Mobilfunk der Zukunft soll von Anfang an grenzwertkonform sein (Allgemein)
Glaubt man der GSMA, beginnt mit der nächsten Mobilfunkgeneration eine neue Phase der technischen Verantwortung. Auf dem jüngsten EMF-Forum des Mobilfunkverbandes in Brüssel stellte die Industrie klar: 6G und seine Vorläufer werden so entwickelt, dass sie von Anfang an die geltenden Grenzwerte für elektromagnetische Felder einhalten.
Das klingt selbstverständlich – ist es aber nicht. Denn bisher wurde die EMF-Konformität in aller Regel erst am Ende des Entwicklungszyklus geprüft, als technisches Nebenprodukt eines bereits fertigen Standards. Jetzt soll der Spieß umgedreht werden: Die Berücksichtigung biologischer Grenzwerte wird zur Designvorgabe.
GSMA stützt ihre Zuversicht auf die wissenschaftliche Lage. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sieht derzeit keine nachgewiesenen Gesundheitsschäden unterhalb der international anerkannten Grenzwerte. Und neuere Studien, darunter solche aus dem EU-Projekt Goliath, bestätigen: In modernen, dichter ausgebauten Netzen nimmt die Belastung des Einzelnen eher ab – je mehr Basisstationen, desto schwächer muss das eigene Handy senden.
Doch es geht nicht nur um Physik, sondern auch um Psychologie. Laut GSMA variiert das Vertrauen in den Mobilfunk stark: In Polen beispielsweise sind Sorgen vor Sendemasten deutlich verbreiteter als in Deutschland oder Japan. Für die Branche bedeutet das, dass technische Sicherheit allein nicht reicht – auch das Vertrauen der Bevölkerung in die Technik will gepflegt werden.
Am Ende appelliert der Verband an die Politik, insbesondere an die EU-Kommission, die regulatorischen Rahmenbedingungen rechtzeitig anzupassen. Die Entwicklung von 6G (IMT-2030) brauche klare, zukunftsfähige Grenzwertdefinitionen und einheitliche Standards, damit EMF-Konformität nicht zum Wettbewerbsnachteil werde.
Was auf den ersten Blick wie ein Industriestatement klingt, lässt sich auch als Signal lesen: Die Zeit der reaktiven Kommunikation scheint vorbei. Die Mobilfunkbranche versucht, proaktiv Vertrauen zu schaffen – indem sie EMF-Sicherheit nicht mehr als lästige Auflage, sondern als Qualitätsmerkmal ins Schaufenster stellt.
Für Beobachter wie das IZgMF bleibt spannend, wie das Versprechen in der Praxis einlöst wird. Denn GSMA liefert keine konkreten technischen Mechanismen, wie die EMF-Konformität im Entwicklungsprozess überprüft werden soll. Auch die Frage, ob nationale Aufsichtsbehörden tatsächlich Einfluss auf künftige 6G-Parameter nehmen können, bleibt offen.
Immerhin: Die Branche scheint begriffen zu haben, dass Akzeptanz kein Zufallsprodukt ist. Wenn sich also eines aus der Lektüre mitnehmen lässt, dann dies: Der Mobilfunk der Zukunft will nicht mehr nur schnell sein – sondern erklärbar, messbar und vertrauenswürdig.
Hintergrund
Teilnehmer des EMF-Forums
Die wichtigsten Ergebnisse des Treffens
Präsentationen der Referenten
Videoaufzeichnung der 5-stündigen Veranstaltung