hyperaktive Kinder (Allgemein)
Natürlich Mobilfunk wieder mit keinem Wort erwähnt. RH
DIE WELT
Artikel erschienen am Dienstag, 30. März 2004
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Wissenschaft Medizin & Gesundheit
Therapie des deutschen Zappelphilipps nach US-Vorbild?
Der Medikamentenkonsum hat stark zugenommen
von Birgitta vom Lehn
Mannheim - Sie sind leicht erregbar, unkonzentriert und können einfach nicht still sitzen - hyperaktive Kinder treiben Eltern und Lehrer schier in den Wahnsinn. Fünf bis zwölf Prozent aller Kinder, in Deutschland also mindestens 500 000, zählen nach Schätzungen von Medizinern und Psychologen zu den "Hypies".
Es gibt jedoch Kinderärzte, die den Begriff "hyperaktiv" heute generell für zu häufig und leichtfertig verwendet sehen. Ist das Kind aber erst einmal in der Arztpraxis, erhält es oft auch rasch die von vielen Eltern und Lehrern gewünschte medikamentöse Behandlung: Ritalin mit dem Wirkstoff Methylphenidat. Denn Ritalin schafft bei den überdrehten Kids oftmals das, was die Schule verlangt: gebremste Impulsivität und größere Aufmerksamkeit.
In den USA bekommen Kinder reihenweise allmorgendlich ihr Ritalin-Dragee. In Deutschland fällt Ritalin, das vom Pharmahersteller Novartis produziert wird und zur Gruppe der aufputschenden Amphetamine zählt, unter das Betäubungsmittelgesetz. Der Verbrauch von Ritalin ist im vergangenen Jahrzehnt weltweit um 700 Prozent gestiegen, 90 Prozent des Konsums fallen auf die USA. Dass in Deutschland in Bezug auf den Ritalin-Konsum noch keine US-Verhältnisse herrschen, darf man positiv sehen, zumal es andere, verhaltenstherapeutische ADHS-Behandlungsansätze gibt, die frei von Nebenwirkungsrisiken sind.
Nicht allen freilich dürfte die deutsche Ritalin-Bescheidenheit behagen. Dieser Tage nun erhielten Deutschlands Kinder- und Jugendpsychiater Post. Darin lädt "das Interdisziplinäre Netzwerk ADHS-Qualitätssicherung (INAQ) als neue, unabhängige Fortbildungsinitiative in Deutschland" zu einem Workshop ein, unterzeichnet von fünf ranghohen Medizinern. Bei genauem Hinsehen - klein gedruckt - gibt sich als Absender des Schreibens die "Thomson Physicians World GmbH" in Mannheim zu erkennen, eine Tochter der amerikanischen Physician World, die nach eigenen Angaben "seit 1999 der pharmazeutischen Industrie und interessierten Gruppen aus dem Gesundheitsbereich als Partner zur Seite steht". Ein Blick auf die Homepage, Link "Kompetenz", zeigt, wofür Thomson sich stark macht: "Ausbau bereits vorhandener Marktanteile, Kompensation verspäteter Markteinführung, Marktausweitung in neue profitable Nischen, Markteinführung von neuen Therapeutika". Dass zu Thomsons Kunden der Ritalin-Hersteller Novartis gehört, der in Deutschland einen viel versprechenden Zappelphilipp-Pillenmarkt wittert, den es zu erobern gilt, überrascht nicht. Da stellt sich die Frage, ob dieser Workshop "unabhängig" ist. Die drei Fachverbände für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie haben indes schon vor Jahren in einer Stellungnahme vor einer "leichtfertigen Verordnungspraxis" und einer "bloßen Beschränkung auf die Pharmakotherapie" gewarnt.
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hyperaktive Kinder - Forum Gigaherz
Zur Problematik, dass hyperaktiven Kindern einfach nur Ritalin verordent werde, gab es im vergangenen September im Forum von http://www.gigaherz.ch schon eine interessante Diskussion (dort auch im Zusammenhang mit dem stillgelegten Sender Schwarzenburg - vgl. Valley/Holzkirchen)
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