Eva W. ist auf den Hund gekommen (Elektrosensibilität)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 17.12.2024, 18:54 (vor 7 Tagen)

Eva W. aus München ist unbeirrbar davon überzeugt, "elektrosensibel" auf alle möglichen Funkfelder des Mobilfunks zu reagieren, nur nicht auf GSM. Seit vielen Jahren hört die alte Dame auch Flöhe husten, nämlich dann, wenn die Medien über irgendeine mehr oder weniger rätselhafte Begebenheit berichten. Nicht selten ist dann Eva W. zur Stelle und versucht die Weltöffentlichkeit mit einem Posting im schweizerischen Gigaherz-Forum davon in Kenntnis zu setzen, die Ursache dieser oder jener rätselhaften Begebenheit könnte kausal eine unerkannte Nebenwirkung der Exposition mit HF-EMF sein. Routiniert verwirft sie anschließend ihre Empfehlung, die Wissenschaft sollte dieser Spur einmal nachgehen, mit der immerzu gleichen Begründung, dies werde nie geschehen, da an Funk nicht gerüttelt werden dürfe. Eva W. kreuzt also eine Wahnvorstellung mit einem Verschwörungsmythos, um ihrer kognitiven Dissonanz Herr zu werden.

Zuletzt hat sie den Bogen allerdings deutlich überspannt. Die rätselhafte Begebenheit sind diesmal, einem Bericht auf web.de zufolge Hunde, die eine ungewöhnliche Häufung von akuten und schwerwiegenden neurologischen Störungen zeigen. Da Hunde üblicherweise kein Smartphone benutzen, ist es diesmal das strahlende Smart Home, das Eva W. als verdächtigen Verursacher ausgemacht hat.

Was die "Elektrosensible" im Eifer des Gefechts übersehen hat: Der Bericht ist vom 13. Dezember 2024 und darin heißt es klipp & klar:

Seit einigen Tagen macht sich unter Hundehalterinnen und Hundehaltern Angst breit: Anfang Dezember meldeten verschiedene Tierkliniken, darunter die Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo Hannover), eine ungewöhnliche Häufung von akuten und schwerwiegenden neurologischen Störungen bei Hunden.

Zur Erinnerung: Der öffentliche Massenfunk startete 1994 und erlebte seinen Goldrausch zur Jahrtausendwende. Warum Hunde ausgerechnet im Dezember 2024 plötzlich anfangen sollten, unter Funkeinwirkung zu halluzinieren, ist nicht ersichtlich. Auch eine Spätwirkung mit rd. 30 Jahren Latenzzeit scheidet aus, so alt werden Hunde nicht. Und nicht zuletzt spricht gegen die Mobilfunkhypothese, dass die verstörten Hunde keineswegs überall (weltweit) beobachtet wurden, sondern vereinzelt.

Aus gutem Grund pfeift die Wissenschaft deshalb auch diesmal auf die Ratschläge von Frau W. und favorisiert statt der Mobilfunkhypothese bestimmte in Verdacht geratene Hunde-Kauknochen. Ob aus den beobachteten Korrelationen jemals Kausalzusammenhänge werden ist derzeit jedoch völlig offen. Sicher ist nur: Einen plausiblen Anfangsverdacht gegenüber HF-EMF gibt es nicht, weshalb in diese Richtung keine Ermittlungen laufen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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