Irrwege: Von Elektrosensibilität bis Strichcode-Verschwörung (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 12.05.2013, 23:19 (vor 4160 Tagen) @ H. Lamarr

Überzeugte Elektrosensible glauben, sie könnten zum Beispiel die schwachen Funkfelder einer Mobilfunk-Basisstation durch Auftreten unspezifischer Krankheitssymptome (u.a. Spontankopfschmerz) wahrnehmen. Trotz großer Anstrengungen konnte die Wissenschaft bisher weltweit noch keinen Elektrosensiblen finden, der seine unerwünschte Fähigkeit unter den strengen Maßstäben der Objektivität nachweisen konnte. In Deutschland haben sich ungefähr 250 Elektrosensible in Vereinen organisiert. Die Leute sehen sich als etwas Besonderes: Wir sind die Spitze des Eisbergs. Ein kleiner Teil der Bevölkerung, der erkannt hat, wodurch seine Beschwerden verursacht werden. [Quelle]

Szenenwechsel

Am 12. Mai 2013 strahlte Spiegel-TV (auf RTL) den Bericht "Mystische Striche: Die Barcode-Verschwörung" aus. Da konnte einem der Mund trocken werden ...

Der Film zeigt z.B. eine Frau, die soeben eingekaufte Lebensmittel auf ein rund 1000 Euro teures "Spezialtablett" legt. Das Tablett, so glaubt sie, entzöge den Lebensmitteln die negative Wirkung der Strichcode-Etiketten auf der Verpackung und werte die Waren so energetisch auf. Das dauere ein paar Stunden. Es ist unfassbar, was gutgläubigen Menschen für ein Nonsense angedreht wird. Und die Täter können noch nicht einmal belangt werden, denn die Dummheit anderer für sich auszunutzen ist nicht strafbar, sondern gängiges Geschäftsmodell.

Ebenfalls zu sehen ein Getränkehersteller (Rotkäppchen), der von einem Großabnehmer einen Tipp bekam. Unter dessen Kunden hätten sich einige besorgt wegen der Strichcodes auf den Flaschen geäußert. Der Hersteller reagierte umgehend und folgte der Empfehlung von Strichcodegegnern, die negative Wirkung der senkrechten Barcodestriche durch einen waagerechten Strich zu beseitigen. Eigentlich ist dies mMn unverantwortlich, denn dadurch werden die Spinner auch noch bestätigt, andererseits ist Geschäft nun mal Geschäft und der Querstrich kostet so gut wie nichts.

So weit wie diese Strichcodegener haben es "elektrosensible" Mobilfunkgegner noch nicht gebracht, ihnen widmen Scharen von Schutzproduktherstellern lediglich kostenpflichtige Scharlatanerieprodukte. Selbsternannte "Schutzorganisationen" oder "Verbraucherschutzorganisationen" sorgen zugleich dafür, dass bei der potenziellen Kundschaft die nötige innere Einstellung zum erlösenden Zukauf der ganz und gar nutzlosen Artikel aufkommt.

Psiram hat sich des Themas mit den Strichen bereits angenommen und berichtet von der Strichcode-Verschwörung.

Ob der Spiegel TV-Beitrag einmal hier zu sehen sein wird, kann ich jedoch nicht versprechen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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