Internettelefonie
DIE WELT am SONNTAG
vom Sonntag, den 21.03.2004
Mobiles Festnetz
Internettelefonie ist günstig und einfach - auch ohne PC
Hamburg - Telefonkunden der Zukunft sind bald unter "032" zu erreichen: Nach Plänen der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post wird so die Vorwahl für deutsche Internet-Telefonanschlüsse lauten. Bei Voice over IP (VoIP) werden Gespräche, Silbe für Silbe in kleine digitale Datenpakete zerhackt, durch das weltweite Netz geschleust. In diesem günstigen und schnellen Datentransport liegt der Grund, dass weltweite Telefongespräche bald nur noch ein Bruchteil der heute üblichen Gebühren verschlingen.
"Der Druck auf die klassischen Telefonanbieter wird sehr viel größer werden", sagt Frank Brügmann, Vorstandsvorsitzender vom Anbieter Broadnet. Breitbandanschlüsse über DSL sind in Deutschland mittlerweile weit verbreitet. Aufwendige Installationen am heimischen PC und abgehackte Gesprächsbrocken gehören der Vergangenheit an.
Broadnet-Kunden brauchen sogar keinen PC. Sie erhalten einen Adapter, der an die Internet-DSL-Leitung angeschlossen wird. An diesen lassen sich die vertrauten Telefone einfach einstöpseln. "Auch die alte Nummer eines bestehenden Festnetzanschlusses lässt sich bei uns portieren", sagt Brügmann. Deutschlandweit bewegen sich bei Broadnet die Gesprächskosten bei rund 2,5 Cent pro Minute. Andere Anbieter wie QSC oder Freenet liegen preislich zuweilen noch darunter. Wird ein anderer Kunde der gleichen VoIP-Firma angerufen, sind die Gespräche mit einer DSL-Flatrate kostenlos. Bei den meisten Anbietern wird für Internettelefonie noch ein PC benötigt. "Mit unserer Software, Mikrofon und Kopfhörer wird der Computer zum Telefon", sagt Claudia Zimmermann von QSC. "Ein Adapter, der den PC überflüssig macht, kommt aber im Laufe des Jahres."
Alternativ kann sich der Kunde ein IP-Telefon kaufen, um den Rechner zu umgehen. Dabei erhält der Kunde eine neue Telefonnummer. Diese ist jedoch nicht wie gewohnt dem Anschluss in der Wohnung, sondern dem PC oder IP-Telefon zugeordnet. Nutzer können also ihren Festnetzanschluss mit Laptop quasi zu jedem DSL-Anschluss weltweit mitnehmen und sind in New York oder Tokio unter dieser Nummer zu erreichen. Selbst die Deutsche Telekom, die derzeit mit ihrem klassischen Festnetz noch viel Geld verdient, bietet ab 2005 ein solches mobiles Festnetz an. Denn Millionen von VoIP-Kunden in Japan und Korea zeigen, wie mit dieser einfachen und zuverlässigen Technik der Telefonmarkt der Zukunft aussehen könnte. jol
Artikel erschienen am 21. März 2004
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