Baubiologin Brigitte Becker spricht für Diagnose-Funk (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 10.03.2013, 14:53 (vor 4257 Tagen)

Der Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk versucht weiter einen Fuß in die Türe der großen Politik zu bekommen, muss sich gegenwärtig allerdings mit den unteren Ebenen des Politikbetriebs zufrieden geben. Völlig zu Recht, wie dieses Posting zeigen will.

Am Donnerstag (7. März 2013) durfte Peter Hensinger bei der SPD in Stuttgart ran, am kommenden Montag ist Brigitte Becker bei den Grünen in Bremen an der Reihe.

Brigitte Becker ist im Oktober 2010 Gründungsmitglied der Diagose-Funk-Zweigstelle in Niedersachsen/Bremen gewesen und sie bekennt sich offen dazu, Baubiologin zu sein. Mit diesem Beruf (der kein Lehrberuf ist) gerät Frau Becker in einen Interessenkonflikt, denn je mehr sie über den Verein Angst vor Funkwellen verbreitet, desto besser laufen ihre Geschäfte. Doch darauf will ich jetzt gar nicht genauer eingehen, das muss Frau Becker mit ihrem Gewissen ausmachen und die Grünen im Bremen müssen sich fragen, wen sie da eigentlich als Sprachrohr eingeladen haben.

Frau Becker tritt am Montag, 11. März 2013, auf einer Veranstaltung der Grünen in Bremen auf. Darüber informiert sie - und dies ist schon mal vielsagend - auch über eine Website, die sich mit dem Spinnerthema "Chemtrails" beschäftigt. Thema der Veranstaltung ist eine öffentliche Anhörung über Umweltauswirkungen elektromagnetischer Felder. Seit die Novellierung der 26. BImschV anhängig ist, finden solche Anhörungen bei politischen Parteien plötzlich Gefallen, die Bundestagswahl im Herbst 2013 wirft ihre Schatten voraus.

Im Flyer der Veranstaltung (PDF) fällt auf, dass mit Prof. Dr. Jürgen Kiefer ein Mitglied der SSK die Stimme der wissenschaftlichen Vernunft in der Anhörung vertreten soll. Nur, was die Grünen ankündigen, stimmt so nicht: Prof. Kiefer ist zweifellos ein honoriger Experte, der mittlerweile 76-Jährige schied jedoch bereits 2002 aus Altersgründen an der Uni Gießen aus und Ende 2006 auch aus der SSK. Warum die Grünen nicht Prof. Lerchl eingeladen haben, kann man sich leicht an den Fingern abzählen.

Im Vergleich zu Prof. Kiefer wirkt Frau Becker wie ein Fremdkörper in dieser Anhörung, ein Laie, der sich in der typischen Selbstüberschätzung organisierter Mobilfunkgegner mMn in eine prekäre Situation bringt. Denn nicht nur der Interessenkonflikt sollte Frau Becker von der Anhörung fern halten, sondern auch ihr Kenntnisstand, der sich aus dem bekannten Sumpf mobilfunkkritischer Behauptungen, Märchen und Verdrehungen speist. Nachfolgend ein paar höchst fragwürdige Zitate mit denen Frau Becker auffiel, als sie im Namen einer "Selbsthilfegruppe Elektroallergie" angebliche Fakten zum Besten gab. Die (baubiologische) Interessenlage Beckers kommt dabei bereits sehr deutlich zum Vorschein:

Die Top-10 der Beckerschen Desinformationen

  • Nach offiziellen Angaben seitens der WHO (Weltgesundheitsorganisation) sind inzwischen 6% aller Kinder und Erwachsenen „elektrosensibel“. In der BRD betrifft dies also mindestens 4,8 Mio. Menschen. Laut einer Salzburger Umweltstudie sind es 19%, und in Schweden geht man bereits von 30% aus.
  • Die Zahl der Betroffenen steigt sprunghaft an. Bis in 9 Jahren soll laut Schätzungen* die Zahl der Elektrosensiblen auf 50% der Bevölkerung angestiegen sein!
  • Die Gefährdung der Gesundheit beginnt bei 0,1 µW/m²
  • Die Elektrosensibilität steigert sich nach und nach, sie ist mit Allergien vergleichbar.
  • Jede Körperzelle ist Sender und Empfänger elektromagnetischer Schwingungen und tritt in Resonanz mit natürlichen wie künstlichen elektromagnetischen Feldern.
  • Eine große Zahl von verantwortungsbewußten Ärzten und Wissenschaftlern hat sich zur Kompetenzinitiative zusammengeschlosse ...
  • Je dauerhafter und stärker die Bestrahlung, desto schneller und schwerer entwickeln sich die Krankheitssymptome.
  • Deutschlandweit kämpfen hunderttausende um ihre Rechte und ein großer Teil von ihnen ums Überleben [Anm.: die Rede ist von "Elektrosensiblen"] – so ist die tatsächliche Situation, auch wenn dies in den Medien nicht veröffentlicht wird!
  • ... ca. 10.000 Initiativen sind in der BRD bereits aktiv.
  • Alternative Mobilfunk-Technologien sind längst machbar, z. B. auf Grundlage von gesundheitsunschädlichen Gravitationswellen!

Jede einzelne dieser stellenweise geradezu peinlich inkompetenten Behauptungen der Diagnose-Funk-Vertreterin lässt sich mühelos widerlegen.

Was, so frage ich mich, hat Frau Becker an einem Tisch mit Prof. Kiefer verloren? Andererseits heißt es in der Einladung der Grünen, deren Fraktion wolle sich in der öffentlichen Anhörung mit WissenschaftlerInnen, Behördenvertretern und Mitgliedern von "Verbraucherschutzorganisationen" über diese Thematik informieren. Der bodenlose Unfug, mit dem Frau Becker bereits ungeniert an die Öffentlichkeit trat, kann dann mMn nur eines bedeuten: Die Vertreterin von Diagnose-Funk kann und darf in dieser Anhörung keinen Punkt machen, sie muss mit der roten Karte nach Hause geschickt werden. Denn die Desinformation, wie sie von Frau Becker zu lesen ist, sie ist das Krebsgeschwür der Mobilfunkdebatte und zugleich Nahrungsquelle für die Profiteure dieser zutiefst verlogenen Auseinandersetzung.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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