Handys ziehen Blitze weder an - noch aus (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 30.06.2012, 23:56 (vor 4387 Tagen) @ Gast

Die ... hohen elektrischen Feldstärken, die bei aktiviertem Handy im Bereich der Antenne auftreten, sorgen durchaus zu Bedingungen, die bei den hohen elektrischen Feldstärken kurz vor einer Blitzentladung, zu einem Strompfad Richtung Handy gehen können. Es ist also nicht der metallische Gegenstand allein, der hier hinsichtlich des Risikos zu bewerten ist.

Bei einem Gewitter in der Nähe von Kassel kamen drei Frauen ums Leben, als sie Schutz in einer Holzhütte suchten, in die ein Blitz einschlug. Die Bild-Zeitung berichtet:

Holzsplitter und Grasbüschel liegen im Umkreis der Unglücksstelle. „Daran kann man sehen, wie enorm die Wucht gewesen sein muss”, sagt [Polizeisprecher] Virnich. Es sei wohl eine menschliche Reaktion, sich unterzustellen, ohne darauf zu achten, dass die Hütte fast am höchsten Punkt des Golfplatzes steht, sagt der Polizist. Dabei wäre es ratsam gewesen, ins Tal zu laufen und die Handys auszuschalten. Diese könnten wegen der Strahlung anziehend auf die Blitze gewirkt haben.

Sollte der Polizeisprecher den Hinweis zu Handys tatsächlich gegeben haben, dann hat er seine Kompetenzen überschritten. Denn ein eingeschaltetes Handy auf Empfang ist genau so strahlungsfrei wie ein Erdbeereis mit Pistazien.

Und die Behauptung, ein (sendendes) Handy könne Blitze anziehen, ist ebenfalls leicht zu widerlegen.

Im Nahfeld einer Handy-Antenne herrschen bei Sendung mit voller Leistung ungefähr 150 V/m. Das sind dann 0,15 V/mm. Damit ein Strompfad durch Luft entstehen kann, sind jedoch ganz andere Feldstärken erforderlich, die eine Ionisierung bewirken können. Dies sind bei Luft im Mittel 3300 V/mm, also 22'000-mal mehr, als ein Handy zuwege bringen kann. Und selbst wenn an einer Handy-Antenne 3300 V/m herrschen würden, hätte der dadurch geöffnete Strompfad eine Länge von nur 1 mm. Schwer vorstellbar, obwohl in der Kürze ja die Würze liegt, dass sich ausgerechnet von diesem einen Millimeter ionisierter Luft ein Blitz angezogen fühlen soll.

Nein, alles was recht ist, die Behauptung vom Handy, das Blitze anzieht, sie ist nur ein gerne kolportiertes Märchen. Und mit dieser Einschätzung stehe ich keineswegs alleine da.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Gerücht


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