Bruchköbel - oder: Der Elefant im Zimmer (Allgemein)
In Bruchköbel hatte eine dortige Initiative für mobilfunksenderfreie Wohngebiete im Jahr 2008 einen augenscheinlich großen Erfolg errungen. Das Parlament der Stadt verordnete damals der Stadt eine Mobilfunksender-Standortplanung für das gesamte Stadtgebiet.
Der Elefant im Zimmer...
Bei dieser Standortplanung handelte es sich um eine Mogelpackung mit nachhaltiger Wirkung: Kurz zuvor war ein nur 400 m vom Ortskern entfernter, völlig neuer, 30 m hoher Sendemast errichtet worden. Die Standortplanung aber, welche die Stadtverordneten im Frühjahr 2008 verabschiedeten, erwähnte diesen Sender nicht, und bezog folglich dessen Emissionen nicht in die Standortplanung ein.
Dieser Sender steht jedoch unübersehbar da: Voll bestückt mit Antennen aller namhaften Senderbetreiber. Im weiteren Innenstadtbereich herrscht seither beste Befeldung - jeder Bruchköbeler Mobiltelefonnutzer kann das auf seinem Display leicht nachprüfen. Ein in der Innenstadt befindliches Hochhaus strahlt er auf voller Front an.
Und hier wird es nun spannend:
Der neue Funkmast, dessen Existenz den Intentionen der "Standortplanung" eklatant widerspricht, wurde offensichtlich mit Wissen und unter stillschweigender Duldung der "Initiative mobilfunksenderfreie Wohngebiete" installiert.
Denn schon im Juni 2006 hatte der lokale "Bruchköbeler Kurier" gemeldet, dass an jenem Platz die neue Basisstation errichtet werden soll. Der damalige Bürgermeister Michael Roth hatte das in einer öffentlichen Sitzung der Stadtverordneten bekanntgegeben.
Im Verlauf des Jahres 2007 wurde dann die besagte Mobilfunkplanung erstellt - jedoch, ohne dass der bereits bekanntgegebene Sender darin eine Erwähnung fand. Initiative und städtische Magistratsvertreter trafen in jener Zeit mehrfach zu Gesprächen im Rathaus zusammen. Offenbar verschwieg man aber dem auf Wunsch der Initiative eigens engagierten Münchener Planer in voller Absicht die geplante Errichtung. Anders ist das Nichtvorhandensein des Senders in der später erstellten Planung nicht zu erklären.
Anfang Dezember 2007 wurde der Sendemast in der Bruchköbeler Philipp-Reis-Straße aufgerichtet. Nun wurde vollends sichtbar, was niemand sehen wollte.
Im ersten Quartal 2008 verabschiedeten die Stadtverordneten die neue Mobilfunkplanung. Der neue Sender blieb in dem Gutachten weiterhin nicht berücksichtigt. So als gäbe es ihn nicht.
Der Funkmast, den das Standort-Gutachten nicht kennt, und der von den Bruchköbeler Anti-Mobilfunk-Aktivisten standhaft ignoriert wird - er steht seither dort wie ein Elefant mitten im Zimmer, den niemand sehen will. Gleichwohl ist er das im wahren Wortsinn zentrale Standbein der Mobilfunk-Versorgung im Stadtgebiet.
Der Aktivist
Zur Bruchköbeler Initiative gehörte seinerzeit der in der Mobilfunkszene bekannte Alfred Tittmann, der inzwischen unter Pseudonymen wie "Mahner" und "Hesse" in mobilfunkkritischen Foren Beiträge einbringt. Seinerzeit fungierte Tittmann als Pressesprecher der Initiative.
Die Initiative, durch einen Pressebericht aufgeschreckt, stritt im Dezember 2007 ab, von dem Bau überhaupt etwas gewusst zu haben: "Die Initiative hat von den Aktivitäten in der Philip-Reis-Straße erst erfahren, als der etwa 30 m hohe Mast errichtet war", hiess es in einer eilig verteilten Stellungnahme. Hingegen wurde die Presse bezichtigt, "bruchstückhaft" zu berichten. Und man versuchte, das Problem einem längst nicht mehr im Amt befindlichen Stadtrat unterzuschieben.
Der oben geschilderte zeitlich Ablauf zeigt aber, dass es wohl vor allem darum gegangen ist, das Standortgutachten über die Zeit zu retten und, trotz der neu geschaffenen Tatsachen, im Parlament unter Dach und Fach zu bringen. Die Initiative und Alfred Tittmann hatten an diesem Schwindel vermutlich ein gewaltiges Interesse. Den Erfolg einer "Standortplanung für Bruchköbel" wollte man sich nämlich, so kurz vor der Ziellinie, nicht mehr nehmen lassen - obwohl die neuen Tatsachen die Planung ad absurdum führen würden.
Auch der durchaus kluge Bürgermeister Michael Roth und die durch den jahrelangen Bruchköbeler Mobilfunkstreit mürbe gewordene Politik hatten Interesse daran, die Sache endlich zu befrieden. Roth wusste wohl, dass das Gutachten keine Probleme mehr mit Betreibern verursachen würde: Die Tatsachen waren geschaffen, Telekom& Co. hatten mit dem neuen Sendemast ihre Absichten ohnehin längst verwirklicht. Würde man der Initiative ihren Willen lassen, so würde endlich wieder Ruhe einkehren. Das war politisch weise gedacht, auch wenn der Steuerzahler in deutlicher fünfstelliger Höhe dafür aufzukommen hatte.
Nur ein Reporter des "Bruchköbeler Kurier" klärte über die oben geschilderten Hintergründe unverdrossen auf. Damals schon, und seither immer wieder, muss er sich Diffamierungen seiner Arbeit und seines Namens gefallen lassen, heute vornehmlich in einem Schweizer Mobilfunkgegner-Portal, wo der damalige Bruchköbeler Aktivist Tittmann unter seinem Pseudonym "Mahner" bis heute in großem Eifer präsent ist.
Wenn aber der neue Sendemast, von dem Alfred Tittmann nichts gewusst haben will, unter stillschweigender Duldung seiner "Initiative mobilfunksenderfreie Wohngebiete" errichtet worden ist -und dafür spricht so ziemlich alles-, dann sind die Bruchköbeler Bürger schlicht und einfach beschwindelt worden.
Und für diesen Schwindel tragen demnach Alfred Tittmann und seine Intiative ein gerüttelt Maß an Verantwortung. Sie saßen in der Phase der Planungen und Beratungen mit am Tisch des zuständigen Stadtrates. Sie waren offensichtlich darauf erpicht, "ihre" Standortplanung, von der sie sich ein Leuchtturmsignal auch für andere Städte erhofften, ohne Rücksicht auf neue Tatsachen durchzusetzen. Alfred Tittmann war damals auch für einen hessischen "Landesverband mobilfunksenderfreie Wohngebiete" aktiv und brauchte wohl dringend Erfolge. Man wollte vermutlich unbedingt anknüpfen an die bundesweite Aufmerksamkeit, die man 2004 mit einer allerdings gescheiterten Klage gegen einen Bruchköbeler Kirchturmsender erreicht hatte. Mobilfunkgegner sind nicht nur kritisch, sondern bisweilen offenbar auch einfach nur ein bisschen eitel.
Und so verwandelte sich Herrn Tittmanns "Initiative gegen mobilfunksenderfreie Wohngebiete" am Ende in ein U-Boot gegen die Interessen besorgter Bürger. Im Augenblick ihres grössten Erfolges. Dieser Umstand kommt bis heute in Herrn Tittmanns zahlreichen Stellungnahmen nicht freiwillig zur Sprache.
Die Rolle der "ImoWoB"....
...der "Initiative mobilfunksenderfreie Wohngebiete", in der sich Alfred Tittmann einst für eine Minimierung der Strahlenbelastung einzusetzen vorgab, ist möglicherweise noch nicht genügend beleuchtet worden.
Seit der Inkraftsetzung der Bruchköbeler "Senderstandortplanung" sind mehr als 5 Jahre vergangen. Seither wurde der innenstadtnahe Sender, der in der "Planung" nicht vorkommt, mit weiteren Sendern bestückt. Und der Kirchturm, gegen den die "ImoWoB", damals von ihrem Vereinsanwalt schlecht beraten, erfolglos klagte, beherbergt seit 2009 vier Sektorantennen, statt der einen 20W-Antenne, die es zur Zeit der Aufregungen nach Norden hin lediglich gewesen ist.
Diese neuen Umstände sind dem Vorstand der Bruchköbeler ImoWoB seit wenigstens fünf Jahren keinen öffentlichen Protest mehr wert. Zwei Vorstandsmitglieder gehen dort ihren angesehenen Berufen nach, beide nach wie vor in ihren Büros im Einflussbereich des so standhaft ignorierten Senders, und weiterhin in bemerkenswerter Nähe zum einst kritisierten Kirchturm.
Es wäre also eine Idee, eine Zwischenstandsmeldung zu schreiben. Das würde vermutlich in eine interessante Geschichte von Verstrickungen, vom Verrat einstiger Ideale münden. Die Protagonisten sind über Jahre hinweg öffentlich in Erscheinung getreten, ihre Namen sind bekannt. Ihre Ziele sind diffus geworden, oder ganz und gar verschwunden. Wie nur konnte es so weit kommen.