40 Erkrankte um T-Mobile-Mast in Walsdorf (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 24.11.2004, 23:23 (vor 7165 Tagen)

Walsdorfer Bürger ziehen an einem Strang - Die gleichen Krankheitsbilder

WALSDORF. "Wir sind weit davon entfernt, pure Horror-Szenarien an die Wand zu malen. Wir sind auch keine Mobilfunkgegner, aber diese Antenne muss raus aus dem Wohngebiet." Günter Sapper, Ursula Schwarz und weitere 120 Walsdorfer Bürger kämpfen gegen eine 1999 installierte Mobilfunkantenne der Deutschen Telekom.

"Möglicherweise ein Kampf gegen Windmühlen", so Sapper, angesichts von etwa 65 Millionen Handynutzern, die es in Deutschland gibt. Den Kampf aufnehmen will die Bürgerinitiative gleichwohl. Dies scheint angesichts von zwischenzeitlich 40 erkrankten Bürgern im Umfeld der Antenne auch notwendig.

"Wir haben es mit einer schleichenden Entwicklung zu tun", so Ursula Schwarz.

Zur Chronologie der Ereignisse: 1999 wurde die Funkantenne, völlig legal und genehmigungsfrei, auf dem Dach eines privaten Anwesens installiert. Niemand dachte an, oder vermutete mögliche gesundheitliche Folgen der elektromagnetischen Strahlung. Denn es gibt verbindliche Grenzwerte. Diese wurden, und werden auch heute eingehalten, sogar unterschritten. Allerdings betrachten die gesetzlichen Grenzwerte ausschließlich thermische Auswirkungen. Athermische, biologische Risiken werden nicht berücksichtigt.

2001 brauchte Günter Sapper auf Grund von Herzbeschwerden erstmals die Hilfe eines Notarztes. Es folgte ein Kuraufenthalt. Allerdings war auch hier, in der ersten Nacht, das Eingreifen eines Notarztes notwendig. Entzugserscheinungen, wie Sapper heute weiß. Auf die Mobilfunkantenne als mögliche Quelle der Beschwerden kam zunächst niemand. Die Herzrhytmusstörungen blieben latent, dazu kamen Bluthochdruck, Brechreiz, Tinnitus und Rückenschmerzen außerdem konstante, massive Schlafstörungen, wie bei fast ausnahmslos allen Betroffenen, immer zwischen ein und drei Uhr nachts.

Im Juli 2004 fragte der behandelnde Arzt nach Schilderung des Krankheitsbildes von sich aus: "Wohnen Sie in der Nähe einer Mobilfunkantenne?" Der Verdacht erhärtete sich, nachdem ein zweiter Arzt den Krankheitsverlauf als "typische Folge" der Einwirkung von Mobilfunkstrahlen attestierte. Sappers Tochter ist inzwischen an Hautkrebs erkrankt.

Die Aussagen weiterer Betroffener klingen fast identisch: starke Schlafstörungen, Herzrythmusstörungen, Immunschwäche. Symptome, die schon nach wenigen Tagen Urlaub, weit weg von zu Hause, verschwinden. Krankheitsbilder, die es vor 1999 so nicht gab.

Im September kam es dann zu einer spontanen Aktion. Sapper und Schwarz sammelten ad hoc 120 Unterschriften. Genauso spontan berichteten 40 Anwohner aus dem Umkreis der Antenne schriftlich über gesundheitliche Beeinträchtigungen, die sich nach der Installation des Senders eingestellt haben. Es folgten Gespräche mit der Gemeinde, mit Landrat Dr. Günther Denzler und natürlich mit dem Betreiber.

Dr. Denzler sah in der aktuellen Situation vorrangig ein juristisches Problem und ließ prüfen, ob sich der Standort in einem reinen Wohngebiet befindet. Dies ist nicht der Fall, es handelt sich um einen "unbeplanten Innenbereich", d.h. das Landratsamt hat keine Möglichkeit der Einflussnahme. Der Betreiber, T-Mobile, sei zu keinerlei Zugeständnissen bereit und poche auf den Vertrag, so Ursula Schwarz.

Dieser läuft bis 2009, wurde allerdings von dem privaten Vermieter bereits gekündigt, da "gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht mehr ausgeschlossen werden können". Der Vermieter bat außerdem um eine zeitnahe Versetzung der Antenne. Bemerkenswerterweise sei Adressat der Kündigung nicht die Telekom, sondern die Deutsche Funkturm GmbH in Nürnberg, so Schwarz weiter. Offensichtlich habe die "Mutter" eine Reihe von Tochtergesellschaften ins Leben gerufen, vermutlich um möglichen Haftungsansprüchen aus dem Weg zu gehen, die im übrigen völlig unklar seien. "Eine Antenne kann man einfach so installieren, zum Schutz vor der Strahlung muss man einen Bauantrag stellen." Übrigens würde sich fast unbemerkt ein Riesen-Markt für Schutzvorrichtungen, Strahlenschutzwände, -gitter und ähnliches entwickeln. Auch Günter Sapper wird ein Strahlenschutzgitter an sein Haus kleben. Dieter Grams

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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Opfer, Sendemast, Windmühlen, Schlafstörung, Telekom, Bluthochdruck, Zaun, Attest

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