Genuis & Lipp: Entzauberter Kronzeuge McCarty (Allgemein)
Was mögen das für Wissenschaftler sein, die von "Beweisen" (evidence) reden und dann als Beleg u.a. auf die fragwürdige Magda Havas verweisen?
Auf Seite 9 des deutschen Textes wird neben Magda Havas auf McCarty verwiesen:
"In der Bemühung festzustellen, ob es sich bei der EHS tatsächlich um eine neurologische Krankheit handelt, hat jedoch eine Gruppe von Wissenschaftlern und Ärzten kürzlich eine doppelblinde Forschungsstudie durchgeführt, die sich mit der Folge der Provokation durch elektromagnetische Strahlung (EMS) befasste. Diese wurde daraufhin im International Journal of Neuroscience (internationale Fachzeitschrift für Neurobiologie) veröffentlicht. (McCarty et al., 2011). Die Forscher konnten bei einer EHS-Patientin körperliche Reaktionen objektiv aufzeigen, zu denen es infolge der Provokation durch EMS kam. Dabei wurden Intensitäten verwendet, wie sie gewöhnlich in der heutigen Umwelt vorkommen. Sie kommen zur Schlussfolgerung, dass "eine HypersensibiIität gegenüber elektromagnetischen Feldern als echtes, durch die Umwelt hervorrufbares neurologisches Syndrom auftreten kann" (McCarty et al., 2011)."
An diesem Textfragment des Diagnose-Funk-Brennpunkts stimmt so ziemlich nichts. Allein schon die Behauptung, McCarty habe eine Provokation mit "elektromagnetischer Strahlung" gemacht, also mit Hochfrequenz (wie Mobilfunk, DECT, W-LAN ...), sie ist falsch. Offensichtlich sind sich weder Genuis & Lipp noch Diagnose-Funk im Klaren darüber, was McCarty in seiner Studie eigentlich gemacht hat.
"Doris" hat mir den richtigen Tipp gegeben, denn über McCarty haben wir im Forum bereits im August 2011 gehirnt. Und dabei ist Substanzielles herausgekommen, entdeckt von "Kuddel", was die McCarty-Studie als Kronzeugin für Elektrosensibilität gegenüber Funkwellen ziemlich alt aussehen lässt:
- Statt mit Mobilfunk wurde mit Haushaltsstrom-Wechselfeldern exponiert!
- Falsche Angabe der Feldstärke, tatsächlich wurde erheblich (3-mal) stärker befeldet. Die Behauptung "Dabei wurden Intensitäten verwendet, wie sie gewöhnlich in der heutigen Umwelt vorkommen" ist daher unwahr.
- Die 60-Hz-Felder wurden mit 10 Hz gepulst, solche synthetischen Felder gibt es in der Umwelt gar nicht.
Dies und noch einiges mehr findet sich alles in diesem Strang.
Und so stellt sich wieder einmal die Frage: Ist es Absicht oder Unvermögen, dass die wenig beeindruckende Arbeit der Kanadier Genuis & Lipp von Diagnose-Funk so hoch gespielt wird, als könne damit mehr als ein Achselzucken erreicht werden. Wahrscheinlich spekuliert der Verein darauf, mit der Arbeit beim Laienpublikum punkten zu können. Sollten Politiker darunter sein, die sich mit Elektrosmog-Gezeter profilieren möchten, werden wir vom "Beweis für Elektrosensibilität" durch die Herren Genuis & Lipp wahrscheinlich noch hie und da hören.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
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- ElektroHYPERsensibilität: Bestätigung durch Studie -
charles,
03.02.2012, 13:03
- ElektroHYPERsensibilität: Bestätigung (??) durch Studie - RDW, 03.02.2012, 16:11
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H. Lamarr,
05.02.2012, 03:15
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