EHS-Forschungsprojekt der Bürgerwelle (Elektrosensibilität)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 04.12.2011, 00:58 (vor 4728 Tagen) @ Doris

Das Forschungsprojekt der Bürgerwelle

Oooch ... :-(

Das ist das, was wie bislang hier mehrfach als den "EHS-Test der Bürgerwelle" diskutiert haben.

Also, noch einmal ... :waving:

Die Krux an diesem EHS-Test ist seine Anfälligkeit gegen Manipulation, auch wenn Sigi Zwerenz sagt, er habe gegen Trickser Vorsorgemaßnahmen in seine Gerätschaft eingebaut. Damit erwischt er mMn aber nur Gelegenheitsschwindler, keine, die es wirklich drauf anlegen. Da kann Zwerenz die besten Absichten haben, gegen gewiefte Täuscher hat er auch mit zwei Überwachungskameras und sonst nicht genannten Vorsorgemaßnahmen keine Chance. Diese Zweifel am Zustandekommen der Ergebnisse mit traumhaften Trefferquoten ist mMn das Killerargument gegen das Projekt.

Doch denken wir positiv und gehen davon aus, dass sich nur ehrliche EHS an dem Projekt beteiligen. Wo ist dann der wesentliche Unterschied zum Beispiel zu den EHS-Tests von LvK?

Ist es vielleicht das: "Diese ersten Versuche zeigen, dass gute Aussichten bestehen, mit dem Forschungsprojekt der Bürgerwelle eine vorhandene „Elektrosensibilität“ zweifelsfrei und kausal nachzuweisen."

Nein, ich kann mir auch bei positiver Grundstimmung zu dem BW-EHS-Test nicht vorstellen, dass die Wissenschaft die Ergebnisse der Bürgerwelle als Fakten akzeptiert. Denn a) ist die BW alles andere als ergebnisoffen, sondern ein Verein, der die Interessen von EHS wahrnehmen möchte und b) sind die oben erwähnten Zweifel am Zustandekommen der Ergebnisse nicht auszuräumen. Selbst dann nicht, wenn überhaupt nicht getrickst wird, denn es reicht schon, dass die Möglichkeit dazu gegeben ist. Das Misstrauen mag daran liegen, dass an den Tests keinerlei ergebnisoffene Personen beteiligt sind, sondern ausschließlich Personen mit starkem Interesse am Gelingen der Tests.

Damit entsteht aller Voraussicht nach folgende Situation: Natürlich wird die BW reihenweise EHS mit sensationell guten Trefferquoten präsentieren und durch die Szene wird ein Beben der Begeisterung gehen. Die Wissenschaft aber wird die Ergebnisse nicht anerkennen, sie darf sie wegen der Schwächen der Testmethode (Manipulationsanfälligkeit) nicht anerkennen. Eine unabhängige Replikation durch Wissenschaftler wäre zwar denkbar, halte ich aber für unwahrscheinlich. Denn wozu diese Umstände? Es gibt auch heute noch EHS, die nicht stundenlang befeldet werden müssen, um ein Kreuzchen in ein Formular eintragen zu können, die können die Befeldung schon innerhalb weniger Minuten spüren. Sagen sie zumindest, auch wenn dann keiner unter Blindtestbedingungen seine Fähigkeit beweisen kann. Nur, im Labor haben die Wissenschaftler weitgehend die Kontrolle über einen Versuch, im Keller eines Probanden ist dies nicht der Fall.

Irritierend finde ich den Aufruf, mit dem die BW angeblich Probanden sucht. Zwerenz ist lange im Geschäft und er hat gute Verbindungen in der Szene. Soll heißen, er müsste jede Menge EHS persönlich kennen, die als Probanden infrage kommen. Der Aufruf dient daher mMn noch anderen Zwecken. Leicht möglich, dass die Probanden für die Tests Anfang 2012 (sicherheitshalber) schon fest standen, noch bevor der "Aufruf" publiziert wurde. Wer kann das schon kontrollieren.

Dass die BW den ehemals schnöden EHS-Test zum Forschungsprojekt herausgeputzt hat, könnte - Achtung, Spekulation - noch einen ganz anderen Grund haben, nämlich die finanzielle Unterstützung des Vorhabens durch öffentliche oder private Fördermittel.

Grundsätzlich halte ich, trotz meiner Kritik, den EHS-Test von Zwerenz noch immer für eine gute Idee. Endlich mal einer aus der Szene, der nicht nur klagend darauf wartet, dass andere die Kohlen aus dem Feuer holen, sondern etwas Konkretes auf die Beine gestellt hat. Das ist anerkennenswert. Doch darin steckt, wie oben beschrieben systemimmanent auch schon der Keim, der das Projekt mMn zu Fall bringen wird.

Zwerenz, so sehe ich es, hätte loslassen müssen und sich einen möglichst angesehenen und unverdächtigen Wissenschaftler vom Fach angeln sollen, z.B. Norbert Leitgeb, der für das Projekt mit seinem Namen und mit wissenschaftlichem Anspruch gerade gestanden hätte. Dann wäre es nicht ganz so einfach, sensationelle Test-Ergebnisse mit einem Achselzucken hinzunehmen und drauf zu warten, dass sich der Test mit dem Etikett "Junk Science" tot läuft.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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