REFLEX: Die blockierte erste Replikation (2004) (Allgemein)

Alexander Lerchl @, Freitag, 10.10.2014, 19:29 (vor 3731 Tagen)
bearbeitet von Alexander Lerchl, Freitag, 10.10.2014, 20:01

Im September 2008 verfasste die wissenschaftliche Beraterin Sheila Johnston einen vertraulichen 12-seitigen Bericht über die im Rahmen des REFLEX-Projekts veröffentlichten Befunde des Projektpartners Prof. Rüdiger (Wien). Dieser Bericht ist ein bislang unbekanntes Zeugnis dafür, was bereits weit vor 2006, als die ersten kritischen Kommentare zu REFLEX veröffentlicht wurden, in Wien geschah. Johnston berichtet nicht vom Hörensagen, sie war Augen- und Ohrenzeugin direkt vor Ort. Hier ein Auszug aus ihrem Bericht (inklusive der Zwischenüberschriften) in sinngemäßer Übersetzung.

Vorwort zum Kapitel „Verhinderte Replikationsversuche vom März 2004"

Im Jahr 2003 (EBEA Kongress in Budapest), so Johnston, berichtete Rüdiger ihr, dass ein Manuskript (später als Diem et al., 2005 veröffentlicht) nicht zur Publikation angenommen worden sei. Er erbat ihren Rat, wie es verbessert und publiziert werden könne. Johnston empfahl Dr. Vijayalaxmi (University of Texas Health Science Center), sie habe die nötige Expertise, um ihnen zu helfen, die Probleme zu beurteilen. Adlkofer (der REFLEX-Koordinator), Rüdiger, Vijayalaxmi und Johnston vereinbarten in Budapest einen Besuch von Johnston und Vijayalaxmi in den Wiener und Berliner Laboren für das Frühjahr 2004.

Im darauf folgenden Schriftwechsel wurde ein Plan entwickelt, gemeinsam die RF-Experimente an Fibroblasten (Labor Rüdiger) bzw. HL60-Zellen (Tauber) an Ort und Stelle, d.h. in Wien bzw. Berlin, zu wiederholen. Vijayalaxmi würde als externe unabhängige Forscherin teilnehmen, Johnston als Moderatorin. Es war geplant, eine Woche in Wien und eine Woche in Berlin zu verbringen.

Vijayalaxmi und Johnston buchten die Flüge. Johnston schickte ihre Abrechnung kurz vor dem Flug Adlkofers Sekretärin. Daraufhin erklärte Adlkofer ihr, zum ersten Mal, dass sie für die Replikationsversuche nicht benötigt würde und dass VERUM daher die Reisekosten nicht übernehmen würde. Die Reiskosten für Vijayalaxmi hingegen würden übernommen. Dies war für die beiden Wissenschaftlerinnen ein „Schock“, da sie die gesamte Angelegenheit als gemeinsames Projekt geplant hatten und Vijayalaxmi darüber hinaus viele der beteiligten Personen nicht kannte. Vijayalaxmi insistierte, dass Johnston mitkäme. Beide seien zunächst mit einer positiven und selbstlosen Haltung an die Replikationen herangegangen, in der Annahme, dass Rüdigers Forschung wahrscheinlich von hoher Qualität sei, da er oft über Fibroblasten publiziert hatte (auch in Nature). Johnston informierte Adlkofer, dass Vijayalaxmi wünschte, dass sie mitkäme. Adlkofer erklärte sich damit einverstanden, dass sie auf ihre eigenen Kosten kommen könne.

Replikation in Wien, 8.–13. März 2004

Basierend auf intensiven Diskussion in dieser Woche in Wien, und speziell am 10. März nachmittags, wurde klar, dass Rüdiger und Adlkofer darüber nachdachten, die wissenschaftliche Doppelbind-Ethik zu riskieren, indem sie darauf bestanden, dass die Proben nur im Wiener Labor und nur mit wenigen ausgewählten exponierten und Kontroll-Objektträgern ausgewertet werden sollten. Vijayalaxmi und Johnston warnten, dies wäre unethisch. Nach einer intensiven Diskussion kamen sie überein, wieder zu dem vereinbarten Protokoll zurückzukehren, d.h. doppelte Verblindung der Proben durch Vijayalaxmi und die Forscher in Wien und Berlin, Auswertung durch unabhängige Bewerter in 2 oder 3 Laboren.

Nach Diskussionen mit Elisabeth K. (ehemals Diem) erachteten Johnston und Vijayalaxmi das Auswertungssystem K. als möglicherweise wissenschaftlich fragwürdig (gemeint waren die visuellen Kategorisierungen in Klassen A-E), da diese Methode Effekte überbewerte. Genauso (fragwürdig) verhielte es sich mit der Auswertung der Mikronuklei. Johnston und Vijayalaxmi argwöhnten, dass die Arbeiten von K. und auch einer weiteren Kollegin aus dem Wiener Labor, Ivancsits, weder glaubhaft noch publizierbar seien (Verweis auf den Leserbrief von Vijayalaxmi et al., 2006). Jedenfalls gingen beide weiter davon aus, die beste Methode, um die wissenschaftliche Aussagekraft der Arbeit der Wiener Gruppe zu prüfen, bestehe darin, die unabhängige Auswertung der Objektträger (mit den gemeinschaftlich exponierten Proben) wie vorgesehen verblindet durchzuführen zu lassen.

Doch es kam anders.

Am 28. April 2004 (also nachdem Vijayalaxmi und Johnston ihre Besuche in Wien und Berlin beendet hatten), informierte Rüdiger Vijayalaxmi per Mail, er und Adlkofer lehnten es ab, sich an die vereinbarte Abmachung zu halten, und den Replikationsversuch gemeinsam mit ihr zu Ende zu bringen. Diese Mail ging in Kopie auch an alle am Projekt Beteiligten. Als Grund nannte Rüdiger Vijayalaxmis Verhalten während des Besuchs im Wiener Labor.

Johnston führte hierzu aus, diese Begründung – nicht wegen wissenschaftlicher, sondern wegen persönlicher Differenzen – habe sie überrascht, da sie und Vijayalaxmi sich in Wien freundschaftlich von Rüdiger verabschiedet hätten. Dieser habe ihnen sogar je eine Flasche Wein als Abschiedsgeschenk mitgegeben.

Kommentar: diese Geschichte fügt dem großen Strauß der Skandale, die sich um REFLEX ranken, noch eine weitere hässliche Blüte hinzu. Vijayalaxmi hat die Korrektheit der im Bericht beschriebenen Vorkommnisse übrigens kürzlich bestätigt.

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"Ein Esoteriker kann in fünf Minuten mehr Unsinn behaupten, als ein Wissenschaftler in seinem ganzen Leben widerlegen kann." Vince Ebert

Tags:
Vijayalaxmi, Wertvorstellung, Reflex, Wien, Adlkofer, Rüdiger, Laborantin, Fibroblasten, HL60-Zellen, Berlin, Budapest, Lerchl, Johnston, Uebersetzung, EBEA, Sittenbild


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