Warum Verblindung unerlässlich ist (Elektrosensibilität)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 07.03.2007, 20:57 (vor 6329 Tagen) @ H. Lamarr

Grundsätzlich verstehe ich nicht warum es an solchen Berichten Zweifel gibt.

Meine Mutter hat einen dieser neuen Großbildfernseher mit DVB-T-Empfangsteil. Die von mir angeschlossene simple Teleskop-Stabantenne ist hinterm Vorhang versteckt und eigentlich für einen Analog-TV-Portable bestimmt gewesen. Und so kam es, dass das TV-Bild zuweilen die beim Digitalfernsehen typische Klötzchenbildung (Artefakte) aufwies, was Muttern störte.

Gestern nun präsentiere ich ihr eine frisch gekaufte kleine DVB-T-Aktivantenne. Ich stelle sie auf und will sie am TV-Gerät, das eingeschaltet ist, anschließen. Weil aber der Riesenbildschirm das TV-Fach im Wohnzimmerschrank fast völlig ausfüllt, ist die Suche nach der Antennenbuchse ein elendes Herumgetappe an der für mich nicht einsehbaren Rückwand des Geräts. Meine Mutter ist zu dieser Zeit in der Küche und kriegt nichts von alledem mit. Nach einigen Minuten erfolglosen Hantierens gebe ich die Absicht auf, das Kabel der bisherigen Antenne vom Fernseher abzuziehen und das neue aufzustecken. In diesem Moment kommt meine Mutter herein und sieht die aufgestellte neue Antenne, deren Kabel irgendwo hinters Gerät führt, aber eben nicht angeschlossen ist. Spontan entschließe ich mich zu einem kleinen Versuch und frage scheinheilig, was sie jetzt von dem Bild halten würde, wo doch die neue Antenne dran sei. Ihre Antwort: "Super Bild, große Klasse, gar kein Vergleich zu vorher".

Probieren Sie's aus Marianne, für diesen kleinen Test gibt es zahllose Varianten (z. B. Noni, schmeckt dir der neue Kaffee?) und ich bin zuversichtlich, dass Sie eine erstaunliche Trefferquote haben werden.

Fazit: Anekdotische Erfahrungen sind bestenfalls Hinweise aber keine Beweise, weil die Betroffenen wegen ihres Wissens über einen Vorgang nicht mehr unvoreingenommen sind und auch schon mal, wie meine Mutter, Dinge sehen (hier Qualitätsverbesserung), die definitiv nicht da sind. Ähnliches gilt für den Vater, der seinem Sohn das DECT vom Nachttisch nimmt und dann stolz meldet, dass es dem Sohn schlagartig besser gegangen sei. Auch dies zählt bei Wissenschaftlern lediglich als ein Hinweis. Die Lösung des Problems lautet: Verblindung. Der Proband darf nicht wissen, wann die Testgröße einwirkt (hier: ist die neue Antenne nun dran oder nicht?). Das wäre dann Einfachverblindung. Noch besser ist es, wenn auch der Versuchsleiter im Ungewissen bleibt (Doppelblind) und die Krönung wäre erreicht, wenn der, der das Ergebnis auswertet nicht weiß, was er da auswertet (Dreifachblind).

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
, Placebo-Effekt, Artefakte, Doppelblind, Verblindung


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