Belgische Rattenstudie - Auslöser für Grenzwertsenkungen?? (Forschung)

Doris @, Dienstag, 22.06.2010, 22:37 (vor 5126 Tagen) @ RDW

Der niederländische Gesundheitsrat hat nach Aufforderung durch das dortige Umweltministerium nun eine umfangreiche Stellungnahme zu dieser Studie abgegeben:

Im aktuellen WIK-EMF-Brief vom 22.06.2010 sind die Mängel der belgischen Rattenstudie übersichtlich zusammengefasst:

Niederländischer Gesundheitsrat bewertet Überlebensstudie an Ratten
Im Jahr 2008 erregte die Doktorarbeit des Belgiers Dirk Adang große Aufmerksamkeit, weil die darin beschriebenen Ergebnisse seiner Langzeituntersuchung an Ratten unter 970 MHz Mobilfunk- und 9,7 GHz Radarstrahlung auf eine Lebenszeitverkürzung der Tiere hingewiesen hatten. Die Untersuchung wurde seinerzeit mit geplanten Grenzwertsenkungen in Belgien in Zusammenhang gebracht. 2009 fand eine Teilveröffentlichung der Ergebnisse in einer wissenschaftlichen Publikation statt (Adang et al., 2009).
Im Auftrag des niederländischen Ministeriums für Wohnungswesen, Raumplanung und Umwelt hat der niederländische Gesundheitsrat jetzt eine detaillierte Bewertung dieser Studie veröffentlicht. Das Komitee kommt dabei zu dem Schluss, dass „die Hypothese der Untersuchung interessant und relevant ist, die Studie aber methodische Defizite aufweist und die Datenanalyse einige Fehler enthält“. Im Einzelnen werden folgende Mängel aufgeführt:


Der Defekt eines 9,7 GHz Radargenerators nach sechs Monaten Studiendauer konnte nicht behoben werden. Der frühzeitige Abbruch der geplanten 21-monatigen Exposition bei dieser Frequenz wird in der Doktorarbeit aber nur in einer Randbemerkung erwähnt, bei der Auswertung der Daten und in der wissenschaftlichen Publikation wird er gar nicht erwähnt.

Die in Adangs Schlussfolgerung behaupteten klaren Einflüsse der Exposition auf Parameter im Blutbild der Ratten konnte die Kommission nicht nachvollziehen. Eine Nachanalyse der Daten ergab keine klaren Unterschiede zwischen den exponierten und scheinexponierten Gruppen. Zudem verwendete Adang hierfür nicht die geeignetste statistische Analysemethode.

Zusätzliche Verhaltensexperimente, die Adang durchführte, sind nicht detailliert genug und haben eine zu begrenzte Aussagekraft, um Schlüsse daraus ziehen zu können.

Die Analyse der Überlebenszeiten in den verschiedenen Gruppen wurde nicht korrekt ausgeführt und ist unvollständig. Die Exposition der Tiere startete im Alter von vier Monaten und dauerte bis zum 25. Lebensmonat. Die Mortalität wurde von Adang nach 28 Monaten bestimmt und nicht am Ende des 32-monatigen Beobachtungszeitraums. Somit fehlen die Mortalitätsdaten der letzten vier Monate in Adangs Auswertung. Eine statistische Nachauswertung, die das Komitee des Gesundheitsrats in Auftrag gab ergab, dass man im Gegensatz zu Adangs Auswertung bei voller Berücksichtigung des Beobachtungszeitraums keine statistisch signifikanten Unterschiede in den Überlebensraten zwischen exponierten und scheinexponierten Gruppen mehr erhält.

Die statistische Behandlung von spontan (ohne erkennbare Erkrankung) gestorbenen Tieren sowie überlebensschwachen oder leidenden Tieren, die aus ethischen Gründen vorzeitig getötet werden mussten, ist intransparent und wurde nicht korrekt durchgeführt.

Adangs Vergleich mit Literaturdaten zum Thema Mortalität ist unvollständig und in der Schlussfolgerung daher irreführend.

Eine histopathologische Analyse (Untersuchung auf krankhaftes Gewebe) wurde nur an 19 von 124 Ratten durchgeführt und ist daher im Hinblick auf Gründe für veränderte Mortalitätsraten in bestimmten Untersuchungsgruppen ohne Aussagekraft.

Das Komitee des Gesundheitsrats sieht aufgrund der vorliegenden Bewertung sowie der Ergebnisse einer eigenen, aktuell durchgeführten Literaturanalyse keinen Anlass, seine Einschätzung aus früheren Berichten zu ändern, dass „kein kausaler Zusammenhang zwischen Gesundheitsproblemen und der Exposition in elektromagnetischen Feldern von Mobilfunkgeräten oder Mobilfunk-Basisstationen gezeigt werden konnte“.

Tags:
Hypothese, Literaturanalyse, methodische Defizite


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