Ärztekammer Wien ist mit Mobilfunk auf dem Holzweg (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 06.11.2010, 23:54 (vor 4982 Tagen) @ Doris

Ansonsten ist es ein sachlicher Beitrag der m.E. weniger "des-" sondern "informierend" ist.

Gute Idee, sich das "Corpus Delicti" mal genauer anzusehen.

Ich hab' das im Gegenzug mal mit der Presse-Information der Wiener Ärztekammer gemacht und bin irritiert.

Erik Huber: "Demgegenüber stünden aber zunehmend Langzeitdaten von Handynutzern (mehr als zehn Jahre), die von einer Verdoppelung des Risikos, an einem Hirntumor zu erkranken, ausgehen."

Zunehmend? Was könnte er damit gemeint haben, vielleicht abnehmend? Jedenfalls ist die erste und bisher einzige Großstudie zum Thema (Interphone) ausdrücklich nicht zu dem Ergebnis gekommen, wie es Herr Huber beschreibt. Und mit Verlaub: Bei mir hat das Wort direkt an einer Studie beteiligter Wissenschaftler mehr Gewicht als das Wort externer Kommentatoren, um deren Kompetenz es nicht zum besten steht.

Erik Huber: Jede Studie, die sich mit den gesundheitlichen Auswirkungen von Handystrahlen befasse und dabei weniger als zehn Jahre Handybelastung untersuche, sei von Grund auf unseriös. Denn gerade Krebserkrankungen hätten oft eine lange Latenzzeit, was bedeutet: "Es vergehen zumindest zehn bis 15 Jahre, bevor Krebserkrankungen ausbrechen, manchmal sogar bis zu 30 Jahre und mehr".

Hmmm, weniger als zehn Jahre Beobachtungsdauer sind also "von Grund auf unseriös". Dann sind aber auch die Naila- und Hennen-Studie von Dr. Eger, der schon nach 5 Jahren EMF-Einwirkung im Umkreis von Sendemasten Krebs entdeckt haben will, von Grund auf unseriös. Zumal die EMF-Einwirkung von Sendemasten um ein Vielfaches schwächer sind als die von Handys.

Auch nett und gar nicht informativ, sondern desinformativ, ist die Wortwahl in der Presse-Information: Dort wird erst dreimal von "Mobilfunkstrahlung" geredet, also der Nebelbegriff, bei dem keiner sagen kann ob Handy oder Sendemast gemeint ist, und dann erst wird auf den Begriff "Handystrahlung" umgeschaltet. Am Schluss dann noch einmal der Nebel: "Daher sei es umso unverständlicher, dass im Gegenzug an Schulen behauptet werden dürfe, dass Mobilfunk keine schädigende Wirkung habe." Auch dieser Begriffswirrwarr an elementar wichtiger Stelle disqualifiziert die Meldung meiner Meinung nach zu einer Stellungnahme, die mehr schadet als nutzt. Ob Absicht der Ärztekammer dahinter steckt weiß ich nicht, die Alternative "unbeabsichtigte Desinformation" macht dieses Trauerspiel nicht fröhlicher.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Nebelkerze, Desinformation, Wien, Handynutzer, Aerztekammer, Huber


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