Biologin kommentiert Alzheimer-Studie (Forschung)

Gast, Donnerstag, 28.01.2010, 00:18 (vor 5403 Tagen) @ Alexander Lerchl

Ja kann das denn wahr sein?? Bei nochmaligem genauen Ansehen ist mir aufgefallen, dass in den Käfigen TRÄNKFLASCHEN sind!

Hallo,

es gibt etwas neues zu den Alzheimer-Mäusen, nämlich auf dieser Seite:

http://hscweb3.hsc.usf.edu/health/now/?p=9618

Dort lässt sich oben ein Video betrachten oder unter "download b-roll" laden (rd. 280 MByte, das kann also ein Weilchen dauern), in dem man sieht, wie Käfige (mit Metallgitter und Wasser) in den Faradaykäfig gestellt werden. Möglich, dass die Bilder gestellt sind und in Wirklichkeit beides (Gitter & Wasserflaschen) vor der Exposition entfernt wurden, das kann man nicht wissen. Die Exposition im Faradaykäfig muss aber trotzdem recht ungleichmäßig gewesen sein. Es kommt mir auch so vor (auch nur Vermutung aufgrund des Films), dass die exponierten Tiere 2x täglich in den Faradaykäfig getragen wurden und die nicht exponierten im Zuchtraum blieben. Dies allein kann ein ausreichender Reiz sein, der auf Verhalten und Lernen Einfluss hat.

Die Autoren führen die gefundenen Effekte nicht auf hypothetische athermische Wirkungen zurück (wie einige behaupten), sondern direkt auf die Erwärmung. Diese wurde gemessen und betrug nach 1h Exposition bis zu 1 °C. Dass dies zu einer besseren Durchblutung des Gehirns und einer Linderung der Alzheimer-Symptome führen kann ist aus neurobiologischer Sicht gar nicht so abwegig, wenn das alles bei der geringen Zahl der Mäuse pro Gruppe nicht doch nur purer Zufall war.

Eine Temperaturerhöhung um 1 °C kann aber nie von 0,25 W/kg kommen, da ist die Exposition entweder um Faktor 10 falsch, oder es gibt für die Erwärmung ganz andere Gründe als die HF-Felder. Dies ist möglich - bereits das Tragen von Käfigen in einen anderen Raum kann einen Temperaturanstieg von 1,8 °C verursachen (Kiyatkin et al., 2002). Kiyatkin hat im Hirn und nicht rektal gemessen, hat auch einen anderen Zeitverlauf und der Effekt ist nach 1 Stunde fast weg, aber einen Zusammenhang könnte es geben.

Interessant ist auch, das eine italienische Gruppe unter Anwendung einer wesentlich besseren Dosimetrie (Del Vecchio et al., 2009) in Zellkulturen Vorgänge findet, die Alzheimer verschlechtern könnten. Allerdings nicht allein durch EMF, sonder nur zusammen mit Peroxid (aber nicht mit zwei anderen Stoffen) und nur in einer von mehreren Zelllinien. Könnte also ein typisches falsch-positives Ergebnis sein.

Was nicht sein kann ist, dass EMF Alzheimer verursachen und gleichzeitig heilen können. Möglich ist aber, dass die in Zellkulturen gefundenen negativen Einflüsse im lebenden Tier repariert werden ohne Spuren zu hinterlassen und die Erwärmung dann zusätzlich einen positiven Einfluss hat. Das ist aber sehr frei spekuliert, höchstwahrscheinlich ist es alles Zufall und Forschung am Rande der normalen biologischen Streuung.

Gruß
Blanka Pophof


Priv.Doz. Dr. Blanka Pophof ist Biologin, Sie arbeitet beim BfS in München-Neuherberg und hält Seminare an der Ludwig-Maximilians-Universität, München.

Tags:
Alzheimer, Video, Mäuse


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