früher Gummistiefel verkauft: Nokia-Chef Ollila (Interview)
DIE WELT AM SONNTAG (WamS)
Ausgabe vom Sonntag, den 21.03.2004
(c) DIE WELT AM SONNTAG
"Auf die Technik kommt es nicht an"
Exklusiv: Nokia-Chef Jorma Ollila über die Zukunft der Telekommunikation, den europäischen Standort und den Kampf gegen Microsoft
von Das Gespräch führte Thomas Heuzeroth
Nokia-Boss Jorma Ollila
Foto: AP
WELT am SONNTAG: Herr Ollila, Nokia hat früher Papier verkauft, später Gummistiefel und heute Handys. Was kommt als Nächstes?
Jorma Ollila: Unsere Industrie verändert sich sehr schnell. Das ist gut für uns. Nokia wird in der Tat nicht mehr so wie früher sein, da es sich um eine neue Mobilitätsindustrie handelt, in der wir sowohl Geräte als auch Lösungen, Infrastruktur und Software verkaufen wollen.
WamS: Sie stellen bereits tragbare Spielekonsolen, MP3-Player, digitale Kameras und sogar winzige tragbare TV-Geräte her. Wird Nokia ein Unterhaltungselektronik-Konzern?
Ollila: Die Rasanz in der Branche führt dazu, dass auch die traditionellen Unterhaltungselektronik-Unternehmen nicht mehr das sein werden, was sie jetzt sind. Nokia wird sich aber nicht direkt in diese Richtung bewegen. Die Unterhaltungselektronik ist sehr stark von der Hardware geprägt. Nokia wird sich stärker Richtung Software bewegen, die unter dem Strich alles steuern wird. Natürlich werden wir auch weiter Geräte und Lösungen auf den Markt bringen. Aber die Software bekommt dabei ein höheres Gewicht.
WamS: Sie verdienen aber heute das meiste Geld mit Geräten.
Ollila: Gegenwärtig ist das so.
WamS: Was bedeutet dieser Wandel für Nokia?
Ollila: Wegen der Konvergenz von Telekommunikation, Informationstechnologie und Unterhaltungselektronik müssen wir neue Partnerschaften suchen und neues Know-how entwickeln. Das kann auch bedeuten, dass wir kleinere Unternehmen zukaufen. Ich glaube aber nicht, dass ein größerer Merger mit einem Player aus diesen Branchen notwendig sein wird.
WamS: Sie treten nun gegen Schwergewichte wie Sony an. Sind Sie auch darauf ausreichend vorbereitet?
Ollila: Sehen Sie, in den frühen neunziger Jahren gab es 40 bis 50 Handy-Hersteller. Heute gibt es immer noch so viele. Allerdings sind etwa 20 neue Namen hinzugekommen, die meisten aus Asien. Genauso viele sind verschwunden. Es gibt also viel Bewegung und neue Spieler kommen hinzu. Das ist unsere Situation. Uns geht es gut dabei. Wir wissen, dass wir neues Know-how und Kooperationen finden müssen. Aber das macht uns keine Angst.
WamS: Die Mobilfunkanbieter haben schwierige Jahre hinter sich. Was haben die Unternehmen in der Krise gelernt?
Ollila: Zwei Dinge. Zum einen gibt es keine automatische Aufwärtsbewegung. Diesen Eindruck konnte man in den neunziger Jahren haben. Zum anderen haben wir gelernt, dass es in unserer Branche nicht um Technologie geht.
WamS: Wie bitte?
Ollila: Ja, Sie haben richtig gehört. Es geht an vorderster Stelle um menschliche Bedürfnisse und Interaktion. Wir haben in der Vergangenheit die Technologie zu stark betont. Nokia hat aber gelernt, sich wirklich auf die Kundenbedürfnisse zu konzentrieren. Die Branche hat diese Phase aber trotzdem gut überstanden. Nun sehen wir einen vorsichtigen Optimismus.
WamS: Sie sind der größte Player in dieser Industrie. Zuletzt ist Ihr Marktanteil bei Mobiltelefonen aber leicht zurückgegangen.
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