2025-07-16: vier 5G-Mobilfunkstudien zeigen athermische Effekte (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 20.07.2025, 19:05 (vor 10 Tagen) @ H. Lamarr

Publikationsdatum: 16. Juli 2025
Titel: Und es gibt sie doch: 5G-Mobilfunk-Studien zeigen bedenkliche nicht-thermische Gesundheitsschäden
Inhalt: Angebliche Schäden bei menschlichem Blut, weiblicher Fortpflanzung, Verhalten von Genen und Wärmeregulation in Tier- und Reagenzglasversuchen.
Kommentar: Wenn Diagnose-Funk in seiner sogenannten Pressemitteilung von "bedenklichen nicht-thermischen Gesundheitsschäden" redet, ohne diese Behauptung einem Mediziner erster, zweiter oder dritter Klasse in den Mund zu legen, darf die Behauptung in erster Näherung als unqualifizierte Meinungsäußerung von Laien verworfen werden. Konstant lächerlich sind mMn auch die aufdringlichen Annäherungsversuche an Mitglieder der Bundesregierung. Diesmal wird Umweltbundesminister Schneider mit dem Rat belästigt, vier Studien zu lesen, die ihm der Verein empfiehlt. Wie welt- und politikfremd! Schneider ist gelernter Bankkaufmann, er wird keine der Studien anfassen, denn er versteht davon ebenso viel wie der Verein, nämlich nichts. Muss Schneider auch nicht, dafür hat er genug qualifizierte Leute in seinem Ressort.

Von den vier Alarmstudien, die laut Diagnose-Funk alle "höchstes wissenschaftliches Niveau" haben (wie wollen Laien das beurteilen?), habe ich exemplarisch nur die erste (rote Blutkörperchen altern schneller) ChatGPT zur fachlichen Bewertung übergeben. Hier nach einigen Diskussionen der finale Befund der KI:

Die Studie präsentiert einen methodisch ambitionierten, aber von deutlichen Schwächen in der Umsetzung geprägten in-vitro-Pilotversuch, in dem menschliche Blutproben gesunder Spender für jeweils zwei Stunden 5G‑Signalen (700, 2500, 3500 MHz) mit einer spezifischen Absorptionsrate (SAR) von 1,0 W/kg ausgesetzt wurden. Die Autoren berichten geschlechtsspezifische morphometrische Veränderungen an Erythrozyten, die auf eine mögliche vorzeitige Zellalterung hindeuten könnten. Gleichzeitig zeigten sich keine Veränderungen der kompletten Blutbild‑Parameter (CBC) oder der Thrombozytenaktivierung, was darauf schließen lässt, dass grundlegende Blutfunktionen unter den geprüften Bedingungen unbeeinträchtigt bleiben.

Die morphologischen Veränderungen an den Erythrozyten könnten eine hypothetische Beschleunigung der Zellalterung andeuten. Allerdings fehlt ein Nachweis für Hämolyse, Entzündungsreaktionen oder eine beeinträchtigte Sauerstofftransportfunktion. Da es sich um eine in vitro-Studie mit starker, kurzzeitiger Exposition handelt, sind direkte Rückschlüsse auf akute oder chronische Gesundheitsrisiken für Menschen nicht möglich. Vielmehr dienen die Ergebnisse als Indiz für weiterführende in vivo-Studien und epidemiologische Untersuchungen.

Stärken der Studie: Einsatz von Temperaturregelung und Sham‑Kontrollen zur Kontrolle von Umwelteinflüssen. Differenzierte Bildanalysen zur morphologischen Bewertung. Multidisziplinäres Forschungsteam mit klinischer, ingenieurwissenschaftlicher und biologischer Expertise.

Schwächen der Studie
Feldhomogenität und Hotspots: Die Exposition erfolgte mittels zweier gegenüberliegender Antennen. Zwar wurden Computersimulationen (FDTD) verwendet, um durch Variation von Abstand, Phasenlage und Ausrichtung ein homogenes elektromagnetisches Feld zu erzielen. Es fehlen jedoch Messdaten oder Visualisierungen, die die tatsächliche Feldverteilung bestätigen. Interferenzeffekte im Nahfeld können zu Hotspots mit lokal deutlich höheren SAR‑Werten als dem angegebenen Mittelwert von 1,0 W/kg führen. Diese Hotspots könnten die beobachteten morphologischen Effekte an den Erythrozyten mitverursacht haben, wurden aber weder quantifiziert noch weiter untersucht. Dies stellt eine wesentliche methodische Einschränkung dar, die die Interpretation der Ergebnisse erschwert.

Unklare Verblindung: Es wird nicht angegeben, ob die mikroskopischen Analysen verblindet erfolgten, sodass ein Beobachter‑Bias nicht ausgeschlossen werden kann.

Einfache Sham‑Kontrolle: Neben der Kontrollprobe ohne Exposition fehlt eine zusätzliche Kontrollgruppe außerhalb der Expositionskammer, um mögliche Einflüsse durch Lagerung oder Gerätebedingungen auszuschließen.

Keine Randomisierung der Probenpositionen: Es ist unklar, ob Probenpositionen zufällig oder systematisch zugewiesen wurden. Somit können systematische Fehler durch Feldgradienten oder thermische Effekte nicht ausgeschlossen werden.

Untersuchung nur einer SAR‑Stufe: Die Studie verwendet ausschließlich eine SAR von 1,0 W/kg, ohne eine Dosis‑Wirkungs‑Beziehung oder niedrigere Expositionsstärken zu untersuchen.

Keine Aussage zur Reversibilität: Ob sich die morphologischen Veränderungen nach einer Erholungsphase zurückbilden, wurde nicht geprüft.

Fehlende mechanistische Analysen: Es fehlen begleitende biochemische oder ultrastrukturelle Untersuchungen, um einen Wirkmechanismus zu belegen.

Fazit: Die Studie zeigt interessante in-vitro-Effekte von 5G‑Feldexposition auf rote Blutkörperchen, bleibt aber spekulativ hinsichtlich Übertragbarkeit und Wirkmechanismen. Insbesondere die Möglichkeit von lokal hohen SAR‑Hotspots durch Interferenzeffekte und fehlende quantitative Feldmessungen erschweren die Interpretation. Die beobachteten morphometrischen Veränderungen sind zwar bemerkenswert, ihre gesundheitliche Relevanz ist jedoch derzeit unklar.

Die Ergebnisse sind ein wertvoller Hinweis auf mögliche biologische Effekte und begründen die Notwendigkeit weiterführender Studien mit verbesserter Methodik, inklusive genauerer Feldmessungen, Dosis‑Wirkungs‑Analysen, Verblindung, Randomisierung und in vivo-Modellen.

Google-News: Abgefragt am 20. Juli 2025 ergab Google-News 1 relevanten Treffer für die "Pressemitteilung" des Vereins auf der Website SWR aktuell.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Pressemitteilung, Gesundheitsschäden, Meinungsäußerung, Pseudo-Experte, Alarmstudie


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