfern der Diktatur gleichsetzen. So geschah es in der Provinz, in Landkreisen südlich von München. Dort machten Mobilfunkgegner, bzw. die „vornehme" Variante: „Elektrosensible", durch einen unglaublichen, die Opfer der Nazidiktatur missbrauchenden Vergleich auf sich aufmerksam. Die Historikerin und Publizistin Sybille Krafft hat darauf hin einer Tageszeitung den folgenden Leserbrief geschickt. Wir dokumentieren:
********************************** Beginn Leserbrief **********************************
Leserbrief zu „Vergleich mit der Nazi-Zeit"
„Die Elektrosensiblen lassen sie verkommen wie die Minderheiten - die Juden und Zigeuner - im Dritten Reich", ließ ein Mobilfunkgegner in unserer Region jüngst verlauten.
Ich wusste noch gar nicht,
- dass es einen staatlich verordneten Boykott von Geschäften elektrosensibler Inhaber gibt,
- dass alle Beamten mit mindestens einem elektrosensiblen Großelternteil entlassen werden,
- dass die Kinder von Elektrosensiblen von den Schulen ausgeschlossen werden,
- dass Eheschließungen zwischen Elektrosensiblen und Nichtelektrosensiblen verboten sind,
- dass Elektrosensible enteignet und ihre Angehörigen in Sippenhaft genommen werden,
- dass in öffentlichen Verkehrsmitteln und auf Parkbänken steht: „Elektrosensible unerwünscht",
- dass Elektrosensible Zwangsarbeit leisten müssen,
- dass alle Elektrosensiblen im Ausweis mit „E" gekennzeichnet werden,
- dass alle Elektrosensiblen ein öffentlich sichtbares Abzeichen tragen müssen,
- dass Elektrosensible in Konzentrationslager verschleppt und dort erfrieren oder verhungern müssen, erschlagen, erschossen oder vergast werden.
Wer sonst so sensibel auf seine Umwelt reagiert, sollte auch gegenüber Vergleichen mit der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik sensibel sein.
*********************************** Ende Leserbrief ***********************************
Erschienen in "Freiheit und Recht" [PDF, 20 Seiten], Vierteljahresschrift für streitbare Demokratie und Widerstand gegen Diktatur, Ausgabe Dezember 2007/4. Herausgeber: Zentralverband Demokratischer Widerstandskämpfer- und Verfolgtenorganisationen.
gesamter Thread:
- Elektrosensible vs. Juden im Dritten Reich -
Gast,
28.01.2016, 18:04
- Elektrosensible vs. Juden im Dritten Reich -
H. Lamarr,
01.02.2016, 12:11
- Nazi-Vergleich: Schmidt entschuldigte sich -
H. Lamarr,
02.02.2016, 21:54
- Dr. Franz Hartmann geht in den Ruhestand - KlaKla, 12.02.2017, 10:31
- Nazi-Vergleich: Schmidt entschuldigte sich -
H. Lamarr,
02.02.2016, 21:54
- Elektrosensible vs. Juden im Dritten Reich -
H. Lamarr,
01.02.2016, 12:11