Matter Spiegel (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 25.07.2008, 13:52 (vor 5822 Tagen) @ Doris

SPIEGEL-online reagiert nun auf diesen Appell "US-Forscher verbreiten Krebsangst" und steht Vorsorgeempfehlungen bei Handynutzung sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen kritisch gegenüber.

Da hat der Autor Markus Becker allerdings etwas mit der heißen Nadel zusammengestrickt. Schon im Vorspann ist zu merken, dass er gegen Kritiker aufgeladen ist:

Die Warnungen vor der Krebsgefahr durch Handy-Benutzung wollen offenbar kein Ende nehmen - auch wenn weiterhin jeder handfeste Beweis für einen solchen Zusammenhang fehlt. Jetzt schlagen US-Forscher mit dramatischer Wortwahl Alarm.

Da bringt er wie viele seiner Kollegen Handy und Basisstation durcheinander, denn die Krebs-Warnungen der (1G-)Kritiker beziehen sich in aller Regel auf Sendemasten und nicht auf Handys. Und wenn erst "handfeste Beweise" vorliegen müssen, dass eine Technologie, die von 3 Mrd. Menschen genutzt wird, ungesunde Nebenwirkungen hat, dann ist das so, als ob der Steuermann eines Öltankers 20 Meter vor einer Untiefe das Ruder herumreißt. Also bitte, Herr Becker, das kann beim besten Willen nicht unwidersprochen bleiben. Erst recht gilt dies für den Hinweis:

Allein das EMF-Portal des Forschungszentrums für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (Femu) der RWTH Aachen hat derzeit 11.885 Publikationen zu den Auswirkungen elektromagnetischer Strahlung auf den Organismus erfasst.

Herr Becker! Die Leitseite des EMF-Portals aufsuchen und dort in der linken Portalsäule abzulesen ...

Aktueller Status: 11 886 erfasste Publikationen.
(Stand: 25. Jul 2008)

... ist das eine. Das andere ist die Kenntnis davon, dass das EMF-Portal seinem Namen zum Trotz sich auch um niederfrequenten Elektrosmog kümmert, der nicht auf elektromagnetischen, sondern niederfrequenten elektrischen oder magnetischen Wechselfeldern beruht oder sogar auf Gleichfeldern. Das ist ganz etwas anderes. Und wenn Sie dies berücksichtigt hätten, indem Sie alle Studien ausblenden, die sich auf Frequenzen unterhalb von z.B. 1 MHz beziehen, so dass nur "echte" EMF-Studien übrig bleiben, so wäre (heute) die Anzahl der Studien von 11886 auf 1543 gefallen. Das sind mickrige 13 % des ursprünglichen Werts. Das sind zwar noch immer ganz schön viele, aber diesmal stimmt die Zahl wenigstens, wobei darin auch alle diejenigen Studien enthalten sind, die oberhalb der Mobilfunkfrequenzen sind. Werden auch diese noch eliminiert (alles über 3 GHz), bleiben 1357 Studien übrig. Und nur noch 1021 sind es, wenn allein der Frequenzbereich des heutigen Mobilfunks (900 MHz bis 3 GHz) betrachtet wird. Nicht mehr so viel, was da vom Scheinriesen 11 885 übrig bleibt.

Worauf ich hinaus will: Dass der Spiegel sich gegen Panikmache ausspricht, ist ihm nicht vorzuwerfen, dass er dabei den Eindruck erweckt, schlampich recherchiert zu haben, aber schon. Wenn die KOI den Spiegel mit bösen Briefen und schwachen Argumenten terrorisiert und sauer fährt, sollten dies nicht alle Kritiker gleichermaßen ausbaden müssen, indem der Spiegel der KOI gleich den nächsten leckeren Köder unter die Nase hält ;-).

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Krebs, Kompetenzinitiative, Schlamperei


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