Zauberhafte Statistik (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 19.04.2008, 22:17 (vor 6013 Tagen)

Im Stern (Ausgabe 51/2007) gibt Prof. Maria Blettner ein Interview zu der damals aktuellen Studie über Kinderleukämie, die ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für Kinder unter 5 Jahren fand, sofern diese 5 km oder näher an einem AKW wohnen.

Der Stern fragte, ob bei 37 Fällen anstelle von 17 in 24 Jahren überhaupt von einem statistisch signifikantem Zusammenhang gesprochen werden könne. Bletter sagt, diese Zahlen seien tatsächlich ein Problem, aufs Jahr und auf ein einzelnes AKW umgerechnet seien die Werte sehr klein. Deshalb habe man die Daten über 24 Jahre hinweg und von allen AKWs zusammenfassen müssen, um zu Aussagen zu kommen, die trotz erheblicher Unsicherheiten statistisch signifikant seien.

Der Stern wandte nun ein, in den 90er Jahren hätte eine Studie bei gleicher Datengrundlage (Kinderkrebsregister) keine erhöhte Erkrankungsrate im Umkreis von AKWs gefunden und wie dies zu erklären sei. Dazu Blettner: Damals wurden Kinder unter 15 Jahren in einem Umkreis von 15 km um einen Reaktor einbezogen!

Ich finde es wirklich spannend, wie sich schon bei mMn vergleichsweise unbedeutenden Änderungen im Design einer epidemiologischen Studie die Aussage ins Gegenteil verkehren kann. Und ich meine, bei Interphone haben wir mit der veralteten Definition eines regelmäßigen Handy-Nutzers eine ähnliche Schwachstelle, die gemeinsam mit der (zu) kurzen Expositionsdauer jetzt zu keinen dramatischen Ergebnissen führen wird, in 10 bis 15 Jahren nach leichten Korrekturen möglicherweise aber schon - ähnlich wie jetzt die Leukämiestudie.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Interphone, Leukämie, Atomkraftwerk, Blettner

Leukämie um AKW

Doris @, Freitag, 25.04.2008, 15:41 (vor 6008 Tagen) @ H. Lamarr

Zu der im letzten Herbst erschienen Studie über Leukämiehäufigkeit bei Kindern in der Nähe von Atomkraftwerken gibt es im hese Forum einen aktuellen Eintrag.

Im verlinkten Beitrag wird von einer noch unveröffentlichten Qualitätsprüfung gesprochen, die die Ergebnisse der BfS Studie bestätigen bzw. sogar noch übertreffen.

In der Frankfurter Rundschau habe ich was aktuelleres gefunden, hier ebenfalls der Hinweis auf diese Qualitätsprüfung durch Mediziner des Mainzer Kinderkrebsregister. Dort wird auch auf die BfS-Seite verlinkt.

Weitere Hinweise zu der bislang unveröffentlichte Qualitätsprüfung der Mainzer Kinderkrebs-Studie, die im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) von den Professoren Karl-Heinz Jöckel, Eberhard Greiser und Wolfgang Hoffmann durchgeführt wurde, die diese Ergebnisse unterstützen sollen, habe ich nicht gefunden.

Tags:
Leukämie, Atomkraftwerk

Ständige Bereitschaft ▼

AnKa, Samstag, 26.04.2008, 02:09 (vor 6007 Tagen) @ H. Lamarr

Ich finde es wirklich spannend, wie sich schon bei mMn vergleichsweise unbedeutenden Änderungen im Design einer epidemiologischen Studie die Aussage ins Gegenteil verkehren kann. Und ich meine, bei Interphone haben wir mit der veralteten Definition eines regelmäßigen Handy-Nutzers eine ähnliche Schwachstelle, die gemeinsam mit der (zu) kurzen Expositionsdauer jetzt zu keinen dramatischen Ergebnissen führen wird, in 10 bis 15 Jahren nach leichten Korrekturen möglicherweise aber schon - ähnlich wie jetzt die Leukämiestudie.

Ich glaube ebenso, dass man in 10 oder 25 Jahren Effekte feststellen wird. Diese werden kulturelle Bewandnis haben. Ständige Funkbereitschaft als Normalmenschenhabitus wird die Sitten und Gebräuche verändert haben. Das ist der eigentlich spannende Anteil an der Diskussion um die Einflüsse des Mobilfunk.

Troll-Wiese: http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=20744

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"Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere." (Groucho Marx)

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