Mikrowellenofen nicht für physisch sensorisch Eingeschränkte (Elektrosensibilität)
Weil Sie sich beim Silvestereinkauf bei Aldi so einladend in Stapeln türmten, haben wir uns spontan einen neuen Mikrowellenofen zugelegt. Technisch nichts Aufregendes, abgesehen von kleinen Konstruktionsmängeln wie einer Tür, die so streng geht, dass beim Öffnen die zweite Hand das Gerät festhalten muss, ist diese Mikrowelle eine wie Millionen andere auch.
Warum ich es überhaupt erwähne ist die mitgelieferte Bedienungsanleitung. Darin heißt es:
"Das Gerät ist nicht dafür bestimmt, durch Personen (einschließlich Kinder) mit eingeschränkten physischen, sensorischen oder geistigen Fähigkeiten oder mangels Erfahrungen und/oder mangels Wissen benutzt zu werden, es sei denn [...] Anweisungen, wie das Gerät zu benutzen ist."
Diese Textpassage könnten überzeugte Elektrosmog-Gegner mMn dahingehend auswerten, voller Dramatik zu behaupten, die Industrie wisse über die schlimme "Strahlenfühligkeit" sogenannter Elektrosensibler in der Bevölkerung insgeheim Bescheid und würde deshalb - in verklausulierter Form - Haftungsausschlüsse in die Handbücher einbringen. So muss es nicht kommen, so könnte es aber kommen. Bei bestimmten Handys (z.B. Blackberry) ist man schon weiter, da wurde ein solcher Alarm bereits gegeben, als in Bedienungsanleitungen Hinweise entdeckt wurden, die Handys nicht direkt am Körper zu tragen, sondern einen Mindestabstand von ungefähr 20 Millimeter einzuhalten. Die Entdecker dieser Hinweise strickten daraus unverzüglich ein unkalkulierbares Gefahrenszenario, an dessen Ende der Untergang des Abendlandes hätte stehen können.
Hersteller warnen vor Handy-Gebrauch
Tatsächlich hat der Hinweis bei den Handys ganz andere Ursachen. In den Kindertagen der Handys gab es keine Headsets, schon gar keine Bluetooth-Headsets. Handys wurden damals während des Telefonierens immer ans Ohr gehalten, ersatzweise konnte auf Lautsprechen geschaltet werden. Mit dem Aufkommen von Headsets änderte sich dies, jetzt konnte telefoniert werden, während das Handy z.B. in einer Brust- oder Hosentasche steckte. Damit aber war es nun möglich, ein sendendes Handy "verkehrt" herum am Körper zu betreiben, mit der Tastaturseite nicht (wie beim Telefonieren am Ohr) nach innen, sondern nach außen. Na und, denken Sie? Nein, "Kuddel" wies schon vor langem einmal darauf hin, dass dann auch die Antenne des Geräts dem Körper näher kommt als beim gewohnten Telefonieren, denn eine Handy-Antenne befindet sich immer auf der "Rückseite" des Geräts, die normalerweise vom Kopf abgewandt (weiter weg) ist. "Verkehrt" herum direkt am Körper getragen kann ein Handy während eines Telefonats den zulässigen SAR-Wert von 2 W/kg durchaus überschreiten, dazu genügen schon die paar Millimeter weniger Abstand zwischen Körperoberfläche und Handy-Antenne auf der Geräterückseite. Um auch diesen Spezialfall auszuschließen, wurde der o.a. Hinweis in die Bedienungsanleitung aufgenommen, der Mindestbstand Körper/Antenne wird dadurch unabhängig davon festgelegt, wie herum das Handy getragen wird. Bei Gebrauch am Ohr ist der Extra-Sichergheitsabstand natürlich nicht nötig, schadet aber auch nicht.
Der Hinweis in den Manuals ist also nur eine Reaktion auf das veränderte Telefonierverhalten, das mit Headsets möglich geworden ist. Die beängstigenden Alarmmeldungen, die überzeugte Mobilfunkgegner wegen dieses Hinweises auf den Informationsmarkt warfen, sie sind - mit allem Respekt - nichts als Stuss. Und bei der Mikrowelle, da wäre es nicht anders.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –